Auf Slack und Co. neue Talente finden
Kommunikationstechnologien bewegen sich seit jeher in einem regen Wechselverhältnis zwischen kommerzieller und nicht-kommerzieller, beruflicher und privater Nutzung – soweit sich diese Kategorien in die Geschichte zurückprojizieren lassen. Angefangen beim Boten, der Nachrichten in mündlicher Form überbringt, über die Brieftaube, den Telegrafen und bis in die Jetztzeit mit ihrer digitalen Vernetztheit, entstehen diese Technologien zweckgebunden und in der Neuzeit eng verbunden mit der gesellschaftlichen Entwicklung. Erst wenn sie sich allmählich durchsetzen und ihre Nutzungskosten sinken, erweitert sich der Nutzerkreis.
Gleichzeitig wirkt sich die private Nutzung wieder auf kommerzielle Anwendungen aus. Instant Messaging, geboren aus den Chatrooms des frühen Internets, erlebte seinen Siegeszug vor allem durch private Nutzerinnen und Nutzer. Heute machen Plattformen und (berufliche) soziale Netzwerke mit Messaging-Funktionen der E-Mail ihre jahrzehntelange Vorherrschaft streitig.
Recruiting per Whatsapp, Slack und Co.
In Zeiten von Work-Life-Blending und Remote Work existieren bei den Kommunikationskanälen kaum noch Grenzen zwischen Beruf und Privatleben. Unternehmen setzen für die Suche nach raren Talenten immer häufiger diejenigen Kanäle ein, die potenzielle Mitarbeitende privat nutzen. Längst werben selbst kleine Betriebe mit der Bewerbung über Whatsapp.
Das gilt in einem immer diverseren Online-Raum, der unsere immer vielfältigere Gesellschaft widerspiegelt, umso mehr. Ob privat geführte Slack- oder Discord-Gruppen für den beruflichen Austausch, beruflich genutzte Telegram-Kanäle, Communitys auf sozialen Netzwerken, in denen zum Beispiel Entwicklerinnen und Entwickler ihrer Begeisterung für E-Sports Ausdruck verleihen: Die Vielfalt der möglichen Kanäle bietet zahlreiche Chancen, Talente zu finden, stellt jedoch auch eine große Herausforderung dar. Nicht immer sind Externe in diesen Communitys willkommen. Eine Ausnahme bilden die wachsenden Business-Communitys, die sich immer mehr auch zu Räumen entwickeln, in denen auf informelle Weise nach Jobs gesucht wird und Stellen besetzt werden. Doch wie funktioniert das Recruiting über diese Kanäle und wie findet man die passenden Kanäle für die gesuchten Profile?
Netzwerke als informelle Jobbörsen
Die Funktion beruflicher Netzwerke als informelle Jobbörse, jenseits der dedizierten Karriereplattformen, ergibt sich quasi von selbst: Ein Mitglied sucht nach einer beruflichen Veränderung, ein anderes braucht dringend neue Mitarbeitende mit einer spezifischen Qualifikation. Durch den Multiplikatoreffekt dauert es selten lange, bis beide Seiten zusammenfinden. Geeignete Kandidatinnen und Kandidaten können so durchaus schneller gefunden werden, als eine klassische Stellenanzeige überhaupt aufgesetzt werden kann. Daneben bieten die Kanäle auch für Jobsuchende Vorteile, denn sie sind ein schneller Weg zum Ziel – und ein ungefilterter Eindruck aus dem Innenleben des potenziellen Arbeitgebers. Ein wichtiger Faktor dabei sind die persönlichen Empfehlungen, generiert aus der Schwarmintelligenz der Community, die Algorithmen nur schwer toppen können. Dazu werden nicht selten gleich Referenzen mitgeliefert und ein Mitglied verbürgt sich für das andere.
Wie Arbeitgeber Netzwerke richtig nutzen
Um solche Plattformen sinnvoll in die Recruiting-Strategie einzubinden, müssen die für die jeweiligen Profile relevanten Kanäle zunächst identifiziert werden. Das können zum einen solche sein, die im Unternehmen ohnehin schon vorhanden sind, oder externe Plattformen, auf denen die gesuchten Zielgruppen unterwegs sind. Wichtig ist, dass es bei dieser Strategie nicht darum geht, Stellenanzeigen in den sozialen Netzwerken zu teilen, sondern darum, direkt mit den Personen ins Gespräch zu kommen, aktiv an der Community teilzuhaben und durch den informellen Ansatz einen neuen, unkomplizierten Bewerbungsprozess zu realisieren.
So findet man die passende Community
Die Suche nach der passenden Community gleicht dem Fahren per Anhalter, allerdings nicht nonstop mit dem gleichen Auto, sondern mit mehreren Mitfahrgelegenheiten. Sofern man in einem Bereich bei null anfängt, kann ein guter Anfangspunkt eine offene Frage an Menschen aus der Community sein: Hi, ich bin neu hier und könnte deine Hilfe gebrauchen. Wo kann ich mehr über deine Community lernen? Von dort aus steigt man von einem ins nächste Auto um, bis man in einem vielversprechenden Kanal angekommen ist, der zum anvisierten Ziel führt.
Soziale Netzwerke gibt es für viele Bereiche und manchmal nimmt man sie gar nicht als solche wahr: So lassen sich zum Beispiel Product Designer im Netzwerk Polyworks finden und ansprechen, Spezialistinnen und Spezialisten für Machine Learning bei Googles Kaggle, oder Grafikdesignerinnen und -designer auf Behance oder 99designs. Auch Plattformen wie Github oder spezialisierte Blogs, auf denen Wissen und Materialien geteilt werden, stellen soziale Netzwerke dar, auf denen sich Kandidatinnen und Kandidaten finden lassen. Das Entscheidende ist, sich als respektvoller Gast zu verhalten, der mit einer Bitte an die Community herantritt und nicht andersherum.
Wie Berufs-Communitys funktionieren: Slack als Recruiting-Kanal
Fassen wir also zusammen: Spezialisierte Online Communitys sind ideale Orte, um Menschen und ihr Verhältnis zu ihrer Arbeit kennenzulernen. So werden die Personen als Teil der Community erlebbar und es lässt sich herausfinden, was ihnen wichtig ist.
Slack wird von Teams meist dafür genutzt, miteinander zu kommunizieren oder schnell Dateien zu teilen. Noch wissen die Wenigsten, dass sich hier auch übergeordnete Gruppen zu verschiedenen Themenbereichen bilden. Dies sind vornehmlich fachspezifische, moderierte Gruppen, in denen ein reger Austausch über Unternehmensgrenzen hinweg stattfindet. So kann das Scouting innerhalb der Gruppen für eine bestimmte Stelle vorgenommen werden – zum Beispiel auch durch eine offene Frage innerhalb einer Gruppe.
Slack nimmt durch den möglichen Brückenschlag zwischen Arbeitskommunikation und weiteren Gruppen für Berufs-Communitys eine besondere Rolle ein. Auch im deutschsprachigen Raum entstehen immer mehr berufliche Gemeinschaften, die sich über Slack organisieren, zum Beispiel im Greentech- oder Blockchain-Bereich. In letzterem ist auch die ursprünglich vor allem für Gaming-Communitys gedachte Plattform Discord sehr beliebt.
Tiktok und Instagram für das Recruiting nutzen
Neben Messaging-Plattformen eignen sich auch Content-Plattformen wie Tiktok oder Instagram für das Recruiting, wenn sie richtig eingesetzt werden. Denn auch hier teilen und thematisieren Menschen berufliche Inhalte. Wer sich durch die passenden Hashtags navigiert, den richtigen Leuten folgt und den Algorithmus gut trainiert, ist vielleicht nur eine Direktnachricht von dem nächsten "Superstar" für das eigene Unternehmen entfernt.
Eine Community lebt vom Nehmen und Geben, deshalb sollten Unternehmen unbedingt überlegen, wie sie einen Beitrag leisten können. Das kann auch die Beteiligung an der allgemeinen Diskussion in dem entsprechenden Slack- oder Discordchannel sein, oder das Bereitstellen von Code auf Github. Warum nicht mal für ein Event Shirts ausgeben, die Pizza sponsern oder bei der Suche nach geeigneten Speakerinnen und Speakern helfen? Das gilt umso mehr für Unternehmen, die noch einen Schritt weitergehen und eine eigene Community aufbauen wollen. Nur wer gibt, kann auch nach einem Gefallen fragen.
Die Plattform muss zum Unternehmen und Job passen
Prinzipiell bietet die Einbindung der genannten Plattformen ein hohes, noch ungenutztes Potenzial. Allerdings sollte der Aufwand geprüft und in eine übergeordnete Recruiting-Strategie eingebunden werden. Auch sollte die Auswahl der Plattformen zum Unternehmen und zur Kommunikation der Teams passen, damit Kandidatinnen und Kandidaten später nicht enttäuscht sind, weil nur der Bewerbungsprozess unkompliziert war. Überspitzt formuliert: Wer in einem Online-Game auf ein Jobangebot angesprochen wird, der erwartet möglicherweise auch eine monatliche Lan-Party, gesponsert durch den potenziellen Arbeitgeber.
Der Weg zum erfolgreichen Sourcing
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Personalerinnen und Personaler darauf vertrauen sollten, dass sie am Ende ihr Ziel auch erreichen – erfolgreiche Sourcer auf denjenigen Plattformen zu werden, wo ihre Zielgruppe unterwegs ist. Es gilt, irgendwo anzufangen und stets dazuzulernen. Der Weg ist hier das Ziel: Je besser ich die Community verstehe, desto besser werde ich Kandidatinnen und Kandidaten identifizieren, ansprechen und überzeugen können. Die genannten Plattformen machen es sehr leicht, Talente zu entdecken, sobald man verstanden hat wie man dort navigiert. Letztlich wird jedoch nur eine hochindividuelle Ansprache zum gewünschten Erfolg führen – nur wer sein Gegenüber versteht, wird sich vom Grundrauschen abheben können.
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