Rz. 169

Unabhängig von dem Faktum, dass der Jahresabschluss nur Parteivortrag darstellt, zeigen die Schlussbilanzwerte von den Eröffnungsbilanzwerten ausgehend das Ergebnis der Verbuchungen über ein Geschäftsjahr, korrigiert um die Jahresabschlussverbuchungen.

 

Rz. 170

 

Hinweis

Eine vorgelegte Gewinnermittlung besagt nicht, dass die darin zusammengefassten Geschäftsvorfälle, die im laufenden Geschäftsjahr angefallen sind, ordnungsgemäß erfasst und verbucht worden sind. Eine lückenlose Überprüfung des "Parteivortrags" Buchführung ist also letztlich nur dann möglich, wenn die Geschäftsvorfälle progressiv und retrograd nachvollzogen werden können. Der Geschäftsvorfall muss sich also vom Beleg bis zum Jahresabschluss und umgekehrt nachvollziehen lassen. Das Jahresergebnis basiert also auf den über das gesamte Geschäftsjahr vorgenommenen Verbuchungen.

 

Rz. 171

Der Familienrechtler muss daher wenigstens Elementarkenntnisse der Buchführung haben, da die Prüfung des Rechnungswesens nur die umgekehrte Seite der Aufstellung ist. Diese Elementarkenntnisse der Buchführung werden im Folgenden dargestellt.

Das oben schon dargestellte Buchführungssystem der doppelten Buchführung wurde bereits im Jahre 1494 von dem Zisterziensermönch und Mathematikprofessor Luca Pacioli[103] entwickelt und wird heute noch, auch von modernen EDV-Systemen, angewendet.

Der englische Begriff zur Doppik, nämlich "double entry", charakterisiert die doppelte Buchführung markant. Es werden zwei Konten angesprochen, um einen Geschäftsvorfall in den Büchern zu erfassen.

Doppik ist ein reines Erfassungs- und Dokumentationssystem, das ohne jegliche Bewertung der Geschäftsvorfälle auskommt. Es basiert auf nur sieben Regeln, wobei eine rein formaler Natur ist, drei sich auf Bestandskonten (siehe ausführlich bei Aktiva und Passiva zum Betriebsvermögensvergleich) und drei sich auf Erfolgskonten beziehen. Voraussetzung für das Verständnis der folgenden Regeln ist das Wissen, was Bestandskonten und Erfolgskonten (siehe oben) sind.

Danach wird jeder Buchungssatz erstellt, bzw. kann damit überprüft werden.

Da die doppelte Buchführung zwei Eintragungen haben muss, spricht man von Soll und Haben. Als Konvention bezeichnet Soll die linke Seite und Haben die rechte Seite eines Kontos. Dabei bedeutet Soll nicht immer das, was da sein soll, und Haben nicht nur das, was man hat.

Dieses ermöglicht Buchungen ohne Plus- und Minuszeichen.

 

Rz. 172

Darstellungshinweis:

"links" steht für die Sollbuchung; "rechts" steht für die Habenbuchung

Buchungssatz gesprochen: Soll Konto an Haben Konto in Euro

 
1 aktive Bestandskonten  
Anfangsbestand steht links Endbestand steht rechts
Zugang steht links Abgang steht rechts
2 passive Bestandskonten  
Abgang steht links Anfangsbestand steht rechts
Endbestand steht links Zugang steht rechts
3 Buchungssätze (formale Regel)  
erst Soll-Konto, dann Haben-Konto nennen
4 Aufwand  
Aufwand wird links gebucht  
5 Ertrag  
  Ertrag wird rechts gebucht
6 G&V  
Aufwand wird links gebucht Ertrag wird rechts gebucht
(Zusammenfassung der Regeln 4 und 5)  
7 Eigenkapital  
Endbestand steht links Anfangsbestand steht rechts
Abgang steht links Zugang steht rechts
(wie Regel 2, weil passives Bestandskonto)  
 

Beispiele

Geschäftsvorfall 1:

Eine Maschine im Wert von 119.000 EUR wird auf Ziel gekauft, also finanziert.

Es werden die Regeln 1 und 2 tangiert.

Der Zugang ist links bei den m aktiven Bestandskonten im Soll zu buchen, während der Zugang beim passiven Bestandskonto, bei den Verbindlichkeiten rechts zu buchen ist.

Der Buchungssatz lautet dann:

“Anlagevermögen 100.000 EUR

und

Vorsteuerforderung 19.000 EUR

an Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 119.000 EUR“

Geschäftsvorfall 2:

Ein Unternehmen hat eine Warenlieferung in Höhe von 10.000 EUR netto, Rechnungsbetrag 11.900 EUR, vorgenommen.

Die G&V-Konten haben keine Vorträge aus den Vorjahren, sondern zeigen ausschließlich die Geschäftsvorfälle der laufenden Periode.

Hier sind die Regeln 1 und 5 und auch die Regel 2 angesprochen, so dass der zusammengesetzte Buchungssatz lautet:

"Forderungen (Umlaufvermögen/Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, 10.000 EUR, und 1.900 EUR Vorsteuerforderung) 11.900 EUR an Erträge 10.000 EUR und an Umsatzsteuerverbindlichkeiten 1.900 EUR"[104]

[103] Pacioli, Summa de arithmetica, geometria, proportioni et proportionalita, 1494.
[104] Wer noch üben möchte, sei auf die Beispiele Dose/Spieker, § 1 Rn 133 ff. und folgendes Beispiel zur Bilanzentwicklung verwiesen!

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