BAG öffnet den Weg zur digitalen Gehaltsabrechnung

Das BAG hat in einem Grundsatzurteil das Tor zur Erstellung von Personaldokumenten in digitaler Form für Arbeitgeber weit geöffnet und digitale Gehaltsabrechnungen grundsätzlich als zulässig angesehen. Allerdings muss der Arbeitgeber die berechtigten Interessen seiner Arbeitnehmer beachten und diesen gegebenenfalls sowohl die Einsichtnahme als auch einen Ausdruck des Gehaltsdokuments im Betrieb ermöglichen.
Edeka-Verkäuferin klagt auf Gehaltsabrechnung als Papierdokument
Eine Edeka-Verkäuferin hatte ihren Arbeitgeber arbeitsgerichtlich auf Erstellung ihrer Gehaltsabrechnungen in Papierform verklagt. Für den Konzernverbund von Edeka existiert eine Betriebsvereinbarung mit dem Konzernbetriebsrat über die Unterhaltung eines digitalen Mitarbeiterpostfachs. Über dieses digitale Postfach werden über ein externes Unternehmen sämtliche Personaldokumente, darunter auch die Gehaltsabrechnung, für die Beschäftigten bereitgestellt. Die Mitarbeiter können über ihr persönliches Passwort die Daten abrufen, die sie betreffen. Seit März 2022 stellte Edeka den Mitarbeitern auf Grundlage dieser Betriebsvereinbarung Gehaltsabrechnungen nur noch elektronisch zur Verfügung.
Die Vorinstanz entschied zugunsten der Klägerin
Die Klägerin vertrat die Auffassung, der Arbeitgeber sei verpflichtet, ihr die Gehaltsabrechnung konventionell in Papierform zu übermitteln, weil sie ihr Einverständnis zur digitalen Erstellung der Gehaltsabrechnung nicht gegeben hatte. Das LAG teilte diese Auffassung. Entgeltabrechnungen seien zugangsbedürftige Erklärungen, die der Arbeitgeber in den unmittelbaren Zugriffsbereich der Mitarbeiter überstellen müsse.
Gesetzliches Textformerfordernis für Entgeltabrechnung
Das BAG sah dies anders und stellte in seiner Entscheidung auf die Vorschrift des § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ab. Danach sind Abrechnungen in Textform zu erstellen. Nach Auffassung des BAG wird eine digital zum Download bereitgestellte Gehaltsabrechnung dem Textformerfordernis gerecht. Die gesetzlich vorgesehene Textform erfordere im Gegensatz zu einem gesetzlichen Schriftformerfordernis gerade keine Übergabe eines Papierdokuments. Bei dem Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Entgeltabrechnung handle es sich um eine Holschuld, die der Arbeitgeber grundsätzlich durch Zurverfügungstellung der Abrechnung in einem elektronischen Mitarbeiterpostfach erfüllen könne.
Berechtigte Arbeitnehmerinteressen müssen gewahrt werden
Das BAG schränkte allerdings ein, dass der Arbeitgeber bei der Wahl der Form der Zurverfügungstellung der monatlichen Entgeltabrechnungen die Interessen der Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen habe. Dies betreffe auch die berechtigten Interessen solcher Mitarbeiter, die in ihrem Privathaushalt nicht über die Möglichkeit eines Online-Zugriffs verfügen. Insoweit bestehe die Verpflichtung des Arbeitgebers, diesen Mitarbeitern sowohl die Einsichtnahme als auch einen Ausdruck ihrer Gehaltsabrechnung im Betrieb in Papierform zu ermöglichen.
Vorinstanz muss Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats klären
Im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Interessen der Arbeitnehmer unterliegt die Art und Weise der Zurverfügungstellung der Gehaltsabrechnung nach der Entscheidung des BAG
grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrates. Im konkreten Fall beruhe die digitale Form der Gehaltsabrechnung auf einer Vereinbarung mit dem Konzernbetriebsrat. Insoweit vermisste das BAG Feststellungen der Vorinstanz zur Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats. Klärungsbedürftig sei die Frage, ob im konkreten Fall eine Vereinbarung über ein digitales Mitarbeiterpostfach zur Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats gehört oder ob die Einzelbetriebsräte zuständig sind. Zur Klärung dieser Frage und zur erneuten Entscheidung hat das BAG den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen.
(BAG, Urteil v. 28.1.2025, 9 AZR 487/24).
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