Rz. 1005

In vielen Fällen lässt sich eine Betriebsveräußerung nur verwirklichen, wenn der Personalbestand des Betriebes noch vor der Übernahme soweit abgebaut wird, dass der Erwerber den Betrieb in absehbarer Zeit wieder in die Gewinnzone führen kann. Die individuelle Klagemöglichkeit der Arbeitnehmer gegen die Kündigungen durch Berufen auf Fehlen dringender betrieblicher Erfordernisse (siehe Rdn 345 ff.) oder auf fehlerhafte Sozialauswahl (siehe Rdn 404 ff.) gem. § 1 Abs. 1 bis 3 KSchG, kann zu erheblichen Unsicherheiten bezüglich Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Kündigungen führen und so das Scheitern aussichtsreicher Übernahme- bzw. Sanierungsverhandlungen verursachen.

 

Rz. 1006

Ziel der Neuregelungen in §§ 125 bis 128 InsO (siehe hierzu § 2 Rdn 87 ff.) ist es daher, die Nachteile des bisherigen Rechtzustandes zu vermeiden, ohne zu sehr in den Kündigungsschutz einzugreifen.[1011] § 128 Abs. 1 InsO verweist hierzu auf die Vorschriften der §§ 125 bis 127 InsO. Ein zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat geschlossener Interessenausgleich, der die infolge der Betriebsänderung zu entlassenden Arbeitnehmer namentlich bezeichnet, soll die Vermutung rechtfertigen, dass die Kündigungen durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sind und dass im Falle eines Betriebsübergangs die Rechtsfolge § 613a BGB nicht eingreift (siehe hierzu § 2 Rdn 187 ff.).[1012]

 

Rz. 1007

Die soziale Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer kann dann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit geprüft werden. Diese Wirkungen des Interessenausgleichs mit Namensliste entfallen allerdings, wenn sich die Sachlage nach seinem Zustandekommen ändert. Die Regelung verbessert damit deutlich die Kündigungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters und verlagert erhebliche Verantwortung auf den Betriebsrat.

[1011] Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks 12/2443, S. 97.
[1012] Dazu Zwanziger, BB 1997, 626, 628 f.

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