Rz. 627

Das für den Sitz des Beschäftigungsbetriebes zuständige Integrationsamt soll die Entscheidung, falls erforderlich aufgrund mündlicher Verhandlung, innerhalb eines Monats vom Tag des Eingangs des Zustimmungsantrags an treffen (§ 90 Abs. 2a SGB IX).

 

Rz. 628

Im Falle der außerordentlichen Kündigung kann die Zustimmung zur Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen beantragt werden (§ 91 SGB IX; vgl. § 626 Abs. 2 BGB); maßgebend ist der Eingang des Antrags beim Integrationsamt.

 

Rz. 629

Das Integrationsamt hat im Falle der außerordentlichen Kündigung innerhalb von zwei Wochen vom Tage des Eingangs des Antrags an die Entscheidung zu treffen. Ansonsten gilt die Zustimmung als erteilt (Zustimmungsfiktion), § 91 Abs. 3 S. 2 SGB IX.

 

Rz. 630

Im Falle der Zustimmung zur ordentlichen Kündigung kann der Arbeitgeber die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung erklären, § 88 Abs. 3 SGB IX.

 

Rz. 631

 

Hinweis

Bei einer Versäumung des fristgerechten Kündigungsausspruchs verliert die erteilte Zustimmung ihre Wirkung und muss ggf. erneut eingeholt werden.

Im Falle der außerordentlichen Kündigung kann die Kündigung auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt wird.

 

Rz. 632

 

Hinweis

Dabei ist aber fraglich, ob eine (weitere) Zwei-Wochen-Frist als Fristobergrenze ­angenommen werden kann. § 91 Abs. 5 SGB IX kommt als speziellere Regelung im Verhältnis zu § 626 Abs. 2 BGB nur zum Tragen, wenn dessen zweiwöchige Erklärungsfrist abgelaufen ist. Die ursprüngliche Zwei-Wochen-Frist kann der Arbeitgeber deshalb voll ausschöpfen und muss die Kündigung nicht unverzüglich erklären, wenn die Zustimmung des Integrationsamtes noch vor Ablauf dieser Zwei-Wochen-Frist vorliegt. Insofern verdrängt § 91 Abs. 5 SGB IX nicht § 626 Abs. 2 BGB, sondern ergänzt ihn nur.[622]

 

Rz. 633

Die gem. § 102 BetrVG erforderliche Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann bereits während des Antragsverfahrens bei dem Integrationsamt auf Zustimmung zur Kündigung erfolgen. Insbesondere beim Ausspruch einer außeror­dentlichen Kündigung ist dieses wegen der kurzen Fristen sinnvoll.

 

Rz. 634

Bei Hinzutreten neuer Gesichtspunkte im Verlaufe des Verfahrens, die z.B. im Falle einer betriebsbedingten Kündigung eine Zustimmung zur Änderungskündigung erforderlich machen, ist ein neues Verfahren auf Zustimmung zur Kündigung einzuleiten.

 

Rz. 635

Bei wesentlicher Betriebseinschränkung (vgl. auch § 111 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG) soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen (reduziertes Ermessen). Für den Fall der völligen Betriebsstilllegung besteht für das Integrationsamt kein Ermessensspielraum. Die Zustimmung muss in diesem Fall erteilt werden, wenn zwischen der Kündigung und dem Tag, bis zu welchem Lohn oder Gehalt bezahlt wird, mindestens drei Monate liegen (= § 19 Abs. 1 S. 1 SchwbG a.F.).

 

Rz. 636

Durch Art. 97 EGInsO[623] wurde mit Wirkung ab 1.1.1999 an § 19 SchwbG (jetzt § 89 SGB IX) ein neuer Abs. 3 angefügt, wonach die Hauptfürsorgestelle (heute: Integrationsamt) die Zustimmung erteilen soll, wenn der schwerbehinderte Mensch im Insolvenzverfahren in einem Interessenausgleich namentlich als einer der zu entlassenden Arbeitnehmer bezeichnet ist, die Schwerbehindertenvertretung beteiligt wurde, und sonst der Schwerbehindertenschutz im Rahmen des Ausspruchs weiterer Kündigungen anteilig berücksichtigt wird.[624]

[622] BAG v. 15.11.2001 – 2 AZR 380/00, BAGE 99, 358 = BB 2002, 2284; dazu EWiR 2002, 665 (Künzl).
[623] BGBl 1994 I, S. 2911, 2950 f.
[624] Dazu Caspers, Rn 334 ff.; Frankfurter Komm/Eisenbeis, § 113 Rn 63.

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