Pflicht des Arbeitnehmers zur Wahrung der Arbeitgeberinteressen

Außer seiner Arbeitspflicht trifft den Arbeitnehmer auch noch die Verpflichtung, im Rahmen des ihm Möglichen die auf den Betrieb bezogenen Interessen seines Arbeitgebers zu wahren. Allerdings darf er in diesem Zusammenhang auch seine eigenen Interessen berücksichtigen. Wann ist diese Treuepflicht verletzt?

Niemand möchte einen Arbeitnehmer beschäftigen, dem die Interessen seines Arbeitgebers gleichgültig sind. Daher besteht eine Treuepflicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber. 

Die Treuepflicht ist die Pflicht des Arbeitnehmers, seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen, seine Rechte so auszuüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen so zu wahren, wie dies von ihm nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann.


Ihre Rechtsgrundlagen sind insbesondere §§ 241 Abs. 2, 242, 666 BGB und 5 Abs. 1 EFZG.

Einzelne Treuepflichten des Arbeitnehmers

Diese Verpflichtung bringt eine Reihe von Einzelpflichten mit sich:

  • Der Arbeitnehmer hat z.B. eine voraussehbare Arbeitsverhinderung rechtzeitig anzuzeigen,
  • Auskunft und Rechenschaft über von ihm durchgeführte Arbeiten zu geben (§§ 259, 666 und 675 BGB)
  • oder Störungen und Schäden in seinem Arbeitsbereich anzuzeigen und zu beseitigen.

Eine besondere Unterstützungspflicht enthält § 16 ArbSchG. Danach haben die Beschäftigten dem Arbeitgeber oder zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit und jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.

Im Übrigen hängt der Umfang der Interessenwahrungspflicht von den Umständen des Einzelfalls ab. Er wird weitgehend durch die Position des Arbeitnehmers im Betrieb bestimmt.

Treuepflicht des Arbeitnehmers wächst mit der Position

Je gehobener die Stellung des Arbeitnehmers und je enger sein Verhältnis zum Arbeitgeber ist, desto größer ist das Maß seiner Verantwortung für den Betrieb, desto eher und schneller ist von ihm zu erwarten, dass er gefährdende Situationen erkennt und vom Arbeitgeber abwendet.

Anzeige- oder Hinweispflichten

Innerbetriebliche Nachlässigkeiten oder Verfehlungen von Arbeitskollegen, z.B. Unterschlagungen, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber anzuzeigen, wenn sie im Arbeitsbereich des Arbeitnehmers geschehen, der eingetretene Schaden besonders groß ist oder wenn Wiederholungsgefahr besteht.

Beispiel: Kaufmännische Angestellte eines Versorgungsunternehmens, die mit der Abrechnung mit den Kassierern betraut sind, haben den Arbeitgeber zu informieren, wenn sie Unterschlagungen eines Kassierers vermuten.

Beachtung des Gesundheitsschutzes

Die Pflicht zur Wahrung der Interessen des Arbeitgebers ist im Gesundheitsschutz durch § 15 ArbSchG geregelt. Die Beschäftigten haben insbesondere Maschinen, Geräte, Werkzeuge, Arbeitsstoffe, Transportmittel und sonstige Arbeitsmittel sowie Schutzvorrichtungen und die ihnen zur Verfügung gestellte persönliche Schutzausrüstung bestimmungsgemäß zu verwenden.

Ausgestaltung und Nachwirkung

Im Übrigen kann die Pflicht zur Wahrung berechtigter Arbeitgeberinteressen vertraglich oder, soweit sie einen kollektiven Bezug hat, in Betriebsvereinbarungen genauer ausgestaltet werden. Sie kann auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus nachwirken, z.B. bei Bezug von betrieblichem Altersruhegeld.

Grenzen der Treuepflicht des Arbeitnehmes

Allerdings geht die Pflicht zur Wahrung von Interessen des Arbeitgebers nicht so weit, dass sie den Arbeitnehmer hindert, in seiner Freizeit gefährliche Sportarten, z.B. Drachenfliegen, Fallschirmspringen oder Skifahren, auszuüben. Allerdings kann z.B. beim Kickboxen der Lohnfortzahlungsanspruch nach Unfällen entfallen.

Der Arbeitnehmer darf aber seine eigenen Interessen mit den gesetzlich zulässigen Mitteln zu fördern, z.B. durch die Forderung einer Lohnerhöhung unter Kündigungsandrohung.

Auch stellt es keine Treueverletzung dar, wenn der Arbeitnehmer, der sich selbständig machen will, noch während des Arbeitsverhältnisses die entsprechenden vorbereitenden Maßnahmen trifft oder seine Arbeitskollegen über seine Absicht, sich selbständig zu machen, unterrichten. Verboten ist ihm allerdings  eine planmäßige Abwerbung von Arbeitskollegen für den neuen Arbeitgeber.

Die Treuepflicht verbietet dem Arbeitnehmer also nicht, seine eigenen Interessen gegenüber dem Arbeitgeber wahrzunehmen, z. B. durch Klage vor dem Arbeitsgericht, Teilnahme an Streiks, Beitritt zur Gewerkschaft.

Verstöße gegen die Treuepflicht

Verletzt der Arbeitnehmer seine Treuepflicht, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen - je nach Schwere des Verstoßes von der Ermahnung über die Abmahnung bis zur (fristlosen) Kündigung und es kommen auch Schadensersatzforderungen in Betracht.


Weitere News zum Thema:

Wie weit geht das Drektionsrecht

Darf der Mitarbeiter das Personalgespräch wegen Krankheit absagen?

Arbeitsrecht: 10 Dinge, die Sie über Abmahnungen wissen sollten

Hintergrund:

Die Treuepflicht des Arbeitnehmers entspricht der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Sie ist eine Nebenpflicht im Arbeitsverhältnis und folgt aus dem personenrechtlichen Charakter des Arbeitsvertrags. Die Treuepflicht folgt aus der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, wie sie sich auch aus dem alle Schuldverhältnisse beherrschenden Grundsatz ergibt, dass der Schuldner die Leistung so zu bewirken hat, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dennoch geht sie weiter als die Arbeitspflicht, weil sie auch das Verhalten des Arbeitnehmers betrifft, das nicht unmittelbar mit der Arbeitsleistung zusammenhängt.

Schlagworte zum Thema:  Treuepflicht, Anzeigepflicht