Rz. 23

Auch hier bietet sich an, das Erfassen der Vermögens- bzw. Nachlasswerte in Form eines Verzeichnisses vorzunehmen. Bei komplexen Vermögensverhältnissen oder Pflichtteilsmandaten kann dies beispielsweise in Form von Excel-Tabellen erfolgen. So können auch unproblematisch divergierende Werte in verschiedenen Spalten eingepflegt und Alternativberechnungen vorgenommen werden. Entsprechende Muster erleichtern es zudem dem Mandanten, einzelne Positionen übersichtlich darzustellen und keine Werte zu vergessen.

 

Rz. 24

Diese Gliederung könnte bspw. wie folgt aussehen:

 
Hinweis

(A) Aktiva

I.

Geldwerte:

1. Bargeld
2. Bankguthaben (Bank, Kontonummer, Anteil des Erblassers)
3. Wertpapiervermögen (Depot Bank, Depotnummer, Anteil des Erblassers)
4. sonstige Geldwerte
II. Sonstige Werte (Kunst, Antiquitäten, Kfz, Hausrat etc.)
III. Gesellschaftsrechtliche Beteiligungen (GmbH-Beteiligungen, stille Beteiligung Gesellschafterdarlehen etc.)
IV. Grundbesitzwerte (Grundbuchstelle, Flurnummer, Bezeichnung/Anschrift, Fläche, Verkehrswert)
V. Forderungen (Mietkaution, Erstattungsansprüche gegen private Krankenversicherungen, sonstige Versicherungsleistungen etc.)

(B) Passiva

I.

Schulden:

1. Verbindlichkeiten gegenüber Banken
2. Verbindlichkeiten gegenüber Dritten
II. Sonstige Verbindlichkeiten (ärztliche Behandlungskosten, Rentenrückforderungen etc.)
III. ggf. Beerdigungskosten/ Todesfallkosten
IV. Kosten des Nachlassverfahrens (Gerichtskosten, Wertermittlungskosten etc.)
 

Rz. 25

Nach Erfassen des aktuellen Vermögensstands des Mandanten bzw. des Nachlasses des verstorbenen Erblassers ist zu den einzelnen erfassten Vermögens- bzw. Nachlasspositionen zu ermitteln, inwieweit diese der freien Verfügungsbefugnis des Mandanten unterliegen bzw. inwieweit über die im Nachlassverzeichnis erfassten Vermögensgegenstände vom Erblasser testamentarisch verfügt werden konnte.

Mögliche Einschränkungen können sich insbesondere in folgenden Fällen ergeben:

Der Mandant ist durch ein früheres Ehegattentestament oder einen Erbvertrag gebunden. In diesem Fall sind spätere Verfügungen, sofern sie wechselbezüglichen bzw. vertragsmäßigen Verfügungen widersprechen, unwirksam, wenn nicht ein Widerruf oder eine Abänderung vorgesehen waren. Hier ist u.U. auch zu prüfen, ob der überlebende Ehegatte sich durch Ausschlagung von diesen Bindungen befreien kann (§ 2271 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BGB) oder eine Anfechtung wegen des Hinzutretens eines neuen Pflichtteilsberechtigten (i.d.R. durch Eheschließung) nach § 2079 BGB möglich ist. Entsprechende Prüfungen müssen im Hinblick auf § 2287 BGB auch bei möglichen den Vertragserben beeinträchtigenden Schenkungen erfolgen.
Der Mandant ist selbst nur Vorerbe: Die in die Vorerbschaft fallenden Gegenstände sind nach dem Tod des Vorerben unabhängig von dessen Erbfolge an die Nacherben herauszugeben (§ 2130 BGB).
Gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen: Hier ist zu überprüfen, ob die Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters (kraft gesetzlicher oder gesellschaftsvertraglicher Regelung) fortgeführt wird oder ob sie mit dem Tod eines Gesellschafters insgesamt endet (so z.B. die BGB-Gesellschaft nach § 727 Abs. 1 BGB, wenn keine andere Regelung getroffen wurde). Insoweit ist es unabdingbar, den Gesellschaftsvertrag auf Fortführungsklauseln, Einziehungsrechte etc. zu überprüfen und ggf. auch entsprechend anzupassen.
Landwirtschaftliches Sondererbrecht: Ein Hof i.S.d. § 1 HöfeO[5] unterliegt einer Sondererbfolge nach §§ 4, 6, 9 HöfeO, so dass es zu einer Nachlassspaltung kommen kann. Für sonstige Landgüter kann der Erblasser das Ertragswertprivileg anordnen (§§ 2049, 2312 BGB). Das Gericht kann bei entsprechendem Antrag gem. § 13 GrstVG die Grundstücke, aus denen ein landwirtschaftlicher Betrieb besteht, ungeteilt einem der Miterben zuweisen.[6]
Rückübertragungsverpflichtungen und Veräußerungsverbote: Diese werden häufig bei lebzeitigen Übertragungen vereinbart. Bei entsprechenden Hinweisen sollte daher auch die Herkunft des Vermögens in Blick genommen und entsprechende Beschränkungen abgefragt werden.
 

Rz. 26

Nicht zuletzt muss bei vorhandenem Auslandsvermögen, insbesondere bei Auslandsimmobilien, die Frage des Erbstatuts im Einzelnen überprüft und festgehalten werden, da gerade bei Auslandsimmobilien möglicherweise eine Nachlassspaltung aufgrund der "Lex rei sitae" vorliegt.[7]

 

Rz. 27

Die Erfassung des Vermögens- bzw. Nachlassbestandes wird sich dabei in vielen Fällen nicht allein auf die Befragung des Mandanten beschränken können. Häufig bedarf es bei der Ermittlung der Grundbesitzwerte der Einholung aktueller Grundbuchauszüge. Dies ist unproblematisch, wenn der Mandant Eigentümer oder Miteigentümer (also dinglich Berechtigter i.S.v. § 43 Abs. 2 GBV) des betroffenen Grundbesitzes ist. Bei der Vertretung eines gesetzlichen oder testamentarischen Erben oder eines Pflichtteilsberechtigten benötigt der Rechtsanwalt für die Einholung entsprechender Auskünfte regelmäßig zunächst einen Nachweis über das Erb- oder Pflichtteilsrecht...

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