Bei einer ordentlichen Kündigung entscheidet das Integrationsamt nach schriftlichem Antrag (§ 170 SGB IX), unter Berücksichtigung der Stellungnahmen von Arbeitsagentur, Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung und nach Anhörung des Betroffenen nach pflichtgemäßem Ermessen. Das Ermessen wirkt eingeschränkt nach § 172 SGB IX. Danach hat es bei Betriebsstilllegung die Zustimmung zu erteilen und es soll u. a. die Zustimmung erteilen, wenn dem Betroffenen ein anderer angemessener und zumutbarer Arbeitsplatz sicher ist. Die Entscheidung muss in den Fällen des § 172 Abs. 1 Satz 1 SGB IX (Betriebseinstellung) und § 172 Abs. 3 SGB IX (Insolvenzverfahren) nach § 171 Abs. 5 SGB IX binnen eines Monats erfolgen, andernfalls gilt die Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Im Übrigen soll die Entscheidung binnen eines Monats nach Antragseingang erfolgen.

Eine zustimmende Entscheidung ist sowohl dem Arbeitgeber wie dem schwerbehinderten Arbeitnehmer förmlich zuzustellen. Die förmliche Zustellung an den Arbeitgeber[1] ist Wirksamkeitsvoraussetzung. Vorher darf der Arbeitgeber nicht kündigen. Nach Zustellung bleibt dem Arbeitgeber ein Monat Zeit, um die Kündigung zu erklären (§ 171 Abs. 3 SGB IX). Innerhalb dieser Frist ist auch die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG bzw. die Beteiligung des Personalrats durchzuführen, sofern sie nicht vor der Antragstellung oder während des Zustimmungsverfahrens durchgeführt worden ist. Bei einer Verweigerung der Zustimmung ist die Kündigung ausgeschlossen. Gegen die ablehnende Entscheidung ist Widerspruch und anschließend Klage im Verwaltungsrechtsweg möglich.

Auch die außerordentliche Kündigung ist zustimmungsbedürftig (§ 174 SGB IX). Das Integrationsamt soll jedoch im Regelfall die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der mit der Schwerbehinderung nicht im Zusammenhang steht (§ 174 Abs. 4 SGB IX), wie z. B. Diebstahl, beharrliche Arbeitsverweigerung, Tätlichkeiten gegenüber Arbeitskollegen.[2] Insbesondere hat das Integrationsamt nicht über das Vorliegen eines wichtigen Grunds zur Kündigung zu befinden. Das entbindet den Arbeitgeber jedoch nicht von der Verpflichtung, im Antrag detailliert den Kündigungsgrund, das Fehlen eines Zusammenhangs mit der Behinderung sowie die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses darzulegen.

Der Antrag des Arbeitgebers muss binnen 2 Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrunds beim Integrationsamt eingehen (§ 174 Abs. 2 SGB IX). Damit wird im Ergebnis auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt (§ 174 Abs. 5 SGB IX), wenn die Kündigung unverzüglich nach der Entscheidung des Integrationsamtes ausgesprochen wird. Das Integrationsamt hat dann binnen 2 Wochen eine Entscheidung zu treffen. Ergeht innerhalb dieser Frist keine Entscheidung, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 174 Abs. 3 SGB IX).

Beachten Sie, dass die Zustimmungsfiktion nicht schon dann eintritt, wenn bei Ablauf der Frist beim Arbeitgeber keine förmliche Entscheidung eingeht. Es genügt, wenn amtsintern ablehnend entschieden wird und die Entscheidung den Machtbereich des Integrationsamts verlassen hat, z. B. durch formlose Unterrichtung des Arbeitgebers per Telefon oder Fax oder Übergabe der Entscheidung an die Post.

 
Praxis-Tipp

Der Arbeitgeber sollte am Tag nach Fristablauf die Entscheidung fernmündlich einholen.

Wird die Zustimmung erteilt, darf der Arbeitgeber die Kündigung bereits aussprechen, wenn ihm das Integrationsamt die Zustimmung innerhalb der 2-Wochen-Frist telefonisch mitgeteilt hat.[3] Er braucht – anders als bei der ordentlichen Kündigung – die förmliche Zustellung nicht abzuwarten.

Dies gilt auch im Fall einer außerordentlichen Kündigung unter Gewährung einer Auslauffrist gegenüber einem ordentlich unkündbaren, schwerbehinderten Arbeitnehmer.[4]

Nach Erteilung der Zustimmung durch das Integrationsamt hat der Arbeitgeber die Kündigung unverzüglich zu erklären (§ 174 Abs. 5 SGB IX). Aufgrund des Ineinandergreifens der 2-Wochen-Fristen nach § 626 Abs. 2 BGB und des § 174 Abs. 3 SGB IX sind 3 Fallkonstellationen zu unterscheiden:

  • Das Integrationsamt stellt die Zustimmung (ausnahmsweise) zeitig vor Ablauf der 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu. Der Arbeitgeber kann nun die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB ausschöpfen, auch wenn die Kündigung nicht "unverzüglich" nach Erteilung der Zustimmung erklärt wird.
  • Die Zustimmung geht erst unmittelbar vor oder erst nach Ablauf der 2-Wochen-Frist zu. Die Kündigung muss nun unverzüglich dem Arbeitnehmer zugehen. Unverzüglich bedeutet hier im Regelfall am ersten Arbeitstag nach Zugang der Zustimmung.
  • Das Integrationsamt trifft binnen der 2-Wochen-Frist des § 174 Abs. 3 SGB IX keine Entscheidung, sodass die Zustimmung als erteilt gilt. Hier muss die Kündigung unverzüglich nach Ablauf dieser Frist dem Arbeitnehmer zugehen.
 
Praxis-Tipp

Um den Fristablauf festzustellen, sollte der Arbeitgeber beim Integrationsamt telefonisch das Datum des Antragseingangs erfragen, sich den Fristablauf notieren und am Tag nach...

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