Rz. 3

Die Neuregelung des Personengesellschaftsrechts zielt auf eine "grundlegende, gleichwohl systemkonforme Überarbeitung des geltenden Rechts", wobei im Mittelpunkt der Reform die GbR als Grundform aller Personengesellschaften steht.[5] Das neue Personengesellschaftsrecht folgt fünf Leitgedanken.[6]

[5] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 100.
[6] Dazu näher Noack, Mit fünf Zielen zu einem modernisierten Personengesellschaftsrecht, MDR 2021, 1425.

I. Konsolidierung des Rechts der GbR

 

Rz. 4

Der historische Gesetzgeber hat die GbR – wie sich dies bereits aus dem Regelungsstandort der §§ 705 ff. BGB (Titel 16: Gesellschaft) im Besonderen Teil des Schuldrechts ergibt – als ein durch die Besonderheiten der Gesamthand modifiziertes vertragliches Schuldverhältnis konzipiert,[7] "dem in unvollständiger Weise das Gesamthandsprinzip, darüber gestülpt‘ wurde".[8] Die Rechtsnatur wurde letztlich jedoch offengelassen.[9]

 

Rz. 5

Die Neuregelung des GbR-Rechts vollzieht die vom BGH[10] im Jahre 2001 anerkannte Rechtsfähigkeit der GbR im Gesetz kohärent nach und beseitigt die Diskrepanzen zum bisher kodifizierten Altrecht im Interesse der Rechtssicherheit[11] – durch eine umfassende Konsolidierung des GbR-Rechts.[12]

Der BGH[13] hat in seiner Entscheidung ARGE Weißes Ross dem aus der Entstehungsgeschichte herleitbaren Meinungsstreit, ob es sich bei der GbR

lediglich um ein vertragliches Schuldverhältnis der Gesellschafter mit einem ihnen gemeinsam zugeordneten Gesamthandsvermögen handelt, oder ob die GbR
als eigenständiges, von den Gesellschaftern zu unterscheidendes Rechtssubjekt mit einem eigenen Gesellschaftsvermögen anzusehen ist,

abschließend entschieden: Die GbR kann im Rechtverkehr grundsätzlich jede Rechtsposition einnehmen und ist, soweit sie in diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, rechtsfähig, ohne damit juristische Person zu sein.

 

Rz. 6

Seither war in Bezug auf die Frage nach der Rechtsfähigkeit der GbR eine Differenzierung[14] danach erfolgt, ob

die Gesellschafter nach den zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen im Rahmen einer "Außengesellschaft" am Rechtsverkehr teilnehmen wollen, oder ob
sie sich im Rahmen einer "Innengesellschaft" auf die Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander beschränken möchten.

Das mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit einhergehende Problem war jedoch, dass sich das Recht der GbR damit in nicht unbedenklicher Weise vom Wortlaut der §§ 705 ff. BGB (alt) entfernt hatte.[15]

 

Rz. 7

Der Gesetzgeber hat dieses Problem aufgegriffen mit dem Ziel, den durch diese Rechtsentwicklung "als gesichert anzusehenden Erkenntnisstand" um die Rechtsnatur der GbR auch im Gesetz ausdrücklich ab-(nach-)zubilden. Zugleich erfolgt eine Konsolidierung des geltenden Rechts innerhalb des bestehenden Systems unter Fortführung der grundlegenden Differenzierung zwischen kaufmännischen und nicht-kaufmännischen Personengesellschaften.[16]

[7] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 101.
[8] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 101 unter Bezugnahme auf Flume, BGB AT, Bd. I/1, S. 3 f.
[9] Während im ersten BGB-Entwurf die GbR nach römisch-rechtlichem Vorbild als ein ausschließlich vertragliches Schuldverhältnis unter den Gesellschaftern ohne eigenes, von dem ihrer Gesellschafter verschiedenen, Gesellschaftsvermögen ausgestaltet (vgl. Mot., in: Mugdan II 330) wurde, konstituierte die zweite Kommission hingegen ein Gesamthandsvermögen, ohne jedoch die daraus folgenden Konsequenzen im Einzelnen zu regeln (vgl. Prot., in: Mugdan II, S. 990): RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 101.
[11] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 101.
[12] Näher Ruppel/Haschke, Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Auswirkungen auf Vertragsgestaltung, ZMGR 2022, 10; Schulteis, Das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem Regierungsentwurf zum Personengesellschaftsmodernisierungsgesetz – MoPeG, GWR 2021, 112.
[14] Dazu näher MüKo-BGB/Schäfer, Vor § 705 Rn 96.
[15] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 101.
[16] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 101.

II. Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

 

Rz. 8

Die auf Gelegenheitsgesellschaften[17] zugeschnittenen GbR-Altregelungen sind seit dem Inkrafttreten des BGB am 1.1.1900 – mit nur kleineren Anpassungen im Rahmen von Rechtsangleichungen an übergreifende, und dabei auch auf die GbR ausstrahlende Änderungen – unverändert geblieben.[18]

 

Rz. 9

Insoweit bedarf das GbR-Recht nach Ansicht des Gesetzgebers einer Anpassung an die Realitäten "Dauergesellschaft" und "Erwerbsgesellschaft", die "zahlreiche gesellschaftsvertragliche Abweichungen vom dispositiven Recht [erfordern]".[19]

 

Rz. 10

Diesem Defizit hat der Gesetzgeber – nicht durch eine Neufassung einzelner Vorschriften, sondern – durch eine grundlegende Überarbeitung der §§ 705 ff. BGB unter Angleichung des GbR-Rechts an das Recht der anderen Personengesellschaften (OHG, KG und Partnerschaftsgesellschaft) und in Anpassung des gesamten (meist noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden) Personengesellschaft...

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