Rz. 51

Die Tat selbst wird im Zeugenfragebogen bzw. im Anhörungsbogen benannt. Insoweit sind bereits jetzt die unmittelbaren Tatfolgen für den Juristen absehbar. Der Mandant als Laie wird sich regelmäßig über die Höhe des Bußgeldes und über ein eventuelles Fahrverbot erkundigt haben. Inwiefern hier Punkteeintragungen automatisch auf dem Fuße folgen und auch die Anordnung von Seminaren droht, entzieht sich jedoch zumeist seiner Kenntnis. Dagegen hat der Verteidiger keine Kenntnis über die nicht zu unterschätzende Tatsache, inwiefern zwischenzeitlich weitere Verkehrsverstöße begangen, jedoch noch nicht rechtskräftig geworden sind. Dies ist insbesondere für die Tilgungsfristen und die Maßnahmenkaskade bei Erreichen von Punktegrenzen relevant.

 

Rz. 52

 

Praxistipp

Der Mandant wird hier regelmäßig nur die unmittelbaren Rechtsfolgen erfragen. Darüber hinaus sollte möglichst schon jetzt eine aktive Beratung und Aufklärung erfolgen. Mangels genauer Kenntnis des Fahreignungsregisters und der Akte kann dies selbstverständlich nur unter Vorbehalt erfolgen.

 

Rz. 53

Auch wird zum Zeitpunkt des Erstgespräches die Erinnerung an die Begleitumstände noch frisch sein, weshalb Fragen auch hierzu veranlasst sind. Bestenfalls gibt es auch noch Beifahrer, welche über eigene Wahrnehmungen berichten können und als Zeugen fungieren. Eigene Ermittlungen diesbezüglich sind nicht nur erlaubt, sondern geboten, da die Zeugen ohne anwaltlichen Hinweis regelmäßig kein Gedächtnisprotokoll anfertigen werden und die Erinnerungen im weiteren zeitlichen Verlauf insoweit verloren gehen.

 

Rz. 54

 

Praxistipp

Dennoch sind die Auskünfte des Mandanten und Dritter subjektiv und die Angaben möglichst bei Erhalt der Ermittlungsakte zu überprüfen.

Denken Sie auch daran, dass sich die örtlichen Begebenheiten mit fortschreitender Zeit ändern können, bspw. Baustellen, beschädigte Beschilderungen, Baumschnitt vor Schildern, etc.

In einzelnen Fällen kann es durchaus angezeigt und verhältnismäßig sein, den Mandanten um die Anfertigung von Lichtbildern der Tatörtlichkeit zu bitten oder diese selbst anzufertigen.

Die Rechtsfolgen werden in den folgenden Kapiteln noch ausführlich besprochen (im Einzelnen: Rdn 175 ff.). Folgende Punkte sind für das erste klärende Mandantengespräch relevant und daher voranzustellen, zumal Mandanten nach eigener Erfahrung hierzu oft Fragen bzw. falsche Vorstellungen haben:

Im Bußgeldverfahren gilt gem. § 47 OWiG das Opportunitätsprinzip. Die Frage der Ahndung liegt jeweils im behördlichen und im richterlichen pflichtgemäßen Ermessen. Eine Abweichung von der Regelbuße wird jedoch nur in Ausnahmefällen erfolgen. Folglich ist stets zu prüfen, ob ein derartiger Fall vorliegt.
Die Punkteeintragung ins FAER folgt der Buße automatisch nach. Behörden und Gerichte können hierüber nicht entscheiden; allenfalls kann eine Reduzierung der Buße unter die Eintragungsgrenze von nunmehr 60 EUR eine Eintragung verhindern.
Das Punktesystem wurde reformiert. Eine Tilgungshemmung bei Neueintragungen findet nicht statt.
Die Tilgungsfrist für die jeweilige Eintragung läuft nach wie vor erst mit Rechtskraft der Entscheidung an, wirkt gleichzeitig aber auf den Tattag zurück. Insofern kann der aktuelle Punktestand nicht durch Rechtsmittel verzögert werden.[122]
Die Anordnung eines Fahrverbotes ist eine Regelfallentscheidung. Abweichungen hiervon können im Einzelfall geboten sein, jedoch wird hierfür ein hoher Darlegungs- und Begründungsaufwand verlangt. Der Mandant muss sich also nach anwaltlicher Beratung rechtzeitig um die erforderlichen Nachweise bemühen.
[122] Hingegen kann durch eine Verzögerung das Eingreifen einer Maßnahme (Ermahnung/Verwarnung/Entziehung) insbesondere bei mehreren laufenden Verfahren gesteuert werden – genauer hierzu Rdn 181 ff.

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