Zusammenfassung

 
Überblick

Ein Phänomen, das viele Bezeichnungen kennt, zunehmend komplexer und für Unternehmen kostenintensiver wird, ist das Phänomen der inneren Kündigung. Es steht an der Schnittstelle zwischen Mitarbeiter und Unternehmen, zwischen Gesundheit und Leistungsfähigkeit auf der einen und Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität auf der anderen Seite. Für beide Seiten wachsen die Herausforderungen, die durch Globalisierung und Digitalisierung auf dem Arbeitsmarkt entstehen. Der zunehmende Fachkräftemangel und die Tendenz, dass Mitarbeiter schneller den Arbeitsplatz wechseln, potenzieren die Dringlichkeit für Unternehmen, ihre Mitarbeiter zu binden und als attraktiver Arbeitgeber auf dem Markt gesehen zu werden. Mitarbeiterbindung ist zu einem ressourcenrelevanten Thema geworden. Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung dienen auch der Prävention von inneren Kündigungen. Wenn es dann trotzdem zur inneren Kündigung kommt, müssen Führungskräfte schnell reagieren. Sie müssen die Ursachen herausfinden und in das Gespräch mit dem Mitarbeiter gehen. Allerdings gibt es oft das Problem, dass die Führungskraft selbst die Ursache ist.

Im Folgenden wird den Fragen nachgegangen: Wie entstehen innere Kündigungen? Was können Unternehmen und Führungskräfte dagegen unternehmen? Was ist zu unternehmen, wenn die Führungskraft selbst die Ursache ist? Wichtige Fragen, die im Wertewandel in der Arbeitswelt hin zu einer wertschätzenden, vertrauensbasierten Unternehmenskultur und zu einem kooperativen, potentialfördernden Führungsverhalten führen.

1 Was "innere Kündigung" ist – Definiton und Merkmal

1.1 Allgemeines

Erst seit Anfang der 80er Jahre wurde das Phänomen ‹innere Kündigung› zu einem Begriff. Es umschrieb einen bewussten Rückzug im Arbeitsalltag und fehlendes Engagement im Beruf.[1] Seitdem gibt es unzählige Begriffe für das Phänomen: stiller Rückzug, Quiet Quitting, Dienst nach Vorschrift, innere Emigration – um nur einige zu nennen.

Während innere Kündigungen zunächst vor allem im Verwaltungsapparat festgestellt wurden, sind sie heute in allen Wirtschaftszweigen anzutreffen.[2] Von den oberen Führungskräften bis zu den Hilfskräften nimmt das Ausmaß der inneren Kündigung kontinuierlich zu. Das wird mit dem größeren Verantwortungsbereich, mit mehr Entscheidungsspielraum und Potentialentfaltung erklärt, welches die Anfälligkeit für das Auftreten von inneren Kündigungen verringere.[3]

Jemand der innerlich kündigt, ist mit seiner Arbeitssituation unzufrieden oder arbeitet in Über- oder Unterforderung. Er ist aus persönlichen Gründen nicht in der Lage, selbst zu kündigen. Das Engagement und die Motivation sinken zunehmend. Innere Kündigung gilt auch als Extremform der Demotivation.[4]

Führungskräfte benötigen zwingend die Kenntnisse und Kompetenzen rund um das Phänomen, um frühzeitig die innere Kündigung bei einem Mitarbeiter zu erkennen und Maßnahmen für die Rückgewinnung einzuleiten. Es ist ein sensibles Thema, dass auch eine hohe soziale Kompetenz vonseiten der Führungskraft verlangt. Schließlich will der Mitarbeiter eigentlich in Ruhe gelassen werden, weil er resigniert hat, und die Führungskraft möchte, dass er wieder seine Arbeit so erledigt wie gewohnt.

[1] Brinkmann, R.D. & Stapf, K.H.: Innere Kündigung. Wenn der Job zur Fassade wird, C.H. Beck, München, 2005, S. 14.
[2] Brinkmann, R.D. & Stapf, K.H, a. a. O., S. 14f.
[3] Seifert, A.: Personalbindung als Führungsaufgabe. Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der Inneren Kündigung, Tectum, Baden-Baden 2020, S. 46.
[4] Wenck, M.: Von der Leistungsmotivation zur inneren Kündigung. Analyse, Auswirkungen und Ableitung von Handlungsmaßnahmen, disserta, Hamburg, 2013, S. 36.

1.2 Zur Definition

Es gibt noch keine einheitliche Definition für das Phänomen. Aber es gibt einen gemeinsamen Nenner für die Merkmale der inneren Kündigung. Unter "innerer Kündigung" wird der bewusste Verzicht auf Engagement am Arbeitsplatz eines Mitarbeiters zusammengefasst. Es ist eine stille, mentale Verweigerung engagierter Leistungen, weil Erwartungen an die Arbeitssituation enttäuscht wurden und angestoßene Veränderungen erfolglos bleiben.[1] Eine innere Kündigung kann aktiv und passiv geschehen und vollzieht sich in einem schleichenden Prozess. In der aktiven Form versucht der Mitarbeiter, die als ungerecht empfundene Arbeitssituation wieder zum Positiven zu ändern, der Vorgesetzte ist dabei oft involviert (z. B. durch ein Mitarbeitergespräch). Wenn die Rückgewinnung nicht gelingt, kann sich die aktive in die passive bzw. passive-reaktive Form verwandeln. In dieser Form zieht sich der Mitarbeiter bewusst zurück. Er baut auf Erfahrungen auf, dass seine Passivität und Unmotiviertheit keine Konsequenzen hat (oder bestenfalls sogar belohnt wird, weil er ja nicht mehr "nörgelt").[2]

Mit jedem Arbeitsvertrag wird auch ein psychologischer Vertrag geschlossen. Eine innere Kündigung zeugt von der Verletzung dieses psychologischen Vertrags. Der Inhalt eines psychologischen Vertrages besteht in den unausgesprochenen Erwartungen, die der Mitarbeiter an seine Arbeit, das Arbeitsklima und das Unternehmen hat – und umgeke...

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