1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bestimmungen des § 13 KSchG enthalten Regelungen in Bezug auf bestimmte Sonderfälle von Kündigungen und haben den Charakter von Anwendbarkeits- und Verweisnormen:

 

Rz. 2

Während sich die §§ 1 ff. KSchG – wie auch dem Gegenschluss zu § 13 Abs. 1 Satz 1 KSchG zu entnehmen ist – auf die ordentliche Kündigung beziehen, enthält § 13 Abs. 1 KSchG Regelungen zum einen über die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung (Satz 2) und zum anderen über die Voraussetzungen der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Fall einer außerordentlichen Kündigung (Sätze 3 bis 5). Abs. 2 betrifft die Voraussetzungen der gerichtlichen Auflösung im Falle einer sittenwidrigen Kündigung. Abs. 3 bestimmt die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit im Falle einer "aus anderen Gründen" als der Sozialwidrigkeit unwirksamen Kündigung und schließt die Anwendbarkeit der §§ 1 bis 14 KSchG mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 KSchG aus.

 

Rz. 3

Wie das KSchG im Übrigen, so betrifft auch § 13 KSchG lediglich von dem Arbeitgeber erklärte Kündigungen.[1]

[1] Für Abs. 1: APS/Biebl, 6. Aufl. 2021, § 13 KSchG, Rz. 9; HaKo-KSchG/Gieseler, 7. Aufl. 2021, § 13 KSchG, Rz. 6.

2 Außerordentliche Kündigung (Abs. 1)

 

Rz. 4

Abs. 1 enthält keine materiellen Regelungen über das Recht zur außerordentlichen Kündigung, denn nach Abs. 1 Satz 1 bleiben "die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung", also insbesondere die Bestimmungen des § 626 BGB, aber auch andere Vorschriften (wie etwa § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG im Fall eines Ausbildungsverhältnisses), unberührt.

 

Rz. 5

Abs. 1 gilt außer für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses auch für die eines Berufsausbildungsverhältnisses.[1]

[1] HWK/Thies, Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2022, § 13 KSchG, Rz. 3, allerdings ohne die Möglichkeit eines Auflösungsantrags nach § 13 Abs. 1 Satz 3, BAG, Urteil v. 29.4.1984, 2 AZR 354/83, DB 1985, 2515; siehe auch Rz. 7.

2.1 Anwendungsbereich

 

Rz. 6

Abs. 1 betrifft die "außerordentliche Kündigung". Dies ist i. d. R. eine Kündigung aus wichtigem Grund (vgl. § 626 BGB, § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG, § 64 Abs. 1 SeemG), die das Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht auf Kündigungsfristen, also meist – aber nichts stets (soziale Auslauffrist) – fristlos, beenden soll. Die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund muss für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei den Willen des Erklärenden erkennen lassen, von einer besonderen Kündigungsbefugnis, wie etwa der nach § 626 BGB, Gebrauch zu machen.[1] Erfasst sind daher auch Kündigungen aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist.[2]

 

Rz. 7

Der Begriff der außerordentlichen Kündigung i. S. v. Abs. 1 meint nicht nur die Beendigungs-, sondern auch die außerordentliche Änderungskündigung.[3] Zwar verweist Abs. 1 Satz 2 lediglich auf § 4 Satz 1 KSchG und nicht (auch) auf dessen Satz 2, der die Änderungskündigung betrifft; andererseits nimmt Abs. 1 den § 7 KSchG insgesamt in Bezug, der in seinem 2. Halbsatz auch den Vorbehalt nach § 2 KSchG bei der Änderungskündigung betrifft. Bei dem Verweis in Abs. 1 Satz 2 lediglich auf Satz 1 des § 4 KSchG liegt eine planwidrige Regelungslücke vor[4], denn nach der gesetzgeberischen Absicht soll für alle Fälle der Rechtsunwirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung eine einheitliche Klagefrist gelten[5], also auch im Fall einer Änderungskündigung.

Eine Kündigung nach § 113 InsO ist keine außerordentliche Kündigung, sondern eine ordentliche mit besonderer Kündigungsfrist[6], sodass § 13 KSchG auf die Kündigung nach § 113 InsO keine Anwendung findet[7].

Auch ist eine Kündigung nach § 22 Abs. 1 BBiG keine außerordentliche, sondern eine ordentliche Kündigung ohne Geltung einer Kündigungsfrist.[8] Allerdings finden die Regelungen im KSchG zur ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber auf Auszubildende keine Anwendung, denn nach Ablauf der Probezeit kann der Ausbildende das Ausbildungsverhältnis aufgrund der Spezialvorschrift des § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nur aus wichtigem Grund kündigen, und auch § 628 Abs. 2 BGB ist auf Auszubildende nicht anwendbar, weil § 23 Abs. 1 BBiG die speziellere Vorschrift ist.[9] Gleichwohl findet über § 10 Abs. 2 BBiG die Vorschrift des § 13 KSchG auch auf den Berufsausbildungsvertrag Anwendung, sodass z. B. auch die Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses aus wichtigem Grund nach § 22 Abs. 3 BBiG i. d. R. innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG geltend zu machen ist.[10]

 

Rz. 8

Unterschiedlich wurde beurteilt, ob Abs. 1 bereits vor Vollendung der gesetzlichen Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) gilt mit der Folge, dass der während der Wartezeit gekündigte Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit (auch) der außerordentlichen Kündigung innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG geltend zu machen hat. Die ältere Rechtsprechung verneinte dies.[11])

Dies ist durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt m.W.z. 1.1.2004, aber auch durch die Änderung des BAG[12] unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung[13] überholt. Der Arbeitnehmer, der die Unwirksamkeit der außero...

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