Bei einem sog. Share Deal erwirbt der Käufer Unternehmensanteile zu einem vertraglich vereinbarten Kaufpreis, der insbesondere bei nicht notierten Anteilen regelmäßig aus einer Unternehmensbewertung abgeleitet wird. Im handelsrechtlichen Jahresabschluss des Käufers sind die Anteile im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung zu aktivieren und gem. § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten. Zu den Anschaffungskosten gehören der Anschaffungspreis ggf. korrigiert um Anschaffungspreisänderungen, die Anschaffungsnebenkosten und die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB). Die i. R. e. Share Deals erworbenen Anteile sind also regelmäßig mit dem vereinbarten Kaufpreis zu bewerten (siehe Schubert/Gadek, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 51).

In der Praxis ist gelegentlich (und insbesondere derzeit) zu beobachten, dass bei einem Share Deal ein sog. negativer Kaufpreis vereinbart wird. Dies bedeutet, dass der Käufer nicht nur die Unternehmensanteile, sondern – zusätzlich – einen Geldbetrag vom Verkäufer erhält (= Zuzahlung). Dies kommt i. d. R. dann vor, wenn für die Beteiligung, deren Anteile Gegenstand des Share Deals sind, negative Ertragserwartungen bestehen und sie ggf. darüber hinaus ein negatives Eigenkapital aufweist; es sei denn, dass (ausnahmsweise) ein günstiger Gelegenheitskauf vorliegt.

Aus Sicht des Käufers ist fraglich, wie der Erwerb der Unternehmensanteile und die erhaltene Zuzahlung handelsrechtlich abzubilden sind.

 
Hinweis

Negative Kaufpreise treten nicht zwingend im Zusammenhang mit einem Share Deal auf, sondern sind auch im Zusammenhang mit dem Erwerb anderer Vermögensgegenstände (z. B. eines Grundstücks) zu beobachten. In diesen Fällen gelten die hier gemachten Ausführungen analog.

Nach dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz HGB) sind Anschaffungsvorgänge erfolgsneutral abzubilden. Denn der Zugang von Vermögensgegenständen führt grundsätzlich zu einer ergebnisneutralen Vermögensumschichtung i. H. d. Anschaffungskosten (siehe BFH, Urteil v. 26.4.2006, I R 49, 50/04, DStR 2006, S. 1313; Schubert/Gadek, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 20).

Anschaffungskosten sind gem. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben, soweit diese Aufwendungen dem Vermögensgegenstand einzeln zuordenbar sind. Sofern der Käufer neben den Unternehmensanteilen auch noch eine Zuzahlung vom Verkäufer erhält, wendet er indes nichts auf, um die Unternehmensanteile zu erwerben. Dem Käufer entstehen mithin keine Anschaffungskosten i. S. v. § 255 Abs. 1 HGB. Vielmehr erzielt der Käufer infolge der Zuzahlung einen Anschaffungs"ertrag". Der BFH hat indes entschieden, dass auch in einem solchen Fall der Grundsatz der Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen zu beachten ist und im Zugangszeitpunkt kein Anschaffungsgewinn entstehen darf (so BFH, Urteil v. 26.4.2006, I R 49, 50/04, DStR 2006, S. 1314; so auch Schubert/Gadek, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 20, 27).

 
Hinweis

Kernaussage

Auch bei Erwerben zu einem negativen Kaufpreis ist der Grundsatz der Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen zu wahren, sodass sich die Erfassung eines Erwerbsgewinns im Zugangszeitpunkt beim Käufer verbietet.

Um den Erwerb der Unternehmensanteile und den Erhalt der Zuzahlung aus Sicht des Käufers erfolgsneutral abbilden zu können, müssten die Anteile entweder mit negativen Anschaffungskosten i. H. d. erhaltenen Zuzahlung passiviert werden (1. Alternative)

 
Per Bank an Anteile/Beteiligung

oder die erhaltene Zuzahlung wird durch die Bildung eines Passivpostens neutralisiert (2. Alternative). In diesem Fall würden die Anteile lediglich in das Inventar aufgenommen und hätten einen Buchwert von Null.

 
Per Bank an Passiver Ausgleichsposten

Negative Anschaffungskosten

Die Passivierung negativer Anschaffungskosten (1. Alternative) ist vom Wortlaut des § 255 Abs. 1 HGB mangels Vorliegen von Aufwendungen nicht gedeckt und wird auch vom BFH – u. E. zutreffend – abgelehnt (siehe BFH, Urteil v. 26.4.2006, I R 49, 50/04, DStR 2006, S. 1314 m. w. N.; gl. A. Schubert/Gadek, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 27).

Passiver Ausgleichsposten bzw. ertragswirksame Vereinnahmung

Der passive Ausgleichsposten (2. Alternative) wiederum erfüllt nicht die Anforderungen, die das Gesetz an die Bildung einer Verbindlichkeit, einer Rückstellung oder eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens stellt (siehe Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 – 2000, § 255 HGB Rz. 295). Auch eine Analogie zu einem passiven Unterschiedsbetrag gem. § 301 Abs. 3 Satz 1 HGB scheidet aus, da sich i. R. d. Share Deals – anders als beim Asset Deal – keine Differenz zwischen dem (niedrigeren) Kaufpreis und dem (höheren) beizulegenden Zeitwert einer Sachgesamtheit ergibt. Da für die handelsbilan...

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