Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzversorgung. Ablösung durch Betriebsvereinbarung. Tarifliche Bezugnahmeklausel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung einer formularvertraglichen Bezugnahmeklausel auf tarifliche Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst des Landes Berlin, wenn das Arbeitsverhältnis auf einen privaten Arbeitgeber übergeht.

2. Schafft der Übernehmer für einige Jahre eine wertgleiche Zusatzversorgung und stellt diese später wieder ein, lebt der vertragliche Anspruch des übernommenen Arbeitnehmers nach Beendigung des anderen Durchführungsweges wieder auf.

3. Der vertragliche Verschaffungsanspruch des Arbeitnehmers aus der Bezugnahmeklausel wird jedenfalls dann nicht nach den Regeln der umstrukturierenden Betriebsvereinbarung auf Dauer abgelöst, wenn die am Betriebsübergang beteiligten Vertragspartner in einem Personalüberleitungsvertrag vereinbaren, dass der Übernehmer eine der VBL gleichwertige Versorgung der übernommenen Arbeitnehmer sicherstellt.

 

Normenkette

BGB § 613a Abs. 1; BetrVG § 77 Abs. 5-6

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 18.01.2008; Aktenzeichen 54 Ca 13318/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.02.2011; Aktenzeichen 3 AZR 54/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18.01.2008 – 54 Ca 13318/07 – abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Kläger zum Zeitpunkt des Renteneintritts bzw. des Versorgungsfalls eine Versorgung zu verschaffen, wie sie zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes in Berlin (West) gelten wird.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 2).

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2., ihm eine Zusatzversorgung wie im öffentlichen Dienst des Landes Berlin (West) zu verschaffen, hilfsweise über seinen Anspruch gegen die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2., Zahlungen für ihn an die G. Unterstützungskasse nach der bisherigen Altersversorgung bei den Beklagten zu zahlen und äußerst hilfsweise über seinen Anspruch gegen die Beklagte zu 2., ihm eine Versorgungsleistung zu verschaffen, die er erhalten würde, wenn die Beklagte zu 2. über den 20.10.2006 hinaus weitere Beiträge nach dem Leistungsplan I an die G. Unterstützungskasse gezahlt hätte.

Der am … 1952 geborene Kläger ist seit dem 15.05.1993 auf der Basis des Arbeitsvertrages vom 13.05.1993 beim Lande Berlin in dessen Krankenhaus Sp., seit einem Betriebsteilübergang gem. § 613 a Abs. 1 BGB zum 01.01.1995 bei der Beklagten zu 1., der Trägerin des Gemeinschaftskrankenhauses H., und seit dem 29.10.2007 nach einer Ausgliederung gemäß dem Umwandlungsgesetz bei der Beklagten zu 2. als Pflegehelfer tätig.

Im Arbeitsvertrag des Klägers vom 13.05.1993, auf dessen Inhalt Bl. 389 und 390 d. A. Bezug genommen wird, heißt es u. a. in § 3:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die mit dem Lande Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten Anwendung. Für die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung sind die Bestimmungen des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) vom 4. November 1966 in seiner jeweiligen Fassung sowie die an die Stelle dieser Tarifverträge tretenden Bestimmungen maßgebend.”

Zum Teilbetriebsübergang des Krankenhauses vom Land Berlin auf die Beklagte zu 1. schlossen das Land Berlin und die Beklagte zu 1. einen Personalüberleitungsvertrag vom 28.12.1994, auf dessen Inhalt Bl. 17 – 22 d. A. Bezug genommen wird, in dessen § 13 es heißt:

„Der Träger wird mindestens eine der VBL-Absicherung gleichwertige Alters- und Hinterbliebenenversorgung sicherstellen.”

Dem Personalüberleitungsvertrag und dem Teilbetriebsübergang waren vorausgegangen Verhandlungen der Beklagten zu 1. mit dem damaligen Personalrat des Krankenhauses Sp., dem Land Berlin und der Gewerkschaft ÖTV, u. a. auch über die Fortführung der betrieblichen Altersversorgung für die übergehenden Arbeitsverhältnisse.

Am 1. Januar 1995 vereinbarte die Beklagte zu 1. mit der G. Unterstützungskasse zwei Leistungspläne für eine zu errichtende Unterstützungskasse der Beklagten zu 1., die u. a. mit ihrem Leistungsplan I für solche Mitarbeiter wie den Kläger, die am 31.12.1994 in einem Arbeitsverhältnis gestanden hatten und mit Teilbetriebsübergang auf die Beklagte zu 1. übergegangen waren, versorgungsrechtliche Zusatzleistungen erbringen sollte. Der Kläger wurde mit mehreren Schreiben über diese Entwicklung unterrichtet und ihm wurde mitgeteilt, dass am 19.06.1995 die Unterstützun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge