Rz. 2

Nach § 109a BetrVG besteht eine Pflicht des Unternehmers zur direkten Unterrichtung des Betriebsrats in wirtschaftlichen Angelegenheiten. In Unternehmen, "in denen kein Wirtschaftsausschuss besteht", hat der Unternehmer den Betriebsrat demnach entsprechend § 106 Abs. 1 und 2 BetrVG im Falle einer beabsichtigten Unternehmensübernahme mit Kontrollerwerb zu beteiligen.

 

Rz. 3

Haben Betriebsrat bzw. Gesamtbetriebsrat in Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern entgegen der zwingenden Vorschrift des § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG pflichtwidrig einen Wirtschaftsausschuss nicht gebildet, ist § 109a BetrVG nach überwiegender Auffassung nicht anwendbar. Es ist nicht Sinn und Zweck der Vorschrift, dem Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat, der sich vorsätzlich nicht gesetzmäßig verhält, zusätzliche Rechte einzuräumen.[1]

 

Rz. 4

Unklar ist, ob mit "Betriebsrat" ein etwaiger Gesamtbetriebsrat oder alle im Unternehmen gebildeten Betriebsräte gemeint sind. In Unternehmen mit nur einem Betrieb ist der für diesen Betrieb gebildete Betriebsrat zu informieren. Wurde in Unternehmen mit mehreren Betrieben ein Gesamtbetriebsrat gebildet, ist dieser zu unterrichten, § 50 BetrVG. Die Frage der Übernahme des Unternehmens betrifft in aller Regel das gesamte Unternehmen und kann nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden. Ist in einem solchen Unternehmen dagegen kein Gesamtbetriebsrat gebildet, bleibt nach der gesetzlichen Regelung letztlich offen, ob (vorsorglich) alle örtlichen Betriebsräte informiert werden müssen oder die Information unterbleibt, weil das Gremium mit dem Informationsanspruch nicht gebildet wurde.

 
Hinweis

Im Regelfall hat der Unternehmer den Gesamtbetriebsrat oder in Unternehmen mit nur einem Betrieb den Betriebsrat zu unterrichten. Wurde entgegen § 47 Abs. 1 BetrVG kein Gesamtbetriebsrat errichtet, sollten die örtlichen Betriebsräte vorsorglich beteiligt werden.

 

Rz. 5

Die Informationspflicht gilt auch im Falle des § 109a BetrVG nur, soweit die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens nicht gefährdet werden.[2]

 

Rz. 6

Der teilweise vertretenen Ansicht[3], dass § 109a BetrVG nur in Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern zur Anwendung kommen kann, wenn Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat entgegen der zwingenden Vorschrift des § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einen Wirtschaftsausschuss nicht gebildet haben, kann nicht gefolgt werden. Die Ansicht widerspricht der Zielsetzung des Gesetzgebers, der ja ausdrücklich die Geltung des § 109a BetrVG in den Unternehmen vorsieht, in denen kein Wirtschaftsausschuss besteht.[4] Der Gesetzgeber bezweckte mit der Einführung des § 109a BetrVG gerade die Ausdehnung der Informationspflicht auch auf Kleinunternehmen, um dem schützenswerten Interesse der Belegschaft an der Information über den Erwerb wesentlicher Anteile durch Investoren Rechnung zu tragen.

[1] A. A., allerdings ohne Begründung Fitting, § 109a Rz. 5; DKKW/Däubler, § 109a Rz. 1; vgl. zur Gesamtproblematik auch Hey/Clasmann, BB 2015, 3061.
[2] BT-Drucks. 16/7438 S. 15.
[3] Vgl. z. B. Löwisch, Erfasst das Risikobegrenzungsgesetz auch Kleinunternehmen?, DB 2008, 2834.
[4] Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 109a BetrVG, BT-Drucks. 16/7438.

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