Rz. 141

Die Kündigung ist von der einen Vertragspartei gegenüber der anderen Vertragspartei zu erklären. Obwohl die Kündigung höchstpersönlicher Natur ist, ist eine Stellvertretung grds. nicht ausgeschlossen, es sei denn, laut Vertrag ist die Kündigung den Vertragsparteien selbst (insbesondere dem Arbeitgeber persönlich) vorbehalten.

 

Rz. 142

Wirksame Stellvertretung setzt gem. § 164 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB voraus, dass ein Dritter mit Vertretungsmacht im Namen der Partei des Arbeitsvertrags handelt. Kein Fall der Stellvertretung liegt vor, wenn der Insolvenz-, Zwangs- oder Nachlassverwalter oder der Testamentsvollstrecker das Rechtsgeschäft vornimmt. Diese Verwalter fremder Vermögen sind Träger eines Amtes (und im Prozess Parteien kraft Amtes), die aus eigenem Recht und im eigenen Namen auftreten. Die Eigenkündigung des Arbeitnehmers muss der Partei kraft Amtes gegenüber erklärt werden.[1]

[1] Vgl. BAG, Urteil v. 20.6.2013, 6 AZR 805/11 sowie HaKo-KSchG/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, Einleitung, Rz. 84 zur Kündigung gegenüber dem Insolvenzverwalter.

1.2.4.1 Gesetzliche Vertretung bei natürlichen Personen

 

Rz. 143

Wer geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig ist, wird durch seinen gesetzlichen Vertreter vertreten (Eltern, vom Vormundschafts- oder Nachlassgericht bestellter Vormund, Betreuer oder Pfleger).

 

Rz. 144

Gem. §§ 104 Nr. 2, 105 BGB ist die Kündigung unwirksam, wenn der Erklärende bei Abgabe geistig gestört und damit geschäftsunfähig ist. Wird der Erklärende nach Abgabe geschäftsunfähig, hat dies auf die Wirksamkeit der Willenserklärung keinen Einfluss (vgl. § 130 Abs. 2 BGB).

 

Rz. 145

Gem. §§ 2, 107, 111 BGB ist die Kündigung unwirksam, wenn der Erklärende minderjährig ist und nicht über die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters verfügt bzw. diese nicht in Schriftform (§ 126 BGB) vorlegt und der Erklärungsempfänger die Kündigung deshalb unverzüglich (§ 121 BGB) zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vertreter den anderen von der Einwilligung in Kenntnis gesetzt hatte.

 

Rz. 146

Gem. § 112 BGB ist der minderjährige Arbeitgeber, der durch seinen gesetzlichen Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zum selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt wurde, unbeschränkt geschäftsfähig für solche Rechtsgeschäfte, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt, also insbesondere für Kündigungen gegenüber seinen Arbeitnehmern.[1] Ausgenommen sind solche Rechtsgeschäfte, zu denen der Vertreter die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts benötigt. Die Ermächtigung kann von dem Vertreter nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurückgenommen werden.

 

Rz. 147

Ist die Kündigungserklärung des Arbeitgebers nach diesen Vorschriften unwirksam, kann dieser Mangel nicht durch Ablauf der Klagefrist gem. §§ 4, 7 KSchG geheilt werden, da der Schutz des Geschäftsunfähigen bzw. des beschränkt Geschäftsfähigen Vorrang vor dem Ziel schneller Rechtssicherheit hat.[2]

 

Rz. 148

Gem. § 113 BGB ist der minderjährige Arbeitnehmer, der durch seinen gesetzlichen Vertreter ermächtigt wurde, ein Arbeitsverhältnis zu begründen, für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, die die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art betreffen. Er kann also selbstständig kündigen. Die Ermächtigung kann von dem Vertreter zurückgenommen oder eingeschränkt werden. Kündigt der Vertreter anstelle des Arbeitnehmers, kann dies zugleich als Beschränkung der Ermächtigung angesehen werden.[3] § 113 BGB gilt nicht für das Berufsausbildungsverhältnis. Zum Vormund vgl. § 113 Abs. 3 BGB.

[1] HaKo-KSchG/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, Einleitung, Rz. 88.
[2] Raab, RdA 2004, 321, 323; KR/Treber/Rennpferdt, 13. Aufl. 2022, § 13 KSchG, Rz. 144; im Ergebnis ebenso Hanau, ZIP 2004, 1169, 1175.
[3] HaKo-KSchG/Mestwerdt, 7. Aufl. 2021, Einleitung, Rz. 88.

1.2.4.2 Gesetzliche Vertretung bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts

 

Rz. 149

Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die durch Hoheitsakt (Gesetz oder staatlichen Verleihungsakt aufgrund eines Gesetzes) begründet werden, sind Körperschaften, Anstalten und Stiftungen.[1] Sie handeln durch ihre Organe, die aus einer oder mehreren natürlichen Personen bestehen. Im öffentlichen Dienst bestehen vielfach besondere Vorschriften über die Vertretungsmacht, vor allem in den Gemeindeordnungen (LAG Nürnberg, Urteil v. 15.3.2004, 9 (5) Sa 841/02[2]). Soweit darin das Zusammenwirken mehrerer Organe vorgesehen ist, muss die Kündigungserklärung zwingend von allen Organen gemeinsam erklärt werden (BAG, Urteil v. 6.8.1970, 2 AZR 427/69[3]). Kompetenzzuweisungen an den Rat bedeuten eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Gemeindedirektors.[4] Schreibt eine Gemeindeordnung vor, dass das Kündigungsschreiben vom Gemeindedirektor und dem Ratsvorsitzenden handschriftlich zu unterzeichnen und mit dem Dienstsiegel zu versehen ist, so handelt es sich nicht um eine gesetzliche Formvorschrift, sondern um eine Vertretungsregelung. Fehlt das Dienstsiegel, kann der Arbeitnehmer die Kündigung analog § 174 Satz 1 BGB zurückweisen.[5] Damit ist aber nicht gesagt, dass ein Nachweis der Vollmacht überflüssig ist, wenn...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Personal Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge