Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Wirksamkeit eines vor dem Güterrichter beim Oberlandesgericht durch die Parteien persönlich abgeschlossenen Vergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Der nach § 78 Abs. 1 ZPO vor dem Oberlandesgericht bestehende Anwaltszwang gilt auch für den Abschluss eine Prozessvergleichs vor dem Güterichter. Ein ohne Mitwirkung eines Anwalts abgeschlossener Vergleich ist jedoch materiell-rechtlich wirksam.

 

Normenkette

BGB § 779; ZPO §§ 78, 278, 794 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.04.2017; Aktenzeichen 2-23 O 34/14)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 21.4.2017, Az. 2-23 O 34/14, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass hinsichtlich der ursprünglichen Klageanträge zu 2-6 (Ziff. 1) - 4) des Tenors des angefochtenen Urteils) der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien machen wechselseitig Ausgleichsansprüche geltend im Zusammenhang mit dem Nachlass der am XX.XX.2008 verstorbenen A (nachfolgend: Erblasserin), deren alleinige Erben sie sind. Der Kläger ist der Sohn der Erblasserin, die Beklagten sind die Kinder der vorverstorbenen Schwester des Klägers.

Der Kläger und seine Schwester waren zusammen mit der Erblasserin auch gesetzliche Erben nach ihrem gemeinsamen Vater. Im Jahre 1977 übertrug der Beklagte sein Viertel des Nachlasses, der seinerzeit nur noch aus einem Hausgrundstück in Stadt1 bestand, schenkungshalber an seine Schwester, die Mutter der Beklagten. Mit notariellem Vertrag vom 13.7.1994 übertrug die Erblasserin ihren Erbteil ebenfalls auf die Mutter der Beklagten.

Sowohl der Kläger als auch die Mutter der Beklagten erhielten von der Erblasserin zu deren Lebzeiten vielfache monetäre Zuwendungen.

Mit der Klage begehrte der Kläger Feststellung, dass die anteilige Übertragung des Grundstücks in Stadt1 sowohl durch den Kläger als auch durch die Erblasserin an die Mutter der Beklagten unter Berücksichtigung des Kaufkraftschwundes auszugleichen sei, sowie Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung zur Kündigung und späterer Rückzahlung verschiedener von der Erblasserin an die Beklagten bzw. deren Mutter gewährter Zahlungen.

Die Beklagten begehrten widerklagend Feststellung einer Rückzahlungsverpflichtung, hilfsweise Zustimmung zur Kündigung, von Darlehen, die die Erblasserin an den Kläger gewährt haben soll.

Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme teilweise stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Übertragung des hälftigen Erbteils durch die Erblasserin an die Mutter der Beklagten sei als Ausstattung gemäß § 2050 Abs. 1 BGB auszugleichen. Nicht auszugleichen sei hingegen die Übertragung des Viertels durch den Kläger an die Mutter der Beklagten.

Begründet sei auch die Klage auf Zustimmung zu Darlehenskündigungen. Bei den aufgeführten Beträgen handele es sich jeweils um Darlehen, die mangels anderer Abreden nach Kündigung zur Rückzahlung fällig seien.

Die Widerklage sei unbegründet, weil hinsichtlich der an den Kläger überlassenen Beträge auch nach eigenem Vortrag der Beklagten ratierlichen Rückzahlungsvereinbarungen geschlossen worden sein, so dass eine sofortige Fälligkeit ausscheide.

Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils haben die Beklagten mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 8.5.2017 die Kündigung verschiedener von der Erblasserin an den Kläger gewährter Darlehen erklärt (Bl. 473 d.A.).

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag in vollem Umfang weiter; mit der Widerklage beantragen sie nunmehr Rückzahlung der vorgetragenen Darlehen.

Hinsichtlich des Grundstücks in Stadt1 liege keine Ausstattung im Sinne des § 1624 BGB vor. Die Mutter der Beklagten sei im Jahre 1994 5X Jahre alt gewesen und habe in guten finanziellen Verhältnissen gelebt. Die wirtschaftliche Nutzung der Immobilie sei im Übrigen bei der Erblasserin verblieben. Tatsächlich sei die Übertragung der Haushälfte erfolgt, um zuvor an den Kläger getätigte Zahlungen auszugleichen.

Die Beklagten sowie deren Mutter hätten von der Erblasserin keine Darlehen erhalten. Die Erblasserin habe jeweils zu Lebzeiten erklärt, dass das überlassene Geld mit ihrem Tod nicht zurückgezahlt werden müsse. Die Erblasserin habe lediglich einen Zinsverlustausgleich haben wollen.

Hinsichtlich der an den Kläger geleisteten Zahlungen durch die Erblasserin sei aufgrund der nunmehr ausgesprochenen Darlehenskündigung ...

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