Trotz Kita-Anspruch kein Ersatz privater Betreuungskosten
Gemäß § 24 SGB VIII muss für jedes Kind ab Vollendung des 1. Lebensjahres ein Platz in einer Kindertagesstätte verfügbar sein. Wird ein Kitaplatz dennoch nicht zur Verfügung gestellt, so kann gegebenenfalls ein Anspruch der Eltern auf Ersatz des hierdurch entstehenden finanziellen Schadens, z. B. in Form des Ersatzes der Kosten für eine anderweitige Betreuung entstehen. Nach einer aktuellen Entscheidung des LG Frankenthal setzt dieser Ersatzanspruch voraus, dass der Anspruch auf Zuweisung eines Kitaplatzes zunächst beim zuständigen VG geltend gemacht wurde.
Antrag auf Kitaplatz mit einem Jahr Vorlauf
Im entschiedenen Fall beantragten die Eltern nach der Geburt ihres Kindes im Mai 2020 noch im gleichen Monat die Zuweisung eines Kitaplatzes ab Mai 2021. Nach Erhalt der Anmeldebestätigung und der Ankündigung einer Rückmeldung durch die Stadt hörten die Eltern längere Zeit nichts. Erst Mitte des Jahres 2023 erhielten sie Bescheid, dass ihrem Kind ab September 2023, also mit einer Verzögerung von mehr als 2 Jahren ein Kitaplatz zugewiesen würde.
Tagesmütter statt Kita
In der Zwischenzeit hatten die Eltern ihr Kind in private Betreuung gegeben. Hierdurch waren Kosten für die Entlohnung verschiedener Tagesmütter entstanden. Die Beauftragung von Tagesmüttern war nach Angaben der Eltern erforderlich, da beide Ehepartner aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit auf eine Betreuung der Tochter angewiesen waren.
Einstweiliger Rechtsschutz vor dem VG möglich
Das LG wies die Klage der Mutter auf Ersatz der Betreuungskosten durch die Stadt ab. Zwar sehe das Gesetz einen Rechtsanspruch auf die Zurverfügungstellung eines Kitaplatzes vor. Komme die zuständige Gemeinde diesem Recht der Eltern nicht in angemessener Weise nach, so bestehe für die Eltern die Möglichkeit, ihren Anspruch auf einen Kitaplatz – gegebenenfalls in einem Eilverfahren – vor dem zuständigen VG durchzusetzen.
Kitaplatz ist primärer, Geldersatz sekundärer Anspruch
Das LG stellte sich auf den Standpunkt, der Anspruch auf Zurverfügungstellung eines Kitaplatzes sei der primäre Rechtsanspruch der Eltern. Deshalb müssten die Eltern diesen rechtlichen Primäranspruch auf Zuweisung eines Kitaplatzes als Erstes vor Gericht geltend machen. Erst wenn dieser Anspruch durch ein Gericht bestätigt sei und die Behörde den Anspruch dennoch nicht erfülle oder die Familie aus anderen Gründen trotz gerichtlicher Geltendmachung mit ihrem Rechtsanspruch nicht durchdringe, sei die Gemeinde zur Erstattung der infolge des fehlenden Kitaplatzes entstandenen Betreuungskosten verpflichtet.
Kein Wahlrecht der Eltern
Das Gericht legte Wert auf die Feststellung, dass das Gesetz ein Wahlrecht der Eltern zwischen einer Klage auf Durchsetzung ihres Kitaanspruches und dem Ersatz entstehender Betreuungskosten nicht vorsehe. Für die Entscheidung über den Anspruch auf Ersatz der Betreuungskosten seien dann auch nicht die Zivilgerichte, sondern die Verwaltungsgerichte zuständig.
Klage auf Kostenersatz abgewiesen
Im Ergebnis blieb der Klage der Mutter auf Ersatz der entstandenen Betreuungskosten damit der Erfolg versagt.
(LG Frankenthal, Urteil v. 19.9.2024, 3 O 313/23)
Hintergrund:
Der Rechtsanspruch auf Zuweisung eines Kitaplatzes gemäß § 24 SGB VIII besteht unabhängig von der Beschäftigungssituation und den Einkommensverhältnissen der Eltern. Ein Anspruch auf einen Platz in der Wunschkita besteht nicht. Die Gemeinde ist aber zur Bereitstellung eines wohnortnahen Kitaplatzes verpflichtet, d.h. in einer Entfernung von höchstens 5 km zur elterlichen Wohnung. Außerdem muss die Kita mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von 30 Minuten erreichbar sein. Der Grundanspruch besteht für eine Betreuungszeit von 20 Stunden pro Woche. Je nach Beschäftigungsumfang der Eltern kann eine Betreuung bis zu 45 Stunden verlangt werden. Den Kitaplatz müssen die Eltern selbständig suchen. War die Suche erfolglos, können das Jugendamt und in letzter Konsequenz das zuständige VG eingeschaltet werden.
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