Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtlicher Prüfungsmaßstab für Zuständigkeit der Einigungsstelle. Mitbestimmung des Betriebsrates bei Zielvereinbarungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Gericht prüft die Zuständigkeit der Einigungsstelle nicht vertiefend, sondern stellt nur Ja oder Nein fest. Der Betriebsrat ist bei der Regelung von Zielvereinbarungen im Rahmen der Mitbestimmung zu beteiligen.

 

Normenkette

ArbGG § 100 Abs. 1, §§ 87, 89 Abs. 2 S. 2; BetrVG § 76 Abs. 2 S. 1; ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 2; BetrVG § 78 Abs. 1 Nr. 10; ArbGG § 100 Abs. 2. S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 18.10.2018; Aktenzeichen 5 BV 59/18)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18. Oktober 2018 - 5 BV 59/18 - wird mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass Regelungsgegenstand der Einigungsstelle der Abschluss einer Betriebsvereinbarung über ein Zielvereinbarungssystem zur variablen Vergütung von AT-Mitarbeitern auf der Basis des, jedoch ohne abschließende inhaltliche Festlegung auf den Betriebsvereinbarungsentwurf "Zielvereinbarungssystem A. Management by Objectives (L-MbO)" ist.

 

Gründe

A

Die Beteiligten streiten über die Errichtung einer Einigungsstelle zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung über ein Zielvereinbarungssystem für AT-Mitarbeiter und über deren Besetzung.

Die tarifgebundene Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) stellt technische Klebebänder her und vertreibt diese und daraus gefertigte Produkte. In ihrem Betrieb in A.-Stadt sind in der dortigen Hauptverwaltung und der Produktion ca. 490 Arbeitnehmer beschäftigt, hiervon 29 im Bereich Logistik in der Außenstelle Z.-Stadt. Im Betrieb A.-Stadt findet ein mit der Gewerkschaft IGBCE abgeschlossener Haustarifvertrag Anwendung. Die Arbeitgeberin beschäftigt im Betrieb A.-Stadt ca. 90 AT-Mitarbeiter.

Der Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der im Betrieb A.-Stadt gebildete 11-köpfige Betriebsrat. Neben dem Betrieb A.-Stadt führt die Arbeitgeberin noch einen weiteren Betrieb in Y.-Stadt, in dem ebenfalls ein Betriebsrat gewählt ist. Der im Betrieb errichtete Gesamtbetriebsrat und der Betriebsrat der in X.-Stadt ansässigen Tochtergesellschaft der Arbeitgeberin A.-W. GmbH & Co. KG, haben einen Konzernbetriebsrat gebildet.

Im Betrieb A.-Stadt besteht eine Betriebsvereinbarung 06/10 "Individuelle Zielvereinbarungen" vom 09. Dezember 2009 (im Folgenden BV 06/10), wegen deren Inhaltes auf Bl. 46 ff. d. A. Bezug genommen wird. Seit Herbst 2017 versuchte die Arbeitgeberin ergebnislos, mit dem Betriebsrat eine Vereinbarung zu deren Ablösung und zur Neuregelung der Teilnahmeberechtigung an individuellen Zielvereinbarungen. Am 06. November 2017 beschloss der Betriebsrat, dem Konzernbetriebsrat die Überprüfung seiner originären Zuständigkeit zu übertragen. In seiner Sitzung vom 14. Dezember 2017 stellte der Konzernbetriebsrat seine "originäre Zuständigkeit für eine grobe Rahmenvereinbarung" fest, die er der Arbeitgeberin am 22. Juni 2018 im Entwurf zukommen ließ und sie gleichzeitig wegen der Verhandlungen zum eigentlichen Regelungsinhalt an den Betriebsrat verwies.

Nach weiteren erfolglosen Gesprächsversuchen mit dem Betriebsrat kündigte die Arbeitgeberin die BV 06/10 mit Schreiben vom 13. August 2018 zum 31. Dezember 2018. Mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 52 f. d. A.) teilte sie dem Betriebsrat mit, sie habe sich nunmehr dazu entschlossen, für die Zeit ab 01. Januar 2019 nur noch für den Personenkreis der ca. 90 AT-Mitarbeiter des Betriebs unter bestimmten Voraussetzungen eine zielvereinbarungsgestützte variable Vergütung zu zahlen. Sie forderte den Betriebsrat unter Vorlage des Entwurfs einer Betriebsvereinbarung - Zielvereinbarungsystem A. Management by Objectives zur variablen Vergütung von AT-Mitarbeitern - für die Zeit ab 01. Januar 2019 (Bl. 54 ff., im Folgenden: L-MbO) kurzfristig zu Aufnahme von Verhandlungen auf und schlug vier mögliche erste Verhandlungstermine vor.

Mit E-Mail des Vorsitzenden vom 20. August 2018 (Bl. 64 d. A.) teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, er habe beschlossen zu dieser Angelegenheit einen externen Sachverständigen hinzuzuziehen und Verhandlungen zur L-MbO nur dann aufzunehmen, wenn die Themen Gruppenbonus, Persönliche Leistungszulage und die Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmenserfolg ebenfalls als Verhandlungsmasse berücksichtigt würden. Mit Schreiben vom 28. August 2018 (Bl. 67 d. A.) wies die Arbeitgeberin letztgenannte Themenverknüpfung als unzulässig zurück und forderte den Betriebsrat erneut unter Nennung weiterer Termine zur Verhandlungsaufnahme auf. Gleichzeitig teilte sie mit, die Hinzuziehung eines Sachverständigen wegen langähriger Erfahrung des Betriebsrats mit ausgehandelten leistungsbezogenen Entgeltregelungen und Zielvereinbarungen und wegen der Teilnahme des Betriebsratsvorsitzenden und eines weiteren Betriebsratsmitglieds an einer einwöchigen Schulungsveranstaltung zum Thema nicht für erforderlich zu halten. Mit E-Mail vom 28. August 2018 h...

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