Rz. 114

Soweit dies zur sachgerechten Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist, hat der Vorstand jedem Aktionär in der Hauptversammlung auf Verlangen Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft zu geben, § 131 Abs. 1 AktG.[137] Die Auskunft ist mündlich in der Hauptversammlung zu erteilen, ein Verweis auf schriftliche Unterlagen ist im Regelfall unzulässig. In den in § 131 Abs. 3 AktG genannten Fällen kann die Auskunft verweigert werden. Verstöße gegen die Auskunftspflicht können die Anfechtbarkeit der zum betreffenden Gegenstand gefassten Beschlüsse nach sich ziehen.[138] Neben der Beschlussanfechtung kann der Aktionär das Auskunftserzwingungsverfahren nach § 132 AktG einleiten.[139]

Voraussetzung für die Anfechtbarkeit eines Beschlusses wegen Verstoßes gegen die Auskunftspflicht ist seit der jüngsten Rechtsprechung des BGH[140] lediglich, dass die vorenthaltene Auskunft aus Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs in der Fragesituation zur sachgerechten Beurteilung i.S.v. § 131 Abs. 1 S. 1 AktG des Beschlussgegenstandes erforderlich ist. Dabei soll es nicht darauf ankommen, ob der tatsächliche Inhalt der in der Hauptversammlung verweigerten und später – etwa im Anfechtungsprozess – erteilten Auskunft einen objektiven Aktionär von der Zustimmung zu der Beschlussvorlage abgehalten hätte. Eine Ausnahme besteht allerdings für bewertungsbezogene Informationsmängel. Auf diese kann eine Anfechtungsklage grundsätzlich nicht gestützt werden, wenn das Gesetz für Bewertungsrügen ein Spruchverfahren vorsieht.[141] Durch das UMAG (siehe Rdn 10) ist diese Rechtsprechung des BGH im AktG festgeschrieben worden, vgl. § 243 Abs. 4 AktG.

[137] Instruktiv BayObLG AG 1996, 322; OLG Düsseldorf AG 1997, 520; aus dem Schrifttum insbesondere Meilicke/Heidel, DStR 1992, 72; Krieger, DStR 1994, 177; Groß, AG 1997, 97; zu besonderen Auskunftsrechten und zu Ansprüchen auf Vorlage von Unterlagen und Abgabe von Berichten vgl. Steiner, § 11 Rn 2 bis 4.
[138] Vgl. BGHZ 119, 1 ff.; eingeh. K. Schmidt, in: Großkomm. z. AktG, § 243 Rn 34 f.
[139] BGHZ 86, 1 ff.; möglich ist die Aussetzung des Anfechtungsprozesses nach § 148 ZPO, dazu Lüke, ZGR 1990, 663.
[140] BGHZ 149, 158, 164 f.; BGHZ 160, 385.
[141] Grundlegend BGHZ 146, 179, 188 f. für den Fall der formwechselnden Umwandlung. Für eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf andere Fälle bewertungsbezogener Informationsmängel zu Recht etwa OLG Köln ZIP 2004, 760, 761 (zum Squeeze-out); Henze, BB 2002, 893, 898; ders., ZIP 2002, 97, 107; Röhricht, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, 2002, S. 3, 32; Hirte, ZHR 167 (2003), 8, 25 ff.; Vetter, in: FS Wiedemann 2002, S. 1337 ff.

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