Rz. 845

Der Übergang eines Arbeitsverhältnisses setzt voraus, dass der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil zuzuordnen ist. Bei der Tätigkeit eines Arbeitnehmers für mehrere Betriebe oder Betriebsteile oder in einer zentralen Unternehmensorganisation hat sich die Zuordnung des Arbeitnehmers nach objektiven Kriterien zu richten. Hierzu zählen insbesondere die Funktion des Arbeitsplatzes, der Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers und eine tatsächliche Eingliederung in den Betrieb oder Betriebsteil.[848]

 

Rz. 846

Probleme machten bisher Verwaltungs- oder andere Innendienstabteilungen hinsichtlich der Zuordnung der Arbeitnehmer (Zuordnung der Arbeitnehmer der Verwaltungsebene) beim sog. Betriebsteilübergang. Dazu werden in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten:

 

Rz. 847

Ein Übergang des Arbeitsverhältnisses zu den übergehenden Betriebsteilen wird vom LAG Köln zumindest dann angenommen, wenn die dortige Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend den übergehenden Betriebsteilen zugutekommt und für den Veräußerer mit dem (Teil-)Betriebsübergang die Beschäftigungsmöglichkeit für die Arbeitnehmer im zentralen Unternehmensbereich entfällt.[849]

 

Rz. 848

Teilweise wird auch angenommen, dass solche Innen- bzw. Verwaltungsabteilungen als selbstständige Abteilungen zu behandeln sind, die nicht mit anderen Betriebsstätten oder mit der Betriebstätte, an der sie geführt werden, übergehen.[850]

 

Rz. 849

Findet ein Betriebsteilübergang statt, dann sind nach Auffassung des LAG Niedersachsen die Arbeitsverhältnisse der übergeordneten Verwaltungsebene nach folgenden Grundsätzen zuzuordnen:

Im ersten Schritt sind die für die Funktionsfähigkeit des jeweiligen Betriebsteils notwendigen Arbeitsplätze festzulegen.
Im zweiten Schritt sind diese Arbeitsplätze unter Heranziehung sozialer Auswahlkriterien (§ 1 Abs. 3 KSchG) zuzuordnen.[851]
 

Rz. 850

 

Beispiel

Auch wenn etwa die Buchhaltung in einem Betrieb als eine gesonderte Betriebsabteilung zusammengefasst ist, hat sie im Verhältnis zu den produktiven Bereichen stets eine dienende Funktion, denn Finanzbuchhaltung und Personalbuchhaltung sind eng verknüpft mit den jeweiligen produktiven Bereichen; sie sind deshalb bei Betriebsteilübergängen anteilig den produktiven Betriebsteilen zuzuordnen.[852]

 

Rz. 851

Spätestens seit der neuen Rechtsprechung des BAG[853] im Anschluss an die "Klarenberg"-Entscheidung des EuGH[854] erscheint diese Auffassung als allein zutreffend. Das BAG hat inzwischen entschieden, dass bei einem Betriebsteilübergang nur diejenigen Arbeitnehmer erfasst werden, die in dem betreffenden Betriebsteil gearbeitet haben. Es reicht nicht aus, dass sie für diesen Betriebsteil gearbeitet haben.[855] Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des EuGH: Entgegen einer vielfach angenommenen Meinung genügt es für die Zuordnung der Arbeitnehmer auch nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, dass der zuzuordnende Arbeitnehmer Tätigkeiten für den übergehenden Teil verrichtet hat. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer in dem Organisationsbereich dieses Betriebsteils beschäftigt worden ist.[856]

 

Rz. 852

Dies entspricht auch der Auffassung des BAG: Der Übergang eines Arbeitsverhältnisses setzt voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer dem übertragenen Betrieb oder Betriebsteil zugeordnet ist. Für die Zuordnung des Arbeitnehmers ist darauf abzustellen, ob er in den übergegangenen Betrieb oder Betriebsteil tatsächlich eingegliedert war.[857]

 

Rz. 853

Für die Frage, welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es zunächst auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an. Liegt ein solcher weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, so erfolgt die Zuordnung grundsätzlich – ebenfalls ausdrücklich oder konkludent – durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechtes.[858]

 

Rz. 854

Dies hat das BAG auch noch einmal bestätigt:[859] Bei einem Betriebsteilübergang gehen nur die Arbeitsverhältnisse derjenigen Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 1 BGB auf den Betriebserwerber über, die dem übernommenen Betriebsteil zugeordnet waren. Für die Frage, welchem Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es zunächst auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an. Liegt ein solcher Wille weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, so erfolgt die Zuordnung grundsätzlich – ausdrücklich oder konkludent – durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts. Dass der Arbeitnehmer im Rahmen einer Verwaltungstätigkeit teilweise auch Tätigkeiten für einen Betriebsteil ausgeübt hat, der auf einen Betriebsteilerwerber übergegangen ist, wirkt sich auf die Zuordnung des Arbeitnehmers zum nicht übergegangenen Verwaltungsbereich nicht aus.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge