Mallory Völker, Monika Clausius
Rz. 66
Nach § 9 Abs. 1 LPartG hat der Lebenspartner des allein sorgeberechtigten Elternteils in Abstimmung mit diesem die Möglichkeit, in Angelegenheiten des täglichen Lebens des im jeweiligen Haushalt lebenden Kindes mit zu entscheiden. Konkret bedeutet dies, dass die Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung (siehe dazu eingehend Rdn 116) allein dem sorgeberechtigten Lebenspartner obliegt. Erfasst wird hiervon etwa die Entscheidung zur konkreten Schul- bzw. Kindergartenwahl, der angestrebten Ausbildung, der religiösen Erziehung, über die Anfechtung der Vaterschaft sowie zum Aufenthalt des Kindes. Ein etwaig entgegenstehender Wille des Lebenspartners ist von Gesetzes wegen unbeachtlich.
Rz. 67
Abzugrenzen sind davon die Angelegenheiten des täglichen Lebens. Es handelt sich hierbei um Entscheidungen, die häufig wiederkehren und auf die Entwicklung des Kindes keine schwer abzuändernden Auswirkungen haben. Um dies zu ermitteln, hat man sich die Frage vorzulegen, ob es mit dem Kindeswohl vereinbar wäre, wenn eine Entscheidung unterbliebe. Es gelten insoweit die Erwägungen, wie sie auch § 1687 Abs. 1 S. 2, 3 BGB zugrunde liegen. In diesen Angelegenheiten des täglichen Lebens wird dem Lebenspartner die Befugnis zur Mitentscheidung eingeräumt, soweit er mit dem sorgeberechtigten Elternteil hierüber Einvernehmen erzielt hat. Nicht erforderlich ist eine bindende Vereinbarung, die nur durch familiengerichtliche Entscheidung wieder aufgehoben werden kann. Im Umkehrschluss zu den §§ 1627, 1687 BGB genügt es, dass die Lebenspartner ihre Auffassungen und Entscheidungen aufeinander abstimmen. Der tatsächliche oder mutmaßliche Wille des anderen Partners ist zu berücksichtigen, so dass ein gegenseitiges Einvernehmen hergestellt wird.
Rz. 68
Der Gesetzgeber hat insoweit erkennbar eine Kompetenzeinschränkung gegenüber Eltern vorgenommen, die die elterliche Sorge gemeinsam ausüben. In Angelegenheiten des täglichen Lebens wird diesen eine Alleinentscheidungskompetenz eingeräumt. Lediglich in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung müssen sie mit dem anderen Elternteil Einvernehmen erzielen, §§ 1627, 1687 BGB (vgl. Rdn 332 ff.). Dies soll die Praktikabilität der elterlichen Sorge gewährleisten und der natürlichen Aufgabenteilung sowie der Gleichrangigkeit der Eltern als Sorgerechtsinhaber Rechnung tragen. Von einer solchen Gleichrangigkeit ist – abgesehen von der Lage nach einer Sukzessivadoption (siehe dazu Rdn 63) – bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern, in deren Haushalt ein Kind aufwächst, nicht auszugehen. Hier ist – im günstigsten Fall – lediglich einer der Partner allein sorgeberechtigt. Besteht demgegenüber zudem auch noch aus einer früheren Lebensgemeinschaft ein gemeinsames Sorgerecht mit dem Vater oder der Mutter des Kindes, so kann der gleichgeschlechtliche Lebenspartner nur durch Vollmachten dieses Elternteils an der Alltagssorge beteiligt werden.
Rz. 69
Lediglich bei Gefahr im Verzug sieht § 9 Abs. 2 LPartG eine Berechtigung des Lebenspartners vor, die Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind, verbunden mit einer unverzüglichen Unterrichtungsverpflichtung gegenüber dem sorgeberechtigten Elternteil. Erfasst werden hiervon Notsituationen, ausgelöst durch Unfälle, plötzlich auftretende Erkrankungen oder Verletzungen.