Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersvorsorgung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Alterversorgung durch den Arbeitgeber ist wirksam, sofern lediglich von den Arbeitnehmer noch nicht erdiente Zuwachsraten entfallen und eine wirtschaftlich ungünstige Entwicklung des Unternehmens der Grund für die Kündigung ist.

2. Eine Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung wirkt nach Ablauf nicht nach, sofern der Arbeitgeber im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Auslaufen der Kündigungfrist keine vergleichbare betriebsverfassungsrechtliche Neuregelung anstrebt.

3. Zur Wirksamkeitsvoraussetzung der Mitbestimmung bei Einführung einer neuen Vergütungsordnung.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 5-6, § 87

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 27.03.2008; Aktenzeichen 38 Ca 15787/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.02.2011; Aktenzeichen 3 AZR 964/08)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27.03.2008 – 38 Ca 15787/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin auf Einzahlung von Beiträgen durch die Beklagten in eine bei einer Unterstützungskasse zugunsten der Klägerin eingerichtete betriebliche Altersversorgung.

Der Beklagte zu 1) war bis zum 29.10.2007 Träger des Gemeinschaftskrankenhauses H.. Er hatte dieses Krankenhaus zum 01.01.1995 vom Land Berlin als einen ehemaligen Teilbetrieb des Krankenhauses S. übernommen, ca. 460 Arbeitnehmer waren von dem Betriebsübergang betroffen gewesen. Am 29.10.2007 wurde das Gemeinschaftskrankenhaus H. auf die Beklagte zu 2) nach dem Umwandlungsgesetz ausgegliedert. Derzeit beschäftigt die Beklagte zu 2) in dem Gemeinschaftskrankenhaus H. 530 Mitarbeiter.

In den Arbeitsverträgen der vom Land Berlin übernommenen Mitarbeiter befand sich eine Verweisungsklausel auf den BAT und weitere Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Mit Mitarbeitern, die der Beklagte zu 1) seit dem 01.01.1995 einstellte, schloss der Beklagte zu 1) Arbeitsverträge ab, die auf die Allgemeinen Vertragsrichtlinien des Deutschen P. W. (AVR DPW) verwiesen.

Mit dem Datum vom 01.01.1995 vereinbarte der Beklagte zu 1) mit der G.-Versicherung die Leistungspläne I und II für eine betriebliche Zusatzversorgung, welche Versorgungsregelungen für die vor dem 01.01.1995 eingestellten Mitarbeiter (Leistungsplan I) und für die danach eingestellten Mitarbeiter (Leistungsplan II) vorsahen. Die Mitarbeiter nach dem Leistungsplan II hatten seit Dezember 1997 die Wahl zwischen einer Versorgung durch die G.-Versicherung und die Ha. Versicherung.

Am 29.03.2000 schloss der Beklagte zu 1) mit dem bei ihm gebildeten Betriebsrat die „Betriebsvereinbarung über die Betriebliche Zusatzversorgung” (Bl. 10 f. d. A.). Hierin wurde zwischen den ab dem 01.01.1995 und den zuvor eingestellten Mitarbeitern differenziert. Für die Mitarbeiter mit einem Diensteintritt ab dem 01.01.1995 war vorgesehen, dass 4,8 % des jeweiligen monatlichen versorgungsberechtigten Einkommens für die Finanzierung der Zusatzversorgung zur Verfügung gestellt würden.

Mit Arbeitsvertrag vom 15.05.2000 (Bl. 7 ff. d. A.) wurde die Klägerin am 15.05.2000 von dem Beklagten zu 1) als Krankenschwester im Stationsdienst eingestellt. Ziffer 7 ihres Arbeitsvertrages lautet:

7. Zusätzliche Altersversorgung

Der Krankenhaus-Trägerverein hat für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine zusätzliche Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung eingerichtet, in die Sie aufgenommen werden.

Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages erhielt die Klägerin von dem Beklagten zu 1) ein Informationsschreiben zur zusätzlichen betrieblichen Altersversorgung (Bl. 97 ff. d. A.). Darin heißt es u.a.:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Krankenhausleitung hat gemeinsam mit dem Betriebsrat die Einführung einer betrieblichen Zusatzversorgung für die Mitarbeiter beschlossen, die nach dem 01.01.1995 ihr Arbeitsverhältnis im Krankenhaus begonnen haben.

Auf einem zugleich überreichten Formular erklärte die Klägerin am 19.05.2000, sich für eine Versorgung über die G.-Versicherung zu entscheiden (Bl. 102 d. A.).

Am 20.10.2003 schloss der Beklagte zu 1) mit dem Betriebsrat die „Betriebsvereinbarung über ein spezifisches Vergütungssteigerungsmodell im Gemeinschaftskrankenhaus H. für die Jahre 2003 und 2004”, welche für die Mitarbeiter galt, die einen Arbeitsvertrag nach den Bestimmungen der AVR DPW abgeschlossen hatten und am 31.01.2005 ohne Nachwirkung endete (Bl. 281 ff. d. A.).

Mit am 20.07.2006 zugegangenem Schreiben an den Betriebsrat vom 19.07.2006 kündigte der Beklagte zu 1) die Betriebsvereinbarung über die betriebliche Zusatzversorgung vom 29.03.2000 nebst Änderungsvereinbarung vom 08.02.2002 zum 20.10.2006. Unter anderem heißt es in diesem Schreiben:

„Zugleich bieten wir dem Betriebsrat an, eine geänderte Betriebsvereinbarung zu schließen. Diese hat den gleichen Wortla...

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