BAG-Urteil: Equal-Pay von Männern und Frauen

Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen auf Grund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert es nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte unlängst über die Klage einer Arbeitnehmerin zu entscheiden, mit der diese die Zahlung von Differenzbeträgen zum Gehalt ihres männlichen Kollegen geltend machte, der zeitgleich mit ihr eingestellt worden war, sowie auch die Zahlung einer angemessenen Entschädigung für die erfolgte Ungleichbehandlung.

Höheres Arbeitsentgelt mit Mann vereinbart

Die Klägerin war seit dem 1.3.2017 bei der Beklagten als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Ihr einzelvertraglich vereinbartes Grundentgelt betrug 3.500 EUR brutto. Daneben waren als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb der Beklagten auch noch zwei männliche Kollegen tätig, einer von ihnen seit dem 1.1.2017. Auch diesem bot die Beklagte zunächst ein Grundentgelt in Höhe von 3.500 EUR an, welches der Arbeitnehmer jedoch ablehnte. Stattdessen verlangte er für die Zeit bis zum Einsetzen einer zusätzlichen leistungsabhängigen Vergütung (für die Zeit bis zum 31.10.2017) die Zahlung eines Grundentgelts in Höhe von 4.500 EUR brutto. Die Beklagte gab dieser Forderung nach.

Gehaltserhöhung nur für männlichen Kollegen

Nachdem die Beklagte dem männlichen Kollegen in der Zeit von November 2017 bis Juni 2018 ein Grundentgelt ebenfalls nur in Höhe von 3.500 EUR brutto gezahlt hatte, vereinbarte sie mit diesem mit Wirkung ab dem 1.7.2018 eine Erhöhung des Grundentgelts auf 4.000 EUR brutto. Die Klägerin erhielt weiterhin ein Grundentgelt in Höhe von 3.500 EUR brutto.

Ungleiches Arbeitsentgelt auch nach neuem Eingruppierungssystem

Ab dem 1.8.2018 richtete sich die Vergütung sodann nach einem Haustarifvertrag, der u. a. die Einführung eines neuen Eingruppierungssystems regelte. Die für die Tätigkeit der Klägerin maßgebliche Entgeltgruppe sah insoweit ein tarifliches Grundentgelt in Höhe von 4.140 EUR brutto vor. Unter Berufung auf eine gleichfalls im Haustarifvertrag vorgesehene jährliche Höchstanpassungsgrenze um nicht mehr als 120 EUR brutto in den Jahren 2018 bis 2020 (Deckelungsregelung) zahlte die Beklagte der Klägerin sodann ab dem 1.8.2018 ein tarifliches Grundentgelt in Höhe von 3.620 EUR brutto, das in jährlichen Schritten weiter angehoben werden sollte. Der männliche Kollege erhielt demgegenüber in derselben Entgeltgruppe unter Anwendung der Deckungsregelung ein tarifliches Grundentgelt in Höhe von 4.120 EUR brutto.

Klägerin: Gleiches Entgelt für gleiche Arbeit

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung rückständiger Vergütung für die Zeit von März bis Oktober 2017 in Höhe von monatlich 1.000 EUR brutto, für den Monat Juli 2018 in Höhe von 500 EUR brutto sowie für die Zeit von August 2018 bis Juli 2019 in Höhe von monatlich 500 EUR brutto sowie die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Höhe von mindestens 6.000 EUR. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.

BAG: Klägerin hat Anspruch auf gleiches Entgelt

Die Revision der Kläger vor dem BAG hatte ganz überwiegend Erfolg. Das BAG stellte in seiner Entscheidung fest, die Beklagte habe die Klägerin in der Zeit von März bis Oktober 2017 sowie im Juli 2018 auf Grund ihres Geschlechts benachteiligt. Obgleich die Klägerin und der männliche Kollege gleiche Arbeit verrichteten, habe die Beklagte ihr ein niedrigeres Grundentgelt gezahlt als dem männlichen Kollegen. Die Klägerin habe deshalb einen Anspruch nach Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege. Für den Zeitraum ab dem 1.8.2018 ergebe sich der höhere Entgeltanspruch bereits aus dem Tarifvertrag. Die tarifliche „Deckelungsregelung“ finde keine Anwendung, weil die Klägerin zuvor kein tarifliches, sondern ein einzelvertraglich vereinbartes Entgelt erhalten habe.

Das BAG verurteilte die Beklagte zudem zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 2.000 EUR an die Klägerin.

Vermutung der Entgeltbenachteiligung nicht widerlegt

Der Umstand, dass die Klägerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten habe als ihr männlicher Kollege begründe, so das BAG, nach § 22 AGG die Vermutung, die Benachteiligung sei auf Grund des Geschlechts erfolgt.

Der Beklagte sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. Insbesondere könne sich die Beklagte für den Zeitraum von März bis Oktober 2017 nicht mit Erfolg darauf berufen, das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen beruhe auf dem Umstand, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe. Für den Monat 2018 könne die Beklagte die Vermutung der Entgeltbenachteiligung auf Grund des Geschlechts zudem nicht mit der von der Beklagten vorgebrachten Begründung widerlegen, der Arbeitnehmer sei einer besser vergüteten ausgeschiedenen Arbeitnehmerin nachgefolgt.

Fazit:

Welche Auswirkungen das Urteil in der Praxis konkret haben wird, wird sich zeigen. Feststehen dürfte jedoch bereits heute, dass der bloße Hinweis darauf, der andere habe „eben besser verhandelt“, zur Begründung unterschiedlicher Entgelte nicht mehr ausreichend sein wird.

(BAG v. 16.01.2023, 8 AZR 450/21)

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