Haufe HR Online-Konferenz: Wie HR Aufbruchstimmung erzeugt

Die erste HR Online-Konferenz von Haufe am 3. Juni 2025 drehte sich um das Thema "Aufbruch Deutschland". In Vorträgen, Interviews und einem Podium beleuchtete das neue Format, wie HR in unterschiedlichen Bereichen Engagement für Veränderung ermöglichen. Das kam an: Die Veranstalter verzeichneten 5.000 Anmeldungen. 

Paris Saint-Germain hat mit großer Überlegenheit die Champions League gewonnen – 5:0 gegen Inter Mailand. War das ein Sieg des Kollektivs über die Stars? Das wollte der Herausgeber des Personalmagazins Reiner Straub von Christian Streich wissen. "Es ist kein Prinzip, dass es ohne Superstars besser geht", sagte der frühere Cheftrainer des SC Freiburg. "Es kommt darauf an, wie man sie integriert." Wer spielt? Wer nicht? Wie erklärt es der Trainer? Entscheidend sei die Kommunikation und eine realistische Einschätzung der Mannschaft. So rief Christian Streich etwa den Klassenerhalt als Saisonziel aus. "Das ist keine Schwäche."

Plädoyer für situative Führung

Auf die Frage, ob er eher einen transformativen, kooperativen oder autoritären Führungsstil pflege, ordnete sich der Erfolgstrainer vielmehr beim situativen Führungsstil ein. Fußballprofis seien ehrgeizig, aber verschieden. Manche äußern sich vorsichtiger, andere offensiver. Wer laut aufspielt, verliert mehr, wenn er auf der Bank sitzt. Darauf gelte es unterschiedlich zu reagieren. Profispieler wollen laut Streich gefordert werden. Gleichzeitig müsse der Trainer darauf achten, dass sie nach kurzfristigen Erfolgen nicht abheben. "Die müssen das Gefühl haben, dass ich sie mag." Die Kunst: empathisch sein, aber nicht zu sehr. "Man hat nur eine begrenzte empathische Ressource."

Wer Spieler erzählen lasse, könne verstehen, wie sie denken und wie sie mit Druck oder Ängsten umgehen. Auf der Basis lassen sich gemeinsam Lösungen finden, Tipps geben. Den Ansatz beobachte er auch bei anderen Trainern. Die Führungskultur im Fußball habe sich verändert, sei weniger hierarchisch, stärker demokratisch geworden. Der Grund: "Die ganz großen Erfolge schaffst du nicht mit Angst, sondern mit dem Gefühl von Freiheit." Das Learning, auch für den Unternehmenskontext: Je mehr Freiheit, desto mehr Verantwortung müssen die einzelnen für das große Ganze tragen – eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung großer Persönlichkeiten.

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Angst vor KI nehmen

Angst vor Jobverlust durch Künstliche Intelligenz treibt gerade viele Beschäftigte um – besonders jene, die noch kaum damit gearbeitet haben. Podiumsgast Dr. Roscoe Araujo erzählte, wie er das ändern will. Der Transformationsmanager von Covestro treibt den Einsatz von KI im Personalbereich voran und koordiniert zugleich den konzernweiten Rollout. Für ihn sind Führungskräfte, Multiplikatoren und KI Intrapreneure die entscheidenden Treiber des Wandels. Ein Projekt unter seiner Leitung: ein KI-Coach, der Mitarbeitende individuell unterstützt – etwa bei heiklen Gesprächen. "Das ersetzt kein menschliches Coaching", sagt Araujo. "Aber das ist teuer und meist dem oberen Management vorbehalten.“

"HR muss als Sparringspartner Vertrauen schaffen", forderte Verena Fink von der Beratung Woodpecker Finch. Sie mahnte kritisches Hinterfragen der Tools an – auch wenn sie Verhaltensmuster erkennen, die Erfolg versprechen, was in Recruiting und Talentmanagement nützlich ist. Doch "Toptalente von heute lösen nicht zwingend die Aufgaben von morgen." Zudem könne man Einflussfaktoren übersehen, etwa die Unterstützung für Toptalente im obersten Management. Der Beraterin begegnet auch viel Angst auf Arbeitgeberseite: vor hohen Investitionen, Bürokratie durch den AI Act der EU oder Konflikten mit Betriebsräten, die Überwachung und Datenmissbrauch fürchten. "Wer jetzt nicht den Aufwand in Kauf nimmt, kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen", so die Beraterin. Jetzt gelte: "Einfach machen, loslegen."

Aufbruch hat viele Gesichter

Andernorts bewegt sich der Aufbruch auf einem anderen Niveau – etwa bei der Bundesagentur für Arbeit. Wie Katrin Krömer, Vorständin für Ressourcen, berichtete, arbeitet die Behörde noch mit Papierakten. Digitalisierung bedeutet also beispielsweise die Einführung der digitalen Personalakte. Zudem etabliert sie bei der BA das Business-Partner-Modell als neues HR-Betriebssystem. Eine zentrale Herausforderung: der demografische Wandel sowie der wachsende Bedarf an Up- und Reskilling in den eigenen Reihen sowie in den Arbeitsagenturen und Jobcenter. Die BA zentralisiert deshalb die Personaladministration, setzt einheitliche Qualitätsstandards, schafft Produktcenter mit Ende-zu-Ende-Verantwortung – und differenzierte Business-Partner-Rollen je Führungsebene. Einige Maßnahmen greifen erst 2027, wenn die Digitalisierung die nötige organisatorische Reife bringt. Langfristig will Krömer die Zahl der Mitarbeitenden organisch senken. "Wir hatten Nachholbedarf", räumt sie ein. Nun aber sei man auf einem guten Weg – trotz mancher Reibung, wie sie in jedem Veränderungsprozess auftrete.

Was der Koalitionsvertrag bringt

Dr. Peter H.M. Rambach, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, bereitete die Teilnehmenden der HR-Online-Konferenz in seinem Vortrag auf die kommenden arbeitsrechtlichen Änderungen vor. Aus dem Koalitionsvertrags filterte er fünf zentrale Punkte zum Thema Arbeitsrecht heraus: Mindestlohn, Arbeitszeit und deren Dokumentation, Befristungsrecht, Anreize für Mehrarbeit und Gleichstellung. "Meine Prognose: 15 Euro gibt's nicht als Mindestlohn", so Rambach meinungsstark wie gewohnt. Denn das würde eine Tarifeskalation auslösen. Etwa im TVÖD, wo derzeit viele Beschäftigtengruppen unter dieser Schwelle liegen. Die Verdienstgrenze im Minijob müsste auf 650 Euro steigen, denn sie ist an den Mindestlohn gekoppelt.

Den geplanten Wegfall der Schriftform bei Befristungen begrüßte Rambach ausdrücklich. Eine wöchentliche statt einer täglichen Arbeitszeiterfassung nach EU-Recht hält er für zulässig und als Instrument zur Flexibilisierung für sinnvoll. Skepsis äußerte er hingegen bei den geplanten Anreizen für Mehrarbeit. Ein Überstundenzuschlag, der faktisch nur Vollzeitkräfte betrifft? Könnte gegen das AGG verstoßen – und Teilzeitbeschäftigte, vor allem viele Frauen, benachteiligen. Und zur vermeintlich "bürokratiearmen" Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie sagte er trocken: "Bürokratiearm ist ein Modewort, da gibt es wenig Spielraum."

Faule Deutsche? Mit intelligentem Arbeiten gegen Scheindebatten

Was Deutschlands Aufbruch bremst, sind laut Guido Zander Scheindebatten – etwa die um angeblich faule Deutsche. Der Berater widersprach der Forderung von Friedrich Merz und anderen, die Deutschen müssten mehr arbeiten. Insgesamt sei die Arbeitszeit sei gestiegen, weil mehr Frauen in Teilzeit berufstätig sind. Auch hohe Fehlzeiten seien oft statistisch erklärbar. Dass etwa zehn Prozent gelegentlich krankfeiern, hält Zander für normal. Unternehmen sollten allerdings krasse Einzelfälle nicht dulden, sonst drohe eine Kultur des Blaumachens. "Die Deutschen sind nicht fauler als andere. Aber um unseren Wohlstand zu halten, brauchen wir mehr Produktivität." Andere Länder holten auf – etwa beim Einsatz von KI. Sein Credo: "nicht mehr arbeiten, nicht weniger – aber intelligenter."

"Fehlende Leistungsfähigkeit ist einfacher zu kompensieren als fehlende Leistungsbereitschaft", meinte der Autor und Speaker Janis McDavid. Dass Menschen mit Behinderung weniger leisten, sei eines der großen Vorurteile und Grund dafür, dass die Inklusion von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt so schleppend vorankomme. Aus eigener Erfahrung weiß McDavid: Menschen mit Behinderung werden oft nicht gefragt, was sie können, sondern was sie nicht können. Er rät, offen mit Bewerberinnen und Bewerbern zu klären, ob eine Behinderung überhaupt relevant ist. "Das A und O ist Begegnung." Man solle Formate dafür schaffen – niederschwellig, lange vor dem Bewerbungsgespräch. Barrierefreiheit sei zwar Voraussetzung, aber an Fördermöglichkeiten mangle es nicht. "Man muss nicht auf den Gesetzgeber warten. Unternehmen können längst handeln."


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