Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt des Versicherungsfalls in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 33 der VBL-Satzung (VBLS) tritt der Versicherungsfall für eine Betriebsrente am ersten des Monats ein, in dem ein neuer Anspruch auf gesetzliche Altersrente oder Erwerbsminderungsrente entsteht. Die bloße Änderung eines bereits bestehenden Rentenanspruchs stellt keinen Versicherungsfall dar. Voraussetzung für den Anspruch auf eine Betriebsrente der VBL ist, dass im Zeitpunkt des Versicherungsfalls bereits die Wartezeit nach § 34 VBLS erfüllt ist.

2. Wird ein Anspruch auf gesetzliche Rente aufgrund einer Gesetzesänderung (hier durch die Änderung des § 302a SGB VI zum 01.07.2017) umgestuft (hier von einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit), ohne dass sich die tatsächlichen Umstände ändern, so stellt dies keinen neuen Versicherungsfall dar.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 25.10.2019, Az. 6 O 229/19, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten (der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder) die Zahlung einer Betriebsrente, weil er der Ansicht ist, eine Gesetzesänderung zum 01.01.2017 habe einen Versicherungsfall nach § 33 VBL-Satzung (im Folgenden: VBLS) ausgelöst.

Der am ... 1969 geborene Kläger erhielt wegen eines Versicherungsfalls vom 31.08.1987 seit dem 01.09.1987 eine Invalidenrente nach §§ 8 bis 11 der 1. Rentenverordnung DDR. Diese Rente wurde nach der deutschen Wiedervereinigung gemäß § 302a SGB VI in der Fassung bis zum 30.06.2017 (im Folgenden: a.F.) als gesetzliche Rente wegen Berufsunfähigkeit fortgeführt. Durch das Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung der Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) vom 08.12.2016 wurde § 302a SGB VI dahingehend geändert, dass alle überführten Invalidenrenten des Beitrittsgebiets ab 01.07.2017 als Renten wegen voller Erwerbsminderung gelten, sofern ein Anspruch ununterbrochen bestanden hat.

Infolge dieser Gesetzesänderung teilte die Deutsche Rentenversicherung dem Kläger mit Bescheid vom 08.05.2018 mit, dass seine Rente ab dem 01.07.2017 als Rente wegen voller Erwerbsminderung gelte.

Seit dem 01.01.1997 ist der Kläger bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt und bei der Beklagten pflichtversichert. Der Arbeitgeber hat ab diesem Zeitpunkt die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit und für das Jahr 2018 ein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt in Höhe von 31.709,58 EUR gemeldet.

Am 13.09.2018 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Betriebsrente. Die Beklagte lehnte diesen Antrag durch Mitteilungen vom 24.10.2018 und 14.11.2018 mit der Begründung ab, zum Zeitpunkt des allein maßgeblichen Versicherungsfalls vom 31.08.1987 sei er noch nicht bei der Beklagten pflichtversichert gewesen.

Der Kläger hat geltend gemacht, ihm stehe eine Betriebsrente zu, weil aufgrund der Umstufung des Rentenanspruchs zum 01.07.2017 der Versicherungsfall nach § 33 Abs. 1 VBLS eingetreten sei. Erst ab diesem Zeitpunkt habe ein Anspruch auf gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung bestanden. Die Wartezeit des § 34 VBLS sei am 01.07.2017 erfüllt gewesen. Dass ihm bereits vor dem 01.07.2017 aufgrund des Leistungsfalls vom 31.08.1987 ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit zugestanden habe, sei unerheblich. Der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI habe andere Voraussetzungen als der Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI; maßgeblich sei nach § 33 Abs. 1 VBLS allein die Entstehung des Letzteren. Daher ändere es auch nichts, dass die Umstufung des Anspruchs auf eine gesetzliche Neuregelung des § 302a SGB VI zurückgehe.

Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab 01.07.2017 eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 343,36 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, zum 01.07.2017 sei kein neuer Versicherungsfall nach § 33 Abs. 1 VBLS eingetreten, da die Rentenbezüge des Klägers durchweg auf ein- und demselben Leistungs- und Versicherungsfall vom 31.08.1987 beruhten. Da die Rente aufgrund einer Gesetzesänderung umgestellt worden sei, habe die Deutsche Rentenversicherung zum 01.07.2017 nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 SGB VI für einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vorlagen. Damit sei kein Versicherungsfall im Sinne des § 33 VBLS eingetreten. Bei Eintritt des Versicherungsfalles am 31.08.1987 habe aber noch keine Pflichtversicherung bestanden und auch die Wartezeit nach § 34 VBLS sei noch nicht abgelau...

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