Rz. 21

Die Anordnung einer Klage- oder Prozesspflegschaft ist dann geboten, wenn die Bestellung des Nachlasspflegers zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines gegen den Nachlass gerichteten Anspruchs von dem Nachlassgläubiger (Berechtigten) beantragt wird.

Der Nachlassgläubiger hat mithin einen Antrag (§ 23 FamFG) zu stellen. Der Antrag bedarf keiner besonderen Form.

 

Rz. 22

Aus dem Antrag muss sich lediglich ergeben, dass der Nachlassgläubiger antragsberechtigt ist. Der Nachlassgläubiger muss mithin behaupten, er habe einen nicht offensichtlich unbegründeten Anspruch gegen den Nachlass. Als mögliche Nachlassgläubiger kommen insbesondere Versicherungen, der Vermieter, der Bestatter und auch das Finanzamt (§ 81 AO) in Betracht.

 

Rz. 23

Das Nachlassgericht kann von dem antragstellenden Vermieter auch keinen Kostenvorschuss als Voraussetzung für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft anfordern. Die KostO wurde ab dem 1.8.2013 aufgehoben. Schon nach dieser durfte auch bei Vorliegen eines bedürftigen oder mittellosen Nachlasses die Anordnung der Nachlasspflegschaft nicht davon abhängig gemacht werden, dass der antragstellende Gläubiger eine Vorschussleistung erbringt. Denn nach § 6 KostO hafteten für die Kosten der Nachlasspflegschaft nur die Erben. Es fehlte die erforderliche gesetzliche Grundlage.[18]

Seit dem 1.8.2013 gilt das GNotKG. Nach § 24 GNotKG sind Kostenschuldner bei Beantragung einer Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB die Erben.

1. Unbekannter Erbe

 

Rz. 24

Auch für § 1961 BGB muss der Erbe unbekannt sein oder er ist zwar bekannt, aber es ist ungewiss, ob er die Erbschaft angenommen hat, oder er hat die Erbschaft noch nicht angenommen. Da es um die Rechtsverfolgung durch einen Nachlassgläubiger geht, kommt es auf dessen Kenntnisstand an. Ist dem Nachlassgläubiger lediglich die Anschrift des Erben unbekannt, der die Erbschaft angenommenen hat, kommt eine Nachlasspflegschaft nicht in Betracht.

Kann der Nachlassgläubiger ohne einen Nachlasspfleger seine Rechte nicht verfolgen, kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen zur Bestellung eines Nachlasspflegers im Übrigen vorliegen.[19]

[19] Zimmermann, Nachlasspflegschaft, Rn 76.

2. Beabsichtigte gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen

 

Rz. 25

Der Nachlassgläubiger muss die Bestellung des Nachlasspflegers zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, beantragen. Das in § 1960 BGB vorausgesetzte Sicherungsbedürfnis muss hier nicht vorliegen. An die Stelle des Sicherungsbedürfnisses tritt das Rechtsschutzinteresse des Nachlassgläubigers zur Anspruchsdurchsetzung.[20]

Der Nachlassgläubiger muss den Anspruch nicht beweisen und auch nicht glaubhaft machen.[21]

Eine Überprüfung der Forderung des Nachlassgläubigers durch das Nachlassgericht erfolgt nicht. Dies ist Aufgabe des Prozessgerichts.[22]

 

Rz. 26

Der Nachlassgläubiger muss lediglich glaubhaft darlegen, dass er seinen Anspruch auf jeden Fall durchsetzen will. Die gerichtliche Geltendmachung darf insoweit nicht ausgeschlossen erscheinen. Es genügt jedoch, wenn der Nachlassgläubiger zuvor außergerichtliche Verhandlungen beabsichtigt und insoweit lediglich einen Ansprechpartner benötigt.[23]

 

Rz. 27

Liegen die Voraussetzungen der §§ 1960, 1961 BGB vor, "hat" das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger zu bestellen; ein Ermessen des Nachlassgerichts besteht dann nicht.[24] Das Nachlassgericht kann die Anordnung der Nachlasspflegschaft nicht mit dem Argument ablehnen, dass kein Nachlassvermögen existiere oder der Nachlass aller Voraussicht nach dürftig sei, denn es muss kein Sicherungsbedürfnis am Nachlass bestehen.[25]

 

Rz. 28

Ein wesentlicher Anwendungsfall des § 1961 BGB dürfte dann gegeben sein, wenn es um die Abwicklung eines Mietverhältnisses geht. In diesen Fällen ist der Erblasser als Mietvertragspartei einer Mietwohnung für den Vermieter nicht mehr greifbar. Erben sind oftmals nicht oder noch nicht bekannt. Das Interesse des Vermieters geht in erster Linie dahin, die Mietwohnung so schnell es geht geräumt zurückzuerhalten, um diese neu vermieten zu können. Darüber hinaus will der Vermieter selbstverständlich auch die geschuldete Miete einnehmen.

 

Rz. 29

In der Regel wird sich der Vermieter beim Nachlassgericht melden und nachfragen, wie er sich verhalten soll und ggf. bereits die Bestellung eines "Pflegers" anregen. In vielen Fällen wird der Vermieter die Antwort erhalten:

Zitat

"Ein Bedürfnis für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft (weder nach § 1960 BGB noch nach § 1961 BGB) wird nicht gesehen. Sie können ab sofort über die Wohnung des Verstorbenen im Rahmen des Vermieterpfandrechts (§ 562 BGB) verfügen, d.h. diese räumen. Sollten Wertgegenstände aufgefunden werden, ist das Nachlassgericht unverzüglich zu benachrichtigen. Sollten Sie ein Testament auffinden, ist dieses unverzü...

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