Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob rückständige Winterbauumlage (WBU) auch für einen Zeitraum vor Konkurseröffnung geschuldet wird, in dem kein Arbeitsentgelt gezahlt worden ist, und ob die WBU im Konkurs Masseschuld ist.

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der Firma W. S. KG in D., über das am 1. September 1980 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Die Gemeinschuldnerin gehörte zu den im Rahmen der produktiven Winterbauförderung (PWF) gemäß § 186a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) umlagepflichtigen Arbeitgebern.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 1980 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger WBU für März 1980 in Höhe von 5.576,52 DM als Masseschuld geltend und verwies darauf, daß diese Forderung der Höhe nach bereits bestandskräftig durch einen vor Konkurseröffnung ergangenen Leistungsbescheid festgestellt sei. Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tage erweiterte die Beklagte die Umlageforderung für März 1980 um eine Mehraufwendungspauschale in Höhe von 557,65 DM und einen Säumniszuschlag in Höhe von 11,- DM und machte außerdem - ebenfalls als Masseschuld - für die Monate April bis August 1980 rückständige Umlage nebst Mehraufwendungspauschalen und Säumniszuschlägen in Höhe von 45.262,10 DM auf der Grundlage von Schätzwerten geltend. Auf den Widerspruch des Klägers reduzierte die Beklagte den geltend gemachten Betrag mit Bescheid vom 20. November 1980 auf 42.761,20 DM, davon 837,40 Säumniszuschläge. Im übrigen wies sie den Widerspruch mit Bescheid vom 17. Dezember 1980 zurück. Während des sozialgerichtlichen Verfahrens stornierte die Beklagte durch Bescheid vom. 19. Mai 1981 einen Teil der Säumniszuschläge in Höhe von 227,20 DM und reduzierte damit die Gesamtforderung nunmehr auf' 42.534,- DM.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - Düsseldorf vom 28. Mai 1982). Das SG hat im wesentlichen ausgeführt, daß auch für den Konkursausfallgeld (Kaug) Zeitraum ein Anspruch auf WBU bestehe. Nach § 3 Satz 1 Winterbauumlage-Verordnung (WBU-VO) seien die Umlagebeträge am 15. des Monats fällig, der dem Monat folge, für den der Lohn zu zahlen sei. Demnach hätten die Forderungen bereits zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung dem Grunde und der Höhe nach bestanden, ohne daß die Konkurseröffnung hierauf Einfluß hätte nehmen können. Wenn § 1 Satz 1 WBU-VO auf die "lohnsteuerpflichtigen" Bruttoarbeitsentgelte der Arbeiter abstelle, habe das nur für die Berechnung der Umlage Bedeutung, nicht aber für deren Entstehung. Auch der Übergang der Arbeitsentgeltansprüche auf die Bundesanstalt für Arbeit (BA) durch Stellung des Kaug-Antrages habe keinen Einfluß auf die bereits bestehende Umlageforderung gehabt. Auch sei die rückständige Umlage einschließlich der Nebenforderungen Masseschuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 3e der Konkursordnung (KO). Ihren Charakter als Masseschuld habe sie auch nicht nach § 59 Abs. 2 KO i.V.m. §§ 141m, 141n AFG verloren, da die Umlageforderung nicht unter diese Vorschriften falle.

Mit seiner - vom SG zugelassenen - Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 186a AFG, 1 WBU-VO, 59 Abs. 1 Nr. 3e und Abs. 2 KO, 141m, und 141n AFG. Für den Kaug-Zeitraum bestehe kein Anspruch auf Umlage. Nach § 1 WBU-VO sei die Umlage von den lohnsteuerpflichtigen Bruttoarbeitslöhnen zu erheben. Nicht gezahlter Arbeitslohn sei schon begrifflich nicht lohnsteuerpflichtig, ebenso das an seiner Stelle gezahlte Kaug. Daher habe eine Umlageforderung für den Zeitraum, in dem Kaug gezahlt worden sei, nicht bestanden. Entgegen dem angefochtenen Urteil seien die Ansprüche auf rückständige Umlage einschließlich der Nebenforderungen auch keine Masseschulden. Insoweit werde auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10. Dezember 1980 (BB 1981, S. 391 f.) verwiesen, das von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) abweiche. In jedem Fall hätten die geltend gemachten Ansprüche aber einen etwaigen Charakter als Masseschuld durch den Übergang auf die BA nach § 59 Abs. 2 KO i.V.m. §§ 141m und 141n AFG verloren. Es könne nicht der Wille des Gesetzgebers sein, daß in den Freiraum, der durch Zurückstufung der mit dem Kaug-Antrag auf die BA übergegangenen Ansprüche entstanden sei, nun die WBU trete. Die WBU sei daher allenfalls als bevorrechtigte Konkursforderung anzusehen.

Der Kläger beantragt:Das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28. Mai 1982 wird abgeändert. Die Bescheide der Beklagten vom 2. Oktober 1980, der Abänderungsbescheid vom 20. November 1980 und der Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 1980 in der Gestalt des Bescheides vom 19. Mai 1981 werden aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Das ausgefallene Arbeitsentgelt sei in die Berechnung der WBU einzubeziehen. Das BSG habe dies für die Sozialversicherungsbeiträge bereits bejaht. Die Umlage stehe insoweit den Beiträgen gleich. Es sei daher bei der Berechnung der Umlage von dem Arbeitsentgelt auszugehen, das bei Auszahlung an die Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtig gewesen wäre. Auch sei die rückständige WBU Masseschuld, wie das BSG ebenfalls bereits entschieden habe. Eine Zurückstufung nach § 59 Abs. 2 KO scheide aus, weil die §§ 141m und 141n AFG auf die Umlage nicht anwendbar seien.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers ist nur zum Teil begründet.

Das Urteil des SG Düsseldorf ist zu ändern, soweit es die Säumniszuschläge betrifft. Insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig, weil die Beklagte hinsichtlich der Säumniszuschläge ihr Ermessen nicht ausgeübt hat. Im übrigen hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Anspruch der Beklagten auf WBU entstanden, obwohl für die streitigen Zeiträume kein Arbeitsentgelt gezahlt worden ist.

Der Anspruch der Beklagten auf die WBU ergibt sich aus § 186a AFG in der ab 1. Januar 1980 geltenden Fassung durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl. I S. 1189) i.V.m. der Verordnung über die Umlage zur Aufbringung der Mittel für die PWF (WBU-VO vom 13. Juli 1972, BGBl. I, S. 1201 i.d.F. der Änderungs-VO vom 2. Januar 1980, BGBl. I, S. 14). Dort hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung aufgrund der Ermächtigung in § 186a Abs. 3 AFG u.a. das Nähere über die Berechnung des Umlagesatzes, die Zahlung und Einziehung der Umlage sowie die Höhe der Mehrkostenpauschale geregelt. Aus dem Wortlaut des § 1 WBU-VO, wonach als Umlage ein Vomhundertsatz der "lohnsteuerpflichtigen Bruttoarbeitsentgelte" der Arbeiter in förderungsfähigen Betrieben erhoben wird, kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht geschlossen werden, daß nur tatsächlich zugeflossenes Arbeitsentgelt eine Umlagepflicht begründet. Hierbei kann der Senat offenlassen, ob der Verordnungsgeber überhaupt ermächtigt war, die Bemessungsgrundlage für die Umlage, die gemäß § 186a Abs. 1 Satz 2 AFG nach einem Vomhundertsatz der "Bruttoarbeitsentgelte" der in den genannten Betrieben beschäftigten Arbeiter zu erheben ist, auf die "lohnsteuerpflichtigen" Bruttoarbeitsentgelte zu beschränken. Auch wenn der Senat davon ausgeht, daß sich die Rechtssetzungsbefugnis aus § 186a Abs. 3 AFG auch auf die Konkretisierung der Bemessungsgrundlage erstreckt (a.A. LSG Baden-Württemberg, ZIP 1983, 842) oder jedenfalls für vertretbar hält, daß die sich aus dem Lohnsteuerrecht ergebenden Einschränkungen wie im Beitragsrecht auch für die Umlage zu berücksichtigen sind, so läßt sich daraus nicht - i.S. des im Lohnsteuerrecht geltenden Zuflußprinzips - entnehmen, daß die Umlagen wie die Steuern nur auf tatsächlich dem Arbeitnehmer zugeflossenes Arbeitsentgelt erhoben werden dürfen. Vielmehr betrifft § 1 Abs. 1 WBU-VO, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, nur die Bemessung der Umlage, sagt aber nichts über deren Entstehung aus. Die Bemessung der Umlage nach der Lohnsumme rechtfertigt sich daraus, daß die Lohnsumme die Teilhabe des Baubetriebes am Baumarkt bzw. den Umfang der Bautätigkeit ausdrückt; sie ist also an der geleisteten Arbeit ausgerichtet. Deshalb kann die Entstehung der Umlagepflicht nicht davon abhängen, ob Arbeitsentgelt, das erarbeitet worden ist, den Arbeitnehmern zugeflossen ist. Dies ergibt sich bereits aus § 3 Abs. 1 Satz 1 WBU-VO, wonach die Umlagebeträge am 15. des Monats fällig werden, der dem Monat folgt, für den der Lohn "zu zahlen ist", nicht etwa "gezahlt wird". Wenn damit die Fälligkeit der Umlage an den Zeitpunkt anknüpft, in dem das Arbeitsentgelt fällig wird, so ist damit zugleich vorausgesetzt, daß der Umlageanspruch spätestens zu diesem Zeitpunkt entstanden ist, weil nur eine bestehende Forderung fällig werden kann (BSGE 54, 136, 137).

Daß das "Zuflußprinzip", auf das sich der Kläger beruft, auch im Beitragsrecht nicht die von ihm behauptete Wirkung hat, hat der 12. Senat des BSG in seinem Urteil vom 26. Oktober 1982 (a.a.O. m.w.N.) eingehend erörtert und ausgeführt, daß Beiträge zur Sozialversicherung auch für geschuldetes, bei Fälligkeit aber nicht gezahltes Arbeitsentgelt zu zahlen sind. Dies hat bereits nach der früheren, vor Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) bestehenden Rechtslage gegolten. Wenn nach früherem Recht die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge an die Berechnung der Lohnsteuer gekoppelt war, ist damit nicht ohne weiteres das im Lohnsteuerrecht maßgebende Zuflußprinzip auch für das Beitragsrecht verbindlich gewesen; denn dieses Prinzip, wonach der Arbeitnehmer als der Schuldner der Lohnsteuer diese nur aus ihm tatsächlich zugeflossenem Arbeitsentgelt entrichten soll, hat im Beitragsrecht keine Entsprechung, weil dort Schuldner der Beiträge nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber ist. Die Rechtsprechung hat deshalb stets dort Korrekturen vorgenommen, wo das Lohnsteuerrecht mit den Zwecken des Beitragsrechts nicht mehr zu vereinbaren war (BSG a.a.O.). Insbesondere kann es nicht in der Hand des Arbeitgebers liegen, durch Hinausschieben der Lohnzahlung die Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers zu gefährden. Jedenfalls besteht - auch aufgrund der vorgenannten Erwägungen - weitgehende Übereinstimmung dahin, daß der Gesetzgeber mit den ab 1. Juli 1977 geltenden Neuregelungen des SGB IV über Entstehung und Fälligkeit der Beiträge (§§ 22, 23 SGB IV) eine Entscheidung gegen die Zuflußtheorie getroffen hat, so daß für Entstehung und Fälligkeit der Beitragsansprüche die tatsächliche Auszahlung des Arbeitsentgelts nicht von Bedeutung ist (Krause/von Maydell/Merten/Meydam, Gemeinschaftskommentar zum SGB IV, § 23 Rdnr.11; Schwertfeger, in: RVO/SGB-Gesamtkommentar, Stand Juni 1983, IV § 22 SGB Anm. 9b; Grüner, SGB, Bd. II, Stand September 1983, § 22 Anm. II 2).

Für die WBU gilt nichts anderes. Nach 3 Abs. 2 WBU-VO ist - soweit § 3 Abs. 1 WBU-VO dafür Raum läßt - § 179 Satz 1 AFG und damit die dort in Bezug genommenen §§ 22, 23 SGB IV entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Umlage nicht entgegenstehen. Derartige Besonderheiten der Umlage, die - wie die Beiträge - allein vom Arbeitgeber geschuldet wird und der Deckung sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche dient, sind aber nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich - wie ausgeführt - bereits aus § 3 Abs. 1 WBU-VO, daß auch für die Umlage das Zuflußprinzip nicht gilt; die Nichtzahlung von Arbeitsentgelt schließt - wie im Beitragsrecht - nicht aus, daß die darauf entfallende (nach dem geschuldeten Arbeitsentgelt zu berechnende) Umlage zu entrichten ist. Die Bezugnahme auf die lohnsteuerpflichtigen Arbeitsentgelte dient bei der Umlage nur der vereinfachten Berechnung, hat aber auf den Zeitpunkt des Entstehens oder der Fälligkeit der Umlagepflicht keinen Einfluß.

Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn der Inhaber des Baubetriebes bzw. der Arbeitgeber in Konkurs gefallen ist. Insbesondere kann gegen die Entstehung der Umlagepflicht nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der Baubetrieb selbst bzw. dessen Arbeitnehmer könnten nicht mehr in den Genuß von PWF kommen, wenn der Betrieb in Konkurs gefallen sei. Hierzu hat das BSG - für den Fall der Abwicklung begonnener Bauvorhaben durch den Konkursverwalter - bereits entschieden, daß eine Umlagepflicht nur dann entfällt, wenn objektive betriebliche Gegebenheiten oder rechtliche Gründe die Förderung ausschließen (BSG SozR 4100 § 186a AFG Nr. 14 m.w.N.). Das ist aber nicht schon dann der Fall, wenn über das Vermögen des Inhabers des Baubetriebes das Konkursverfahren eröffnet wird. Dadurch sind weder Leistungen nach Konkurseröffnung noch - erst recht - bis zur Konkurseröffnung ausgeschlossen, soweit der Betrieb überhaupt weitergeführt wird.

Aus dem Vorgesagten folgt, daß in die Umlageberechnung auch solche - erarbeiteten - Arbeitsentgelte einzubeziehen sind, die im Konkurs ausgefallen sind. Die dem entgegenstehende Ansicht des LSG Baden-Württemberg (a.a.O.), wonach geschuldetes Arbeitsentgelt jedenfalls insoweit nicht in die Berechnung der Umlage einzubeziehen ist, als Kaug gewährt worden ist, ist mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren. Sie widerspricht insbesondere der Rechtslage im Konkurs. Dort hindert die Unfähigkeit des Arbeitgebers (Gemeinschuldners) zur Zahlung des fälligen Arbeitsentgelts die Träger der Sozialversicherung und die BA gerade nicht, ihre auf das nicht gezahlte Arbeitsentgelt entfallenden Beiträge und Umlagen als Masseschulden oder als bevorrechtigte Konkursforderungen geltend zu machen (§§ 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e und 61 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e KO, eingefügt mit Wirkung ab 1. Juli 1977 durch Art. II § 10 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IV). Zu Recht hat deshalb das SG den hier streitigen Anspruch auf WBU, da er auf die letzten sechs Monate Vor Konkurseröffnung entfällt, als Masseschuld i.S. von § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO angesehen.

Daß der Anspruch auf rückständige WBU für den vorgenannten Zeitraum - einschließlich der damit zusammenhängenden Nebenforderungen wie Pauschalen, Säumniszuschläge und Verzugszinsen Masseforderung ist, hat der Senat bereits mehrfach zu der bis zum 30. Juni 1977 gültig gewesenen Regelung des § 28 Abs. 3 Reichsversicherungsordnung - RVO - (eingefügt durch das Kaug-Gesetz vom 17. Juli 1974, BGBl. I, S. 1481) entschieden (BSG SozR 4100 § 186a AFG Nrn. 10 und 11; SozR 7910 § 59 KO Nr. 12 m.w.N.). Durch die Übernahme dieser Regelung in § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO ist diese Rechtslage nicht geändert worden. Vielmehr sollte nur aus systematischen Gründen das materielle Konkursrecht aus der RVO in die KO übernommen werden, wie der Senat ebenfalls bereits ausgesprochen hat (BSG SozR 4100 § 186a AFG Nr. 10 unter Hinweis auf die Begründung zum Regierungsentwurf des SGB IV in BR-Drucks. 300/75 zu Art. II § 1, S. 39, und Art. II § 10, S. 41). Auch unter der Geltung des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO fallen dabei die Nebenkosten - hier die Säumniszuschläge - weiterhin den Masseschulden zu, auch wenn dies nach dem Wortlaut der Bestimmung nicht eindeutig zu erkennen ist. Die Gesetzesfassung ist in dieser Hinsicht aufgrund einer redaktionellen Ungenauigkeit ohne materiell-rechtliche Bedeutung (Urteil des erkennenden Senats vom 24. März 1983 - 10 RAr 3/82 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Eine gesonderte Einstufung der Säumniszuschläge wird im übrigen von der Revision nicht geltend gemacht.

Mit dieser Einordnung der unter § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO fallenden Ansprüche als Masseschulden hat sich das BSG auch nicht, wie der Kläger meint, in einen Widerspruch zu dem Urteil des BGH vom 10. Dezember 1980 (BB 1981, 391) gesetzt. Vielmehr hat auch der BGH ausdrücklich erklärt, der Wortlaut des Gesetzes gebiete es, auch die in § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO aufgeführten Ansprüche als Masseschulden anzusehen. Zwar hat der BGH im Hinblick darauf, daß Masseschulden ihrem Grundgedanken nach erst nach Konkurseröffnung entstehen können, erhebliche Unterschiede zwischen den Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 4 KO einerseits und den schon vor Konkurseröffnung entstandenen, in § 59 Abs. 1 Nr. 3 aufgeführten Forderungen angenommen. Diese Unterschiede, die sich auch in unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen niedergeschlagen haben (z.B. §§ 59 Abs. 2, 103 Satz 2 KO), veranlassen den BGH aber nicht, diese Forderungen nicht als Masseforderungen einzuordnen, sondern rechtfertigen es lediglich, bestimmte für Konkursforderungen geltende Regelungen (hier über die Anfechtung von Rechtshandlungen nach §§ 29 ff. KO) auf die Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO entsprechend anzuwenden. Darin liegt jedoch kein Widerspruch zu der oben zitierten Rechtsprechung des BSG.

Auch die Regelungen der Insolvenzversicherung (§§ 141a bis m AFG) rechtfertigen es nicht, den vom Gesetzgeber ausdrücklich zur Masseforderung erklärten Anspruch der BA auf die WBU nur als Konkursforderung zu behandeln oder gar den Anspruch der BA ganz zu verneinen, soweit für das der Bemessung der WBU zugrundeliegende Arbeitsentgelt dem Arbeitnehmer Kaug gezahlt worden ist. Insbesondere kann sich der Kläger zur Begründung seiner Ansicht, daß die rückständige WBU keine Masseforderung i.S. von § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO sein kann, nicht auf § 59 Abs. 2 KO berufen. Nach dieser Bestimmung, die hier i.d.F. des Gesetzes vom 23. Dezember 1976 (SGB IV, BGBl. I, S. 3845) anzuwenden ist, werden zwar u.a. die in § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO bezeichneten Ansprüche zu Konkursforderungen mit dem Rang des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO zurückgestuft, wenn sie gemäß § 141n Satz 3 AFG i.V.m. § 141m Abs. 1 AFG auf die BA übergehen. Diese Voraussetzungen sind bei Umlageforderungen der BA aber nicht erfüllt, weil diese von den Vorschriften der §§ 141m, 141n nicht erfaßt werden. Sie nehmen daher an der Zurückstufung der auf die BA übergegangenen Ansprüche nicht teil.

Eine unmittelbare Anwendung des § 141m AFG, auf die sich der Kläger beruft, scheidet bereits deshalb aus, weil diese Vorschrift nur den Übergang von Ansprüchen auf Arbeitsentgelt betrifft, die den Anspruch auf Kaug begründen. Dazu gehören nicht die auf das Arbeitsentgelt entfallenen Pflichtbeiträge zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung, wie sich schon daraus ergibt, daß diese in § 141n AFG eine Sonderregelung erfahren haben; erst recht gehören zum Arbeitsentgelt i.S. dieser Bestimmung nicht die Ansprüche auf WBU, da sie -, abgesehen davon, daß das Arbeitsentgelt als Berechnungsgrundlage dient - zu diesem keine Beziehung haben. Im übrigen verweist § 59 Abs. 2 KO - aus eben diesem Grunde - für die Ansprüche aus § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO nicht direkt auf § 141m AFG, sondern in erster Linie auf § 141n AFG, während die unmittelbare Verweisung auf § 141m AFG nur für die reinen Arbeitsentgeltansprüche des § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a KO gilt.

Entgegen der Ansicht des Klägers scheidet aber auch ein "Anspruchsübergang" und damit eine Zurückstufung der rückständigen WBU von einer Masseforderung zur Konkursforderung nach § 141n i.V.m. § 141m Abs. 1 AFG aus. Nach Abs. 1 Satz 1 des § 141n AFG werden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie Beiträge zur BA, die auf Arbeitsentgelt für die letzten der Eröffnung des Konkursverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses entfallen und bei Eröffnung des Konkursverfahrens noch nicht entrichtet worden sind, auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle vom Arbeitsamt (aus Mitteln der Kaug-Versicherung) entrichtet. Nach der derzeitigen, seit 1. August 1979 geltenden Fassung des § 141n AFG (durch das 5. AFG-ÄndG vom 23. Juli 1979, BGBl. I, S. 1189) ist die bisherige Verweisung auf § 141m AFG gestrichen worden, so daß ein Anspruchsübergang auf die BA nicht mehr stattfindet und daher an sich auch eine Zurückstufung zur Konkursforderung nach § 59 Abs. 2 KO nicht mehr erfolgen kann. Die Einzugsstellen haben vielmehr nach der Neufassung des § 141n AFG einen eigenen, von dem Anspruch des Arbeitnehmers unabhängigen Anspruch auf Zahlung der Beiträge aus der Kaug-Versicherung erhalten. In diesem Zusammenhang ist vergessen worden, § 59 Abs. 2 KO der Neuregelung in § 141n AFG anzupassen (zur beabsichtigten Korrektur des § 59 Abs. 2 KO vgl. Braun, AuB 1983, 345, 346). Hierzu hat der erkennende Senat bereits entschieden, daß mit der Änderung des § 141n AFG nicht die Absicht verbunden war, an den bisherigen Einstufungen im Konkurs etwas zu ändern (vgl. BT-Drucks. 8/2624 S. 31 Nr. 50 zu c). Vielmehr ist weiterhin davon auszugehen, daß alle durch die BA aus Kaug-Mitteln zu erfüllenden Beitragsforderungen der Einzugsstellen nur Konkursforderungen mit dem Rang des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO sind (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1982 - 10 RAr 5/82 -, zur Veröffentlichung bestimmt; so auch Gagel, Kaug, zugleich 2. Lfg. zu Gagel/Jülicher, AFG, § 141n Rdnr.14; ders., ZIP 1980, 90, 92). Gleichwohl findet § 141n AFG auf rückständige WBU keine Anwendung. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung, wonach ausdrücklich nur die Pflichtbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie die Beiträge zur BA, nicht hingegen die Umlagen genannt sind. Mag auch sonst eine weitgehende Gleichbehandlung von Beiträgen und Umlagen erfolgen, so ergeben doch Zweck und Funktion des § 141n AFG einerseits und der systematische Zusammenhang mit dem Konkursrecht andererseits, daß bei der Behandlung der Umlagen eine vom Gesetzgeber gewollte Differenzierung vorliegt.

Zwar genießen im Kaug-Recht (§ 141n AFG) wie im Konkursrecht (§§ 59 Abs. 1 Nr. 3 und 61 Abs. 1 Nr. 1 KO) neben dem Arbeitsentgelt auch die darauf entfallenden Abgaben zur Sozialversicherung besonderen Schutz; jedoch ist der Wirkungsbereich beider Regelungen unterschiedlich. Während im Konkursrecht alle rückständigen Sozialversicherungsabgaben das gleiche Vorzugsrecht wie das Arbeitsentgelt genießen, auch wenn sie - wie die Beiträge zur Unfallversicherung und die Umlagen - keinen Bezug zum Arbeitsentgelt haben (vgl. BSGE 49, 276, 278f.), ist die Kaug-Versicherung nach § 141n AFG auf die Abgaben beschränkt, die dem Grunde nach Bestandteil des Arbeitsentgelts sind (vgl. BT-Drucks. 7/1750, S. 14 zu § 141n AFG). Die mit § 141n AFG bezweckte Absicherung der Sozialversicherungsträger aus Mitteln der Kaug-Versicherung ist nach dem Schutzzweck des Kaug nur insoweit gerechtfertigt, als mit dem Arbeitsentgelt auch Beiträge - als dessen Bestandteile - ausfallen. Das trifft aber weder für die Umlagen noch für die Beiträge zur Unfallversicherung zu, weil sie nicht in diesem Sinne Bestandteil des Arbeitsentgelts sind. Die Kaug-Versicherung erstreckt sich nach ihrer Funktion nicht auf derartige Rückstände.

Umlageforderungen der BA sind daher, auch soweit sie auf die Kaug-Zeit entfallen, von vornherein nur konkursrechtlich - hier als Masseforderungen - gesichert, so daß ein Rangwechsel nach § 59 Abs. 2 KO, der eine Sicherung dieser Forderungen auch in der Kaug-Versicherung voraussetzt, nicht in Betracht kommt.

Gegen eine entsprechende Anwendung des § 59 Abs. 2 KO i.V.m. § 141n AFG auf die rückständige WBU spricht darüber hinaus, daß hier der entsprechende Anknüpfungspunkt für einen Rangwechsel der Forderung fehlt. Bei der WBU besteht nämlich - anders als bei den Pflichtbeiträgen der Sozial- und Arbeitslosenversicherung - kein Anspruch der Einzugsstellen, der vorläufig von der BA aus Kaug-Mitteln befriedigt wird und der deshalb im Zeitpunkt der Beantragung dieser Leistung durch die Einzugsstelle - dem Zeitpunkt des früheren Anspruchsübergangs - nun von der Masseschuld zur Konkursforderung zurückgestuft werden könnte. Vielmehr wird der Anspruch auf WBU, da er von vornherein der BA zusteht, nicht von ihr selbst aus Kaug-Mitteln vorfinanziert. Da es insoweit an einem der Rangänderung im Beitragsbereich entsprechenden zeitlichen Moment fehlt, müßte die rückständige WBU von vornherein als Konkursforderung angesehen werden. Dies widerspräche aber eindeutig dem Wortlaut des Gesetzes, der in § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. e KO Umlagen für die letzten sechs Monate ausdrücklich als Masseschulden einstuft. Erst recht widerspräche es dieser Bestimmung, wenn - dem LSG Baden-Württemberg folgend (ZIP 1983, 842 ff.) - Umlageansprüche der BA überhaupt verneint würden, soweit für das ihrer Berechnung zugrunde zu legende Arbeitsentgelt Kaug gezahlt worden ist. Es mag zwar vielleicht - i.S. der mit §§ 141n AFG, 59 Abs. 2 KO bezweckten Schonung der Konkursmasse - wünschenswert sein, daß der durch die Zurückstufung der aus Kaug-Mitteln befriedigten Arbeitsentgelt und Beitragsansprüche entstandene "Freiraum" im Bereich der Masseschulden allein den Ansprüchen der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt für den vierten bis sechsten Monat zugute kommt und nicht von der BA mit Ansprüchen auf rückständige WBU ausgefüllt wird. Ob in diese Richtung weisende Erwägungen bereits bei Einfügung des § 59 Abs. 2 KO durch das Kaug-Gesetz oder bei der späteren Änderung durch das SGB IV angestellt worden sind, kann hier ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der Gesetzgeber mit der Beibehaltung der Umlagen als Masseschuld bewußt eine Benachteiligung der Arbeitnehmer in Kauf genommen hat. Jedenfalls sind entsprechende Erwägungen in der Gesetzesfassung des § 59 Abs. 2 KO nicht erkennbar geworden (so auch Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO, 9. Aufl., § 59 Anm. 15 f.). Vielmehr ist die rückständige WBU nicht in die Regelung der §§ 141n AFG, 59 Absn2 KO einbezogen worden und daher Masseschuld geblieben (vgl. entsprechend für die Beitragsansprüche zur gesetzlichen Unfallversicherung, BSGE 49, 276, 280 f.). Eine Korrektur kann nur der Gesetzgeber vornehmen.

Ist somit auch nicht zu beanstanden, daß die Beklagte die unstreitig rückständige WBU und die Mehraufwendungspauschalen (§ 186a Abs. 2 Satz 3 AFG, § 6 WBU-VO) als Masseschuld eingestuft und geltend gemacht hat, so sind die angefochtenen Bescheide doch insoweit rechtswidrig, als sie auch Säumniszuschläge in dieser Form geltend machen.

Das Recht, Säumniszuschläge für rückständige WBU zu erheben, ergibt sich aus 3 Abs. 2 WBU-VO i.V.m. § 179 Nr. 1 AFG und § 24 SGB IV. Nach 24 Abs. 1 SGB IV "kann" der Einziehungsberechtigte für Forderungen, die eine Woche nach Fälligkeit noch nicht entrichtet sind, einen einmaligen Säumniszuschlag bis zur Höhe von 2% der rückständigen Beiträge erheben; nach Abs. 2 kann bei längerfristiger Zahlungsverzögerung ein weiterer Zuschlag erhoben werden. Die Erhebung der Säumniszuschläge steht damit im Pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten (Hauck/Haines, SGB IV, K § 24 Rdnr.7; LSG Baden-Württemberg, ZIP 1983, 842, 845; Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, § 179 Rdnr.6, Stand August 1973), wobei ihr nach § 24 Abs. 1 SGB IV ein doppeltes Ermessen dahin eingeräumt ist, ob sie überhaupt Säumniszuschläge erheben will und ob die Höchstgrenze von 2 v.H. ausgeschöpft werden soll (Krause/von Maydell/Merten/Meydam, Gemeinschaftskommentar zum SGB IV, § 24 Rdnr.15). Bei Ermessensentscheidungen erstreckt sich die gerichtliche Überprüfung auf das Vorliegen von Ermessensfehlern (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Ermessensfehlgebrauch liegt auch dann vor, wenn der Berechtigte von dem ihm eingeräumten Ermessen ersichtlich keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 26. Mai 1983, 10 RKg 13/83 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Im vorliegenden Fall lassen sich weder aus den angefochtenen Bescheiden, auf die sich die Feststellungen des SG beziehen, noch aus den Ausführungen der Beklagten Erwägungen erkennen, aus denen sich ergeben könnte, daß die Beklagte ihren Ermessensspielraum erkannt und danach ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat. Vielmehr lassen die Bescheide vermuten, die Beklagte habe die Erhebung und die Höhe der Säumniszuschläge als gesetzliche Folge der Säumnis des Klägers angesehen. Derartiger Nichtgebrauch des Ermessens macht den Bescheid insoweit rechtswidrig.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

ZIP 1984, 465

Breith. 1984, 613

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