Rz. 18

Für die Zeit der Arbeitsversäumnis hat das Betriebsratsmitglied den Anspruch auf Fortzahlung seines Arbeitsentgelts. Anspruchsnorm ist insoweit weiterhin der Arbeitsvertrag (§ 611 Abs. 1 BGB.)[1]. Da nicht die Betriebsratstätigkeit als solche vergütet wird, wandelt sich der vertragliche sowie ggf. der tarifliche Entgeltanspruch nicht in einen gesetzlichen Ersatzanspruch um (BAG, Urteil v. 8.9.2010, 7 AZR 513/09[2]).

 

Rz. 19

Soweit die Arbeitsleistung nicht erbracht wird, genügt nicht eine ordnungsgemäße Abmeldung, sondern notwendig ist, dass das Betriebsratsmitglied während der Arbeitsbefreiung Betriebsratsaufgaben erledigt hat, für deren Wahrnehmung es die Inanspruchnahme der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitgebers für notwendig halten durfte. Für das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen ist das Betriebsratsmitglied darlegungs- und beweispflichtig (BAG, Urteil v. 15.3.1995, 7 AZR 643/94[3]), auch wenn er bei der Abmeldung selbst keine Stichworte seiner Betriebsratstätigkeit benennen muss. Im Ergebnis wird der Arbeitnehmer daher diese Anhaltspunkte schon bei der Abmeldung von sich aus geben.

 
Praxis-Beispiel

Zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt gehören auch Sachleistungen und Deputate (vgl. BAG, Urteil v. 23.6.2004, 7 AZR 514/03, ein Dienstwagen also nur, wenn er auch privat genutzt werden durfte BAG, Urteil v. 25.2.2009, 7 AZR 954/07).

 

Rz. 20

Soweit der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht, sind die Bezüge zu zahlen, die es erhalten hätte, wenn es während dieser Zeit gearbeitet hätte; es gilt das Lohnausfallprinzip. Weitergezahlt wird nur das aufgrund des Arbeitsverhältnisses geschuldete Arbeitsentgelt. Dabei ist auf das tatsächlich geschuldete Entgelt und nicht auf das bislang gezahlte Entgelt abzustellen, wenn etwa bisher nach der falschen Vergütungsgruppe entlohnt wurde (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 17.12.2009, 10 Sa 509/09).Wird ein Betriebsratsmitglied regelmäßig über die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung hinaus zu weiteren Arbeitseinsätzen herangezogen, ist während der Teilnahme an Betriebsratsschulungen das Entgelt auch für die ausgefallenen zusätzlichen Arbeitseinsätze fortzuzahlen (BAG, Urteil v. 3.12.1997, 7 AZR 490/93[4]). Beruht das weiterzuleistende Entgelt auf einer tarifvertraglichen Grundlage, sind hierfür allerdings tarifvertragliche Ausschlussfristen anwendbar (BAG, Urteil v. 8.9.2010, 7 AZR 513/09[5]).

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitgeber ist dagegen nicht verpflichtet, den Ausfall eines Entgelts, das von ihm nicht geschuldet wird, zu ersetzen, z. B. ein Trinkgeld, das dem Bedienungspersonal in Gaststätten von den Gästen freiwillig gegeben wird (BAG, Urteil v. 28.6.1995, 7 AZR 1001/94[6]).

Erhält der Arbeitnehmer ein zeitbezogenes Arbeitsentgelt (Monatsgehalt, Wochenlohn), so ist die Berechnung einfach: Die Zeit der Versäumnis wird wie Arbeitszeit behandelt. Soweit Zulagen auf die Erbringung der Arbeitsleistung abstellen, sind sie weiterzuzahlen, z. B. Schwerarbeiter- oder Schmutzzulagen. Ebenso sind Überstunden und Nachtarbeit, die ein Arbeitnehmer wegen seiner Amtstätigkeit nicht erbringen kann, mit dem besonderen, auf sie entfallenden Entgeltsatz zu vergüten (BAG, Urteil v. 7.2.1985, 6 AZR 72/82). Geht allerdings ein Betriebsratsmitglied außerhalb der Nachtarbeitsstunden seiner Betriebsratstätigkeit nach, hat es nach § 37 Abs. 2 BetrVG keinen Anspruch auf Gewährung von Nachtarbeitszuschlägen, wenn es vor der Amtsübernahme Nachtarbeit geleistet hat und sein Arbeitsbeginn anlässlich der Amtsübernahme einvernehmlich auf den Zeitraum außerhalb der festgelegten Nachtarbeitsstunden verschoben wurde, denn der Verlust des Nachtarbeitszuschlags beruht nicht auf der Freistellung, sondern auf der im Einvernehmen mit dem Betriebsratsmitglied vorgenommenen Verschiebung von dessen Arbeitszeit (BAG, Urteil v. 18.5.2016, 7 AZR 491/14[7]).

Bei Akkordarbeit kann dagegen die Berechnung des Verdienstes Schwierigkeiten bereiten, da er nicht allein von der Zeit abhängig ist. Hier ist, soweit feststellbar, die Bezahlung des zuletzt verdienten Akkordlohns zugrunde zu legen, weil bei ihr die Berechnung dem konkreten Lohnausfall am nächsten kommt; die Zugrundelegung des Durchschnittsverdienstes aller Akkordarbeitnehmer kommt nur hilfsweise in Betracht.[8] Auch bei anderen leistungs- oder erfolgsbezogenen Zahlungen kann die Festsetzung schwierig sein. Gegebenenfalls hat der Arbeitsrichter hier eine größere Freiheit, die Summe analog § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen.

 

Rz. 21

Vereinbarungen über die Festsetzung des Lohns sind nur insoweit zulässig, als sie lediglich eine rechnerische Erleichterung, aber nicht eine Lohngarantie darstellen. Bei allzu großen Abweichungen ist freilich Vorsicht geboten. Die Einigung muss eine gutgläubige Schätzung des gesetzlichen Anspruchs wiedergeben.

 

Rz. 22

Weil die arbeitsvertraglich (oder tarifvertraglich) geschuldete Vergütung den materiell-rechtlichen Grund für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach Abs. 2 darstellt, teilt letzterer das Sch...

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