Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsansprüche eines Arbeitnehmers für Umkleidezeiten sowie für innerbetriebliche Wege- und Rüstzeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Waschen und Umkleiden sind an sich, sofern nichts anderes vereinbart ist, keine zu vergütenden Hauptleistungspflichten des Arbeitnehmers, für die der Arbeitgeber nach § 611 BGB eine Vergütung zu gewähren hätte.

2. Das Umkleiden für die Arbeit ist nur dann Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss.

 

Normenkette

ArbZG § 2 Abs. 1; BGB § 612 Abs. 1, § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 13.10.2016; Aktenzeichen 8 Ca 834/16)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13.10.2016, Az.: 8 Ca 834/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über Vergütungsansprüche des Klägers für Umkleidezeiten sowie für innerbetriebliche Wege- und Rüstzeiten.

Der Kläger ist seit 1997 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Lokomotivführer zu einem monatlichen Tarifentgelt von 2.871,00 € brutto bei einer Arbeitszeit von 169,66 Stunden/Monat beschäftigt. Er ist Mitglied in der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbandes der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e. V. (AGV MoVe).

Die Einsatzstelle des Klägers ist L-Stadt. Von dort aus tritt der Kläger regelmäßig seine Arbeitsschichten an.

Während Zugbegleiter und Kundenbetreuer im Nahverkehr verpflichtet sind, Unternehmensbekleidung (Ubk) zu tragen, sind Lokomotivführer wie der Kläger von dieser Tragepflicht ausgenommen gemäß Ziff. 1 Abs. 2 der "Richtlinie Unternehmensbekleidung bestellen und tragen" i. V. m. der Anlage 1 der "Konzernbetriebsvereinbarung über die Ausstattung mit Unternehmensbekleidung (KBV Ubk)". Die Lokomotivführer sind berechtigt, die Ubk zu tragen; sie müssen dies aber nicht. Wenn sie sich dagegen entscheiden, ist gemäß Ziff. 11 der "Richtlinie Unternehmensbekleidung bestellen und tragen" zu beachten:

"(1)... Soweit ein Ubk-Berechtigter auf sein Tragerecht der Ubk ganz oder teilweise verzichtet, ist die für die Arbeit zu tragende Kleidung so zu wählen, dass sie einem adäquaten Erscheinungsbild entspricht und mit den Kleidungsstücken der Ubk in Farbe und Form harmoniert. Hierfür dienen folgende Grundsätze:

- Hemden/Blusen oder Poloshirt hell unifarben (weiß oder hellblau)

- Strickjacke oder Pullover dunkel unifarben (schwarz/anthrazit oder dunkelblau)

- Lange Unterbekleidung (Hose oder Röcke) dunkel unifarben (schwarz/anthrazit oder dunkelblau)."

Der Kläger hat sich am 16.03.2016 und am 18.03.2016 von einem Zeugen begleiten lassen und die Zeiten für das Anlegen der Ubk und die Empfangnahme und Vorbereitung der Arbeitsmittel protokolliert. Die Protokollierungen sind als Anlage K 4 (= Bl. 37 ff d. A.) zur Akte gereicht worden.

Für jeden Lokomotivführer wird vor dem Antritt der eigentlichen Arbeitstätigkeit auf einem Zug unter anderem eine persönliche Vorbereitungszeit (sogenannte Teilarbeiten persönlicher Art) in der Schicht- und Einsatzplanung berücksichtigt. Diese ist pauschaliert, gilt als Arbeitszeit und wird dementsprechend vergütet. Diese Teilarbeiten persönlicher Art erfassen z. B. das Einsehen von Unterlagen, die Auf- und Entgegennahme sowie Abgabe von Arbeitsmitteln oder das Melden zur Arbeit ab. Einzelheiten dazu sind in der Richtlinie Nr. 498.2031 (Teilarbeiten persönlicher Art) festgelegt.

Der Kläger hat vorgetragen,

zwar sei er nicht zum Tragen der Ubk verpflichtet, er besitze aber keine private Kleidung, die dem von der Beklagten vorgegebenen Dresscode entspräche. Er müsse sich daher eigens "private" Kleidungsstücke anschaffen, um diese nur für die Arbeit zu nutzen. Die einzige Möglichkeit, eigene Ausgaben in diesem Zusammenhang zu vermeiden, sei das Tragen der Ubk, zu deren Anschaffung die Beklagte jährlich ein Budget von 160,80 zur Verfügung stelle. Im Übrigen genüge die pauschalvergütete persönliche Zusatzzeit nicht für die notwendigen Vor- und Nachbereitungen. Auch die Zeit des An- und Ablegens der Ubk sei vergütungspflichtig.

Der Kläger hat beantragt,

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Umkleide- und Rüstzeiten am 16.03.2016 und 18.03.2016 6,72 € brutto, ersatzweise eine Zeitgutschrift von 24 Minuten, zu leisten.
  2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit des An- und Ablegens der Unternehmensbekleidung im Betrieb, sowie die Empfangnahme, Abgabe und Bereitstellung von Arbeitsmitteln, einschließlich dabei veranlasster Wegezeiten als Arbeitszeit auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers zu berücksichtigen, bei Schichtbeginn und -ende an der Einsatzstelle L-Stadt im Umfang von 17 Minuten abzüglich 1 Minute je Schicht, hilfsweise ist diese Arbeitszeit finanziell abzugelten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

zunächs...

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