Rz. 171

Die elterliche Sorge endet zwingend mit der Volljährigkeit des Kindes (§§ 2, 1626 BGB). Zeitlich vorangehend kommt die Beendigung des Sorgerechts nur in Betracht durch Tod bzw. Todeserklärung (des Kindes oder) des sorgeberechtigten Elternteils oder durch staatlichen Eingriff, wobei jeweils danach zu differenzieren ist, ob alleinige oder gemeinsame Sorge bestand.

1. Tod eines Elternteils

a) Gemeinsame elterliche Sorge

 

Rz. 172

Stand die elterliche Sorge beiden Elternteilen gemeinsam zu und verstirbt ein Elternteil, so erhält der überlebende Elternteil kraft Gesetzes nach § 1680 Abs. 1 BGB die alleinige Sorge zugewiesen. Versterben beide Elternteile, so ist gemäß § 1773 BGB für das Kind ein Vormund zu bestellen. Wird ein Elternteil für tot erklärt oder seine Todeszeit nach dem VerschG festgestellt, endet die Sorge mit dem Zeitpunkt, der als Todeszeitpunkt gilt (§ 1677 BGB). Nach § 1681 Abs. 1 BGB sind die Regeln des § 1680 Abs. 1 und Abs. 2 BGB anwendbar (zur Frage des Richtervorbehalts siehe Rdn 169 f.).

b) Alleinsorge eines Elternteils

 

Rz. 173

Stand die elterliche Sorge dem verstorbenen Elternteil allein zu – gleichgültig ob nach § 1626a Abs. 3 BGB oder aufgrund von § 1671 BGB, so ist dem anderen Elternteil nach § 1680 Abs. 2 BGB die Sorge zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.[588] Bei der durchzuführenden Kindeswohlprüfung gelten die zu § 1671 Abs. 1 Nr. 2 BGB entwickelten Kriterien.[589] Ansonsten ist ein Vormund zu bestellen,[590] welcher dann z.B. auch der Lebensgefährte der Mutter oder der Stiefvater des Kindes sein kann.[591]

 

Rz. 174

War § 1626a Abs. 3 BGB Grundlage der Alleinsorge, so wird im Rahmen der Kindeswohlprüfung zu berücksichtigen sein, ob der Vater tatsächlich Verantwortung für das Kind trägt oder getragen hat. Solche tatsächliche Sorgerechtsausübung ist auch die regelmäßige Wahrnehmung von Umgangskontakten.[592] Dann ist davon auszugehen, dass die Sorgeübertragung auf ihn dem Kindeswohl nicht widerspricht. Hiervon kann aber etwa dann nicht ausgegangen werden, wenn dem Vater jegliches Gespür für die Traumatisierung des Kindes fehlt, das an dem gewaltsamen Tod der Mutter leidet, für den der Vater mit hoher Wahrscheinlichkeit verantwortlich ist (zur Frage des Richtervorbehalts siehe Rdn 169 a.E.; zur Frage des auszuwählenden Vormundes/Pflegers siehe Rdn 219 ff.).[593]

[588] BayObLG FamRZ 1999, 103; OLG Braunschweig FamRZ 1999, 185.
[589] PWW/Ziegler, § 1680 BGB Rn 3.
[591] BayObLG FamRZ 1999, 103; OLG Schleswig FamRZ 1993, 832.
[593] BVerfG FamRZ 2008, 381; Anm. Völker, FamRB 2008, 72.

2. Staatlicher Eingriff

 

Rz. 175

Die Beendigung der elterlichen Sorge in ihrer Gesamtheit oder einem Teilbereich durch staatlichen Eingriff vollzieht sich im Wesentlichen auf der Grundlage der §§ 1666, 1666a BGB. Stand zum maßgeblichen Zeitpunkt die Sorge beiden Eltern gemeinsam zu, so wächst sie dem überlebenden Elternteil zur alleinigen Ausübung zu (§ 1680 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 BGB). Die elterliche Sorge eines Elternteils endet zudem mit der Übertragung der Alleinsorge auf den anderen Elternteil nach § 1671 BGB.

 

Rz. 176

Wurde die gemeinsame Sorge durch Sorgeerklärung begründet, so gilt sie über die Trennung hinaus. Zur Aufhebung ist, wie bei verheirateten Eltern, ein familiengerichtlicher Antrag nach § 1671 Abs. 1 BGB erforderlich.[594] Die Beendigung der gemeinsamen Sorge ist also nur durch familiengerichtliche Entscheidung möglich. Insoweit gelten für eheliche und nichteheliche Kinder die gleichen Bestimmungen.[595]

 

Rz. 177

Wird dem alleinsorgeberechtigten Elternteil nach § 1666 BGB die elterliche Sorge ganz oder teilweise entzogen, so gelten gemäß § 1680 Abs. 3 BGB die soeben (siehe Rdn 172 ff.) zu § 1680 Abs. 2 BGB dargestellten Grundsätze. Weil § 1680 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 BGB ein subjektives Recht des Vaters enthält, ist dieser in diesen Fällen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG von Amts wegen als Beteiligter schon zum gegen die alleinsorgeberechtigte Mutter gerichteten Verfahren nach § 1666 BGB hinzuzuziehen (zur Frage des Richtervorbehalts siehe Rdn 169 a.E.; zur Frage des auszuwählenden Vormundes/Pflegers siehe Rdn 219 ff.).[596]

[594] Schwab/Wagenitz, FamRZ 1997, 1377.
[595] Knittel, DAVorm 1997, 649.
[596] OLG Schleswig ZKJ 2011, 395; FamRZ 2012, 725 m.w.N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge