Rz. 131

Die Darlegungs- und Beweislast für den Abschluss eines Anwaltsvertrages trägt derjenige, der aus dem Vorliegen des Anwaltsvertrages für sich günstige Rechtsfolgen herleitet.[348] Deshalb muss der Mandant, der von einem Rechtsanwalt Schadensersatz verlangt, darlegen und beweisen, dass ein Anwaltsvertrag oder ein gleichstehendes vertragsähnliches Verhältnis zustande gekommen ist, das nach seinem Inhalt und Umfang die anwaltliche Pflicht auslöst, an deren Verletzung der Schadensersatzanspruch geknüpft wird.[349] Einen Gebührenanspruch hat der Rechtsanwalt darzulegen und zu beweisen.[350] Wird in einem anwaltlichen Vergütungsprozess die Erteilung des Mandats streitig, so muss das rechtsgeschäftliche Handeln der Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht so dargelegt werden, dass sich das Zustandekommen des anspruchsbegründenden Vertrags – im Regelfall in Anwendung der §§ 145 ff. BGB – rechtlich prüfen lässt. Bei konkludentem Verhalten eines Vertragsteils darf nicht lediglich das ihm zugeschriebene Erklärungsergebnis behauptet werden, sondern das tatsächliche Verhalten selbst muss so deutlich sein, dass es auf den ihm zugeschriebenen rechtlichen Erklärungsgehalt hin aus Sicht des Empfängers unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB gewürdigt werden kann.[351]

 

Rz. 132

Bei einem Haftungssachverhalt muss der Mandant nicht nur nachweisen, dass der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausgeübt hat, die von der Sache her allgemein Gegenstand anwaltlicher Beratung oder Interessenvertretung sein kann. Der Mandant muss auch beweisen, dass diese anwaltliche Tätigkeit als vertragliche Leistung gerade in Erfüllung eines Auftrags erbracht worden ist[352] und nicht etwa im Rahmen einer bloßen Gefälligkeit (vgl. Rdn 28 ff.). Wenn der Mandant sich auf einen stillschweigenden Vertragsschluss (vgl. Rdn 15 ff.) beruft, muss er diejenigen Umstände beweisen, aus denen sich diese Rechtsfolge ergibt.

 

Rz. 133

Absprachen oder Weisungen, die den Vertragsinhalt und damit die vom Rechtsanwalt geschuldete Leistung ausgestalten, muss der Auftraggeber ebenso beweisen[353] wie ein weisungswidriges Verhalten des Rechtsanwalts.[354] Eine nachträgliche Änderung einer Weisung muss der Rechtsanwalt darlegen und beweisen.[355] Wenn der Rechtsanwalt behauptet, ihm sei ein gegenständlich beschränktes Mandat (vgl. Rdn 57 ff., § 2 Rdn 32) erteilt worden, hat der Auftraggeber darzulegen und zu beweisen, dass ein unbeschränkter Auftrag vereinbart worden ist, wenn sich nur daraus der geltend gemachte Anspruch ergibt.[356] Wenn allerdings feststeht, dass der Rechtsanwalt in einem bestimmten Bereich – etwa im Steuerrecht oder in einer ausländischen Rechtsordnung – oder ggü. bestimmten Personen tätig geworden ist, kann sich daraus ein starkes Indiz dafür ergeben, dass der Auftrag sich auch hierauf erstreckt hat, da ein Rechtsanwalt nicht tätig zu werden pflegt, wenn er nicht zuvor entsprechend beauftragt worden ist.[357] Ist zunächst ein unbeschränkter Auftrag erteilt worden, muss der Rechtsanwalt beweisen, dass der Auftrag nachträglich inhaltlich eingeschränkt oder beendet worden ist.[358]

 

Rz. 134

Umstritten ist die Beweislastverteilung, wenn der Mandant einen Schadensersatzanspruch auf die Behauptung stützt, der Rechtsanwalt habe abredewidrig eine Klage eingereicht, ohne dass seine Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage erteilt habe. Z.T. wird die Ansicht vertreten, dass der Rechtsanwalt dann eine unbedingte Beauftragung beweisen müsse.[359] Jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt die Erfolgsaussichten des Rechtsstreits prüfen und die Korrespondenz mit der Rechtsschutzversicherung führen sollte, ist das Bestehen eines Anwaltsvertrages (als Grundlage des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs) unstreitig. Die Frage, ob dieser unbedingt oder bedingt geschlossen worden ist, stellt sich nicht. Streitig ist allein, ob der Rechtsanwalt eine Klage nur bei Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung einreichen sollte. Das betrifft den Umfang des Anwaltsvertrages,[360] den der Auftraggeber zu beweisen hat. Im Ergebnis gilt für den hier behandelten Fall nichts anderes als für die Frage, ob ein beschränkter oder unbeschränkter Auftrag erteilt worden ist.

[348] Vgl. Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 42; Heinemann, NJW 1990, 2345, 2346 f.; Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, § 675 BGB Rn 2 bis 9a; Mühsam-Werther, JW 1925, 1362 f.; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 25 Rn 6; vgl. BGH, 17.7.2003 – IX ZR 250/02, NJW 2003, 3564; BGH, WM 2001, 1517, 1518; BGH, NJW 2000, 3286, 3287.
[349] RG, HRR 1933, Nr. 1746; BGH, NJW 1994, 1472, 1474; OLG München, VersR 1971, 525; KG, MDR 1973, 233.
[350] Hierzu etwa: OLG Hamm, DNotZ 1968, 625; OLG Frankfurt, AnwBl. 1981, 152; OLG Düsseldorf, AnwBl. 1986, 400.
[352] OLG Düsseldorf, AnwBl. 1986, 400.
[353] KG, MDR 1973, 233.
[354] Mühsam-Werther, JW 1925, 1367, 1368.
[355] BGH, NJW 1994, 3295, 3297.
[356] BGH, 20.6.1996 – IX ZR 106/95, NJW 1996, 2929, 2931; BGH, 20.7.2006 – IX ZR 47/0...

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