Xing: Vom Business-Netzwerk zum Jobnetzwerk

Vom Business-Netzwerk zum Jobnetzwerk: Xing erlebt große Veränderungen, zu denen die neue B2B-Marke Onlyfy by Xing und die Talent-Acquisition-Plattform Onlyfy One gehören. Wie unterstützt diese beim Recruting? Was haben die Mitglieder zu erwarten? Antworten gibt der Markenverantwortliche Uwe Habicher.

Personalmagazin: Eine Marke war auf der ZP Europe 2022 nicht zu übersehen: Onlyfy. Was ist das? 

Uwe Habicher: Onlyfy ist die neue Marke aus der New Work SE, unter der wir unser gesamtes Portfolio an Recruiting-Lösungen zusammengeführt haben. Das Geschäftsfeld ist mittlerweile so wichtig geworden, dass es für uns alternativlos war, eine dezidierte B2B-Recruiting-Marke aufzubauen. Denn Recruiting wird immer mehr vom Corporate Service zum strategischen Erfolgsfaktor. Wir wissen zum Beispiel, dass für 65 Prozent der Unternehmen der Fachkräftemangel das größte wirtschaftliche Risiko ist. Das ist relativ neu. Das heißt für die Praxis, dass es wichtig ist, stark auf effiziente Prozesse zu achten und zu schauen, dass man offene Stellen mit passenden Talenten möglichst schnell besetzen kann. Wir glauben, dass es immer stärker in die Richtung gehen muss, "Perfect Matches" zu finden. 

Personalmagazin: Was verstehen Sie darunter? 

Habicher: Der Lebenslauf ist natürlich weiterhin relevant für Unternehmen Aber dazu kommen Aspekte wie Kultur, Purpose und Arbeitsmodelle des Arbeitgebers, die passen müssen, ansonsten unterschreiben Talente nichts. Diesem Anspruch wollen wir mit Onlyfy folgen – was schon der Name aussagt. Es geht um "The One and Only": Nicht nur Leute ins Unternehmen holen, weil der Lebenslauf passt und man den Haken setzen kann.

Auch "Simplify" ist enthalten. Diese Komponente ist uns sehr wichtig, weil wir als Zielgruppe auch mittlere und kleine Firmen haben, in denen vor allem HR-Generalisten arbeiten. Dort wird etwas benötigt, das auf Knopfdruck und total einfach funktioniert. Mir persönlich ist darüber hinaus wichtig, dass wir mit der Marke etwas Farbe und Liebe im Markt versprühen. Das Recruiting ist noch sehr trocken und technokratisch, aber es geht ja nicht nur um Rationalität. 

Veränderter Arbeitsmarkt erfordert neue Recruiting-Strategien

Personalmagazin: Wie kann ich das ganz konkret im Recruiting einsetzen? 

Habicher: Das klassische "Post and Pray" funktioniert nicht mehr, weil der Arbeitsmarkt auch nicht mehr funktioniert wie früher. Unternehmen müssen aktiver werden. Sie brauchen vielschichtige Recruiting-Strategien mit Stellenausschreibungen, Active Sourcing, Social-Media-Recruiting, Employer Branding – alles unter einer exzellenten Candidate Experience – sowie effiziente Prozesse. Wenn das Unternehmen die Stellenbeschreibung finalisiert hat, schlägt das Tool in Echtzeit Talente aus dem Xing-Netzwerk vor, die von den Skills bestmöglich passen und tendenziell wechselwillig sind. Diese kann es sofort ansprechen. Hierbei kann es auf vorgefertigte Textbausteine zurückgreifen.

Mit Onlyfy One kann der Recruiter die Stellen ausschreiben – auf dem Xing-Stellenmarkt und rund 900 weiteren Jobplattformen mithilfe von Multiposting. Dazu kommt eine integrierte Social-Media-Anbindung, mit der man die Jobs auf Social Media mit smartem Targeting publik machen kann. Und es besteht die Möglichkeit, den kompletten Bewerberdialog über Whatsapp zu führen. So haben wir alles, was wichtig ist, unter einer Oberfläche gebündelt und stellen eine intuitiv bedienbare Lösung zur Verfügung.

Das klassische 'Post and Pray' funktioniert im Recruiting nicht mehr, weil der Arbeitsmarkt auch nicht mehr funktioniert wie früher." – Uwe Habicher


Personalmagazin: Können Unternehmen auch nur Teile des Pakets nutzen? 

Habicher: Ja, über Onlyfy One hinaus können wie gewohnt auch einzelne Punktlösungen eingesetzt werden. So kann man mit dem Onlyfy Talentmanager Active Sourcing betreiben. Mit diesem kann das Unternehmen auf über 21 Millionen Xing-Mitglieder zugreifen und schnell Talente finden, die über die benötigten Skills und Qualifikationen verfügen. Auch unsere Stellenanzeigen können gebucht werden – übrigens jetzt mit einer optimierten Reichweite. Und es gibt die Employer-Branding-Lösung von Kununu.

Zeitersparnis als wichtigter Faktor

Personalmagazin: Was sagen die ersten Nutzerinnen und Nutzer dazu?

Habicher: Wir haben die Produktentwicklung zusammen mit einigen Pilotkunden vorgenommen: Just Spices, Waterdrop, Snipes, Holmes Place und KG Media Factory. Das sind keine Großunternehmen, sondern Firmen, denen eine Zeitersparnis im Recruiting wichtig ist. Die Zeiteinsparung durch eine intuitive Lösung, die alles unter einer Oberfläche hat, kam daher besonders gut an. Ein zweiter Effekt: Einige sagten, dass die Candidate Experience sich verbessert habe, weil sie sich nicht so lange mit dem Tool herumschlagen mussten, sondern mehr Zeit hatten, sich auf die Gespräche vorzubereiten. 

Personalmagazin: Candidate Experience ist ein gutes Stichwort: Wie vermeiden Sie, dass die Xing-Mitglieder nicht mit Jobangeboten überhäuft werden?

Habicher: Das wollen wir vor allem dadurch garantieren, dass wir über eine hohe Datenqualität nur relevante Dialoge ermöglichen. Wir wissen sehr viel über unsere Mitglieder auf der Plattform. Wir kennen die Skills, die Arbeitgeber, die Vorlieben und die Wechselbereitschaft. Wir wissen auch ziemlich genau, was die Unternehmen haben wollen, weil wir nicht nur die Stellen kennen, sondern auch die Kununu-Profile. Das heißt, wir sind in der Lage, uns auf relevante Empfehlungen zu fokussieren und nicht mit der Gießkanne zu arbeiten. Im Endeffekt passiert es sehr selten, dass Leute sich darüber beschweren, dass sie zu viele relevante Jobangebote bekommen. Wenn sie sich beschweren, dann weil sie zu viel bekommen, was nicht passt. 

Für uns lautet die Frage: Wie schaffen wir es, als Begleiter im Berufsleben für unsere Mitglieder relevant zu bleiben." – Uwe Habicher, Markenverantwortlicher für Onlyfy


Personalmagazin: Der Grundpfeiler von Onlyfy sind die Xing-Mitglieder. Was tun Sie, um diese auf der Plattform zu halten?

Habicher: Für uns lautet die Frage: Wie schaffen wir es, als Begleiter im Berufsleben für unsere Mitglieder relevant zu bleiben? Einmal im Jahr führen wir mit der Forsa die Wechselwilligkeitsstudie durch. Anfang 2022 hat diese ergeben, dass sich 37 Prozent der Erwerbstätigen zumindest mit einem Jobwechsel auseinandersetzen. Gleichzeitig haben 86 Prozent dieser Menschen noch keine Schritte eingeleitet und keinen Plan, was sie tun wollen. Wir glauben deshalb, dass wir im Themenfeld "Hilfestellung bei der beruflichen Orientierung" an Relevanz gewinnen und unseren Talenten helfen können, sich klar zu werden, wo ihr Weg hingehen kann, welche Unternehmen zu ihnen passen. 

E-Learning als weiteres Themenfeld

Personalmagazin: Gehören dazu in Zukunft mehr Lernangebote?

Habicher: Ja. Wir wollen unsere Mitglieder stärker bei der Weiterentwicklung unterstützen. Dafür werden wir ein umfangreiches E-Learning-Angebot veröffentlichen. Wir werden auch Features wie Karrierepfad-Empfehlungen zur Verfügung stellen, weil wir sehr viele Matching-Daten haben: Welche Unternehmen passen zu welchen Profilen? Das Ganze werden wir mit hochwertigem Content unterstützen. So können wir ein rundes Paket schnüren, das uns noch klarer als Begleiter im Berufsleben positioniert. 

Personalmagazin: Heißt das: Xing ist mitten auf dem Weg vom Business-Netzwerk zu einem Jobnetzwerk? Dazu passt ja auch, dass der Event-Markt Anfang 2023 eingestellt werden soll.

Habicher: Nicht nur ein Schritt, sondern viele Schritte führen zum Jobnetzwerk. Wir fangen ja nicht bei Null an. Schon seit fast zwei Jahrzehnten wird auf Xing oder früher Open BC über Jobs gesprochen und es werden Jobangebote unterbreitet. Die Herausforderung für uns ist jetzt, bei den vielen Dingen, die wir tun könnten, um unseren Talenten zu helfen, herauszufinden, was für sie den größten Impact hat und für sie die größte Relevanz bietet. Da sind wir, wie ich glaube, mit unseren Themenfeldern wie Weiterentwicklung und Learning sehr gut aufgestellt.


Dieses Interview ist erschienen in Personalmagazin Ausgabe 12/2022. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.


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