Rz. 52

Das IPR ergibt nicht unmittelbar die rechtliche Lösung des Falls. Vielmehr bestimmt das IPR allein, aus welchem Recht sich die Lösung ergeben soll (Verweisung).

 

Rz. 53

Ausgangspunkt der Falllösung ist – wie bei rein nationalen Fällen – eine Rechtsfrage, also die Verbindung eines bestimmten Sachverhalts mit einer mutmaßlichen Rechtsfolge. Während in rein nationalen Fällen die Rechtsfrage gleich schon auf eine bestimmte Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, ist dies in internationalen Fällen schwieriger, da verschiedene Rechtsordnungen den Anspruch anders befriedigen könnten. So könnte es sich bei den Rechten des übergangenen Sohnes im Beispiel je nach anwendbarem Recht um einen Geldanspruch gegen die Schwester handeln (deutsche Lösung), um eine erbrechtliche Mindestbeteiligung am Nachlass unter Anfechtung des Testaments (französisches Recht) oder um das Recht, vor Gericht eine Verurteilung des Nachlassverwalters zu einer vom Gericht nach eigenem Ermessen festzulegenden Leistung an den übergangenen Angehörigen zu verlangen (family provision nach dem englischen Inheritance Act). Die "Rechtsfrage" ist daher unspezifischer zu stellen als bei rein nationalen Fällen.

 

Rz. 54

Im Beispiel wäre also nicht zu formulieren: "Steht dem Sohn ein Pflichtteilsanspruch gegen die Alleinerbin zu?", sondern besser: "Welche Rechte stehen ihm aufgrund der Übergehung im Testament gegen den Nachlass zu?" Die Rechtsfrage zu Ziff. 1 könnte lauten: "Welche Wirkungen kommen den vom Erblasser getroffenen Anordnungen zu?" (inhaltliche Wirksamkeit) bzw. "Konnte der Erblasser in dieser Art und Weise wirksam testieren?"

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