Rz. 996

§ 39 EStG und elektronische Lohnsteuerkarte, § 39e EStG

Die Lohnsteuerkarte erfasst die persönlichen Merkmale des Steuerpflichtigen. Die letzte in Papierform wird ab 2013 durch das elektronische System "ElsterLohn II" abgelöst. Lohnsteuerliche Merkmale der Arbeitnehmer werden nur noch in diesem System gespeichert, wobei der Arbeitgeber mithilfe der ihm von seinem Arbeitnehmer mitgeteilten Daten, nämlich der Steuer-Identifikationsnummer (2008 war die lebenslang gültige Identifikationsnummer grundsätzlich flächendeckend eingeführt worden) und dem Geburtsdatum, die für den Lohnsteuerabzug benötigten Daten bei der Finanzverwaltung abruft, § 39e EStG. Die Speicherung der relevanten Daten erfolgt zentral in der sog. ELStAM-Datenbank ELStAM (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale) beim Bundeszentralamt für Steuern.

 

Rz. 997

Ab 2010 ist das sog. "Faktorverfahren" gem. § 39f EStG als Alternative für Ehegatten geschaffen worden, die eine Steuerklassenkombination III/IV oder IV/IV haben. So kann auf der Lohnsteuerkarte jeweils die Steuerklasse IV in Verbindung mit einem Faktor, nämlich IV-Faktor/IV-Faktor, eingetragen werden.

Der Faktor entspricht der voraussichtlichen Einkommensteuer beider Ehegatten nach der Splittingtabelle geteilt durch die Summe der Jahres-Lohnsteuer beider Ehegatten in der Steuerklasse IV.[800]

 

Rz. 998

▪ Wirkungen

Dafür haben die Ehegatten am Beginn eines jeden Jahres ihre voraussichtlichen Jahresarbeitslöhne dem Finanzamt zu übermitteln. Auf dieser Grundlage wird die voraussichtliche Höhe der gemeinsamen Einkommensteuer nach Splittingtarif und auch die voraussichtliche Höhe des Lohnsteuerabzugs in der Steuerklasse IV festgestellt. Die beiden Werte werden ins Verhältnis gesetzt, wobei das Ergebnis ("Faktor"), die Finanzbehörde auf den Lohnsteuerkarten der Ehegatten jeweils neben der Angabe "Steuerklasse IV" einträgt.

So ergibt sich der Faktor durch die Division der voraussichtlichen Einkommensteuer nach Splittingtarif durch die Summe der Lohnsteuer für beide Ehegatten nach der Steuerklasse IV.

Dem jeweiligen Ehegatten verbleiben hierbei mindestens die ihm persönlich zustehenden Abzugsbeträge, wie der Grundfreibetrag, die Vorsorgepauschale, der Sonderausgaben-Pauschalbetrag und der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG.

Der Vorteil des Splitting-Tarifs erscheint monatlich und wird auf beide Ehegatten verteilt. Dadurch steigert sich der Nettolohn und somit die Liquidität.

Voraussetzung ist ein gemeinsamer freiwilliger Antrag ohne amtlichen Vordruck der Ehegatten bis spätestens zum 30.11. eines Kalenderjahres bei der Finanzbehörde unter Vorlage der Lohnsteuerkarten und unter Angabe der voraussichtlichen Arbeitslöhne des Kalenderjahres beider Ehegatten. Die Ehegatten sind verpflichtet, für den VZ eine Steuererklärung abzugeben. Die Finanzbehörde stellt die genaue Einkommensteuer fest.

Das Faktorverfahren berührt nicht nur die steuerrechtliche Situation der Ehegatten. Es steigert sich z.B. die Grundlage für das Arbeitslosengeld und für weitere Leistungen der Agentur für Arbeit, wie das Unterhalts-, Überbrückungs-, Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld. Im Falle der wachsenden Familienplanung ist das Faktorverfahren auch wegen des Elterngeldes von einiger Bedeutung. Das Einkommen des § 2 Abs. 1 BEEG entspricht nicht dem Nettoeinkommen i.S.d. EStG. Gem. § 2 Abs. 7 BEEG wird das Einkommen vielmehr nach Abzug der auf Grundlage der gewählten Steuerklasse monatlich anfallenden Lohnsteuer nebst Sozialabgaben ermittelt. Das Elterngeld wird in Höhe von 67 % des Einkommens geleistet. Daher steigert sich wegen des Wechsels zur Steuerklassenwahl IV/IV mit Hilfe des Faktorverfahrens der Elterngeldanspruch.

 

Rz. 999

▪ Auswirkungen des Faktorverfahrens auf den Unterhalt

Im Hinblick auf die gesteigerte Liquidität entscheiden sich die Ehegatten oft für die Steuerklassenkombination III/V. Nach Ansicht des BGH führt diese Wahl bis zur Trennung zu keiner Korrektur der relativ hohen steuerlichen Belastung bei dem Ehegatten mit der Steuerklasse V, weil die Ehegatten noch gemeinsam gewirtschaftet haben. Mit dem Scheitern der Ehe stellt sich eine Zäsur ein. Naturgemäß will der Ehegatte mit der ungünstigeren Steuerklasse V die damit verbundenen Nachteile nicht mehr akzeptieren, wenn kein Trennungsunterhalt gezahlt wird. Nach dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Steuerpflichtiger nur für die Steuern aufkommen muss, die auf sein Einkommen entfallen, ist diese Einordnung konsequent.

Bei der Wahl des Faktorverfahrens im Trennungsjahr erscheinen die steuerlichen Abzüge bereits jeden Monat in der voraussichtlichen Höhe nach dem Splittingtarif. Eine Korrektur mit fiktiver Berechnung der Steuerlast nach Trennung wird obsolet. So wird auch die Frage des Nachteilausgleichs als Voraussetzung für die Zustimmung zur Zusammenveranlagung gem. § 26b EStG noch im Trennungsjahr nicht mehr streitig sein. Eine Darlegungs- und Beweislast für ein gemeinsames Wirtschaften in den Monaten vor der Trennung entfällt.

Wird ein Ehegatte insolvent, ist eine höhere Li...

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