Rz. 106

Die Regelungsbefugnisse der Ehegatten sind gegenüber der früheren Regelung in § 1587o BGB a.F. erheblich erweitert.

Nach § 6 Abs. 1 Ziff. 1–3 VersAusglG können sie den Versorgungsausgleich insbesondere ganz oder teilweise in die Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse einbeziehen, ihn ausschließen oder Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 2024 VersAusglG vorbehalten. Bei großem Altersunterschied zwischen den Ehegatten kann es im Hinblick auf den Wegfall des Rentnerprivilegs sinnvoll sein, den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise dem Ausgleich nach der Scheidung vorzubehalten, um Rentenkürzungen ohne entsprechenden Vorteil für den jüngeren Ehegatten zu vermeiden. Dabei muss allerdings die Rechtsfolge des § 25 Abs. 2 VersAusglG berücksichtigt werden (kein "verlängerter" Ausgleichsanspruch gegen den Versorgungsträger).

Die Notwendigkeit externer Teilung der Versorgungsanrechte von Landesbeamten nach § 16 Abs. 1 VersAusglG macht Verrechnungsvereinbarungen sinnvoll. Sie begrenzen die externe Teilung auf die Differenz zwischen den beiderseitigen Anrechten auf Beamtenversorgung oder aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung.[146]

Die Wirksamkeitsvoraussetzung der Genehmigung des Gerichts ist entfallen. Nach § 6 Abs. 2 VersAusglG ist das Gericht an die Vereinbarung gebunden, sofern keine Wirksamkeits- und Durchsetzungshindernisse bestehen.

Hierzu stellt § 8 VersAusglG als materielle Wirksamkeitsvoraussetzung fest, dass die Vereinbarung über den Versorgungsaugleich einer Inhalts- und Ausübungskontrolle standhalten muss. Es wird also auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zur Inhaltskontrolle von familienrechtlichen Vereinbarungen Bezug genommen.[147]

Danach erweist sich eine ehevertragliche Vereinbarung nur dann als nichtig, wenn der Vertrag unter unfairen Bedingungen geschlossen worden ist, also eine subjektive Imparität aufweist.[148]

Ist dies nicht der Fall, sind ggf. ehebedingte Nachteile im Wege der Ausübungskontrolle im Scheidungsverfahren zu klären.[149]

 

Rz. 107

Im Wege der Vereinbarung ist aber der komplette Ausschluss des Versorgungsausgleichs grundsätzlich ebenso möglich wie ein Teilausschluss hinsichtlich einzelner Anrechte.

 

Formulierungsbeispiel des völligen Ausschlusses im notariellen Vertrag:

"Für den Fall der Scheidung unserer Ehe verzichten wir auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 6 VersAusglG. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass dieser Verzicht sich auch auf eine mögliche spätere Abänderung des Versorgungsausgleichs erstreckt (§ 227 FamFG). Sie nehmen diesen Verzicht wechselseitig an."

 

Rz. 108

Der BGH hat zu Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich aber deutlich erklärt:[150]

Zitat

"Der vollständige Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann … der ehevertraglichen Wirksamkeitskontrolle standhalten, wenn die wirtschaftlich nachteiligen Folgen dieser Regelung für den belasteten Ehegatten durch die ihm gewährten Kompensationsleistungen … ausreichend abgemildert werden."

Solche Kompensationsleistungen müssen aber ggf. vorhanden sein. Ist dies nicht der Fall, kann der Ausschluss des Versorgungsausgleichs gerichtlich scheitern, mit den entsprechenden Haftungsfolgen für den anwaltlichen Berater.

 

Rz. 109

Ebenso ist es möglich, einzelne Versorgungen herauszunehmen.

 

Rz. 110

Auch Teilverzichte sind möglich, z.B. der Ausschluss aller Rechte mit Ausnahmen:

 

Formulierungsbeispiel

Für den Fall der Scheidung unserer Ehe verzichten wir auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Hinblick auf sämtliche Versorgungsanrechte, außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung.

Wir nehmen diesen Verzicht wechselseitig an.

 

Rz. 111

Der Versorgungsausgleich ist im "Ranking" der Rechtsprechung allerdings sehr hoch angesiedelt. Jeder teilweise oder vollständige Verzicht muss auf ein Äquivalent treffen, mit dem der Verzicht begründet werden kann.[151] Da der finanzielle Umfang gerade bei Rentenversorgungen sehr schwierig zu berechnen ist, empfiehlt es sich in solchen Fällen, den Beteiligten die Beratung eines Rentenberaters oder die Berechnung durch einen Sachverständigen "aufzunötigen".

 

Rz. 112

Die Formvorschriften sind inhaltlich unverändert. Es bedarf also für Vereinbarungen vor Rechtskraft der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung der notariellen Beurkundung, ersatzweise der Protokollierung im Wege eines gerichtlichen Vergleichs bei beiderseitiger anwaltlicher Vertretung, § 127a BGB/§ 114 Abs. 1 FamFG. Ob dem Formerfordernis durch einen Vergleich im schriftlichen Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO Genüge getan werden kann, ist strittig.[152] Aus Gründen der Vorsicht sollte dieser Weg deswegen nicht gewählt werden. Für eine Vereinbarung im Rahmen eines Ehevertrages muss zusätzlich die Form des § 1410 BGB gewahrt werden, § 7 Abs. 13 VersAusglG.

[146] Zur Zulässigkeit: BGH FamRZ 2014, 1179 (2 Landesbeamte) und Borth, FamRZ 2014, 1245.
[147] BVerfGE 103, 89 = FamRZ 2001, 343 = NJW 2001, 957; BVerfG FamRZ ...

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