Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung des Arbeitslohns: 1 v.H.-Methode für Kfz-Gestellung bei Barlohnumwandlung, Sachlohn, Umwandlung von Barlohn in Sachlohn - Lohnsteuerhaftung: Inanspruchnahme des Arbeitgebers trotz Durchführung des Lohnsteuerabzugs nach Verwaltungsvorschriften ermessensfehlerhaft

 

Leitsatz (amtlich)

Es besteht kein Klärungsbedarf, ob die Bewertung der Kfz-Gestellung gemäß Abschn.31 Abs.7 Nr.4 LStR 1990 nach der 1 v.H.-Methode auch bei Barlohnumwandlung anzuwenden war, weil dies offenkundig der Fall war.

 

Orientierungssatz

1. Für den Lohnsteuerabzug sind grundsätzlich nicht Ansprüche, sondern Zuflüsse maßgebend. Ein Zufluß kann auch darin liegen, daß der geschuldete Barlohn nicht an den Arbeitnehmer ausbezahlt, sondern auf seine Weisung anderweit verwendet wird, z.B. zur Erfüllung einer Verbindlichkeit des Arbeitnehmers aus Kauf, Miete, Darlehen usw. oder wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer Rechtsgeschäfte wie zwischen fremden Dritten abschließen, zu deren Erfüllung Barlohn verwendet wird. Verzichtet dagegen der Arbeitnehmer unter Änderung des Anstellungsvertrages auf einen Teil seines Barlohns und gewährt ihm der Arbeitgeber statt dessen Sachlohn z.B. in Form eines Nutzungsvorteils, so ist der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 EStG anzusetzen.

2. Lohnsteuerhaftung: Eine Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers ist ermessensfehlerhaft, wenn dieser sich beim Lohnsteuerabzug an die allgemeinen Weisungen der zuständigen oberen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes gehalten hat (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1996 VI R 18/96).

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2-3; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; LStR 1990 Abschn. 31 Abs. 7 Nr. 4

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Urteil vom 06.02.1997; Aktenzeichen XI 375/94; EFG 1997, 610; LEXinform-Nr. 0141081)

 

Tatbestand

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde festgestellt, daß die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) einigen leitenden Angestellten im Prüfungszeitraum 1989 bis 1992 erstmalig Firmenfahrzeuge zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt hatte, wobei die Arbeitnehmer für die Dauer der Nutzungsüberlassung unter Änderung ihrer Anstellungsverträge auf einen Teil der ihnen zustehenden Sonderzuwendungen verzichteten. Dem Lohnsteuerabzug war der tatsächlich ausgezahlte Barlohn sowie der nach der 1 v.H.-Methode gemäß Abschn. 31 Abs. 7 Nr. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 1990 ermittelte geldwerte Vorteil der Nutzungsüberlassung unterworfen worden. Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) schloß sich der Ansicht des Prüfers an, die im Zusammenhang mit der Nutzungsüberlassung vereinbarte Barlohnminderung sei eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung und forderte mit Haftungsbescheid vom 19. November 1993 Lohnsteuer auf die Differenz zwischen dem von der Klägerin ermittelten Nutzungsvorteil und der vereinbarten Barlohnminderung nach.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch hiergegen erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 610 veröffentlichten Gründen statt.

Das FA macht mit der Nichtzulassungsbeschwerde Divergenz und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Es beantragt, die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Eine Divergenz zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Juli 1993 VI R 87/92 (BFHE 171, 566, BStBl II 1993, 884) liegt nicht vor. Dort wurde entschieden, daß der Lohnverzicht eines Arbeitnehmers nicht als Lohnzufluß zu behandeln ist, wenn der Arbeitnehmer keine Verwendungsherrschaft über den Teil des Lohnes besitzt, auf den er verzichtet hat. Demgegenüber geht es im Streitfall um die andere Rechtsfrage, ob der Austausch von Lohnformen --Sachlohn in Form von Nutzungsüberlassung statt Barlohn-- deswegen steuerlich unbeachtlich sei, weil wirtschaftliches Ziel der Vereinbarung auch die Ausnutzung einer günstigeren Bewertung des Sachlohns ist.

2. Es besteht auch kein Klärungsbedarf, ob die Bewertungsanordnung des Abschn. 31 Abs. 7 Nr. 4 LStR 1990 auch für Fälle der Barlohnumwandlung galt. Nachdem die im Streitfall noch eingreifende Verwaltungsregelung über die Lohnbewertung bei Kfz-Gestellung durch die Gesetzesregelung in § 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgelöst worden ist, könnte schon aus diesem Grund ein Klärungsbedarf über den Anwendungsbereich der Verwaltungsregelung entfallen sein. Fehl geht in diesem Zusammenhang mangels Vergleichbarkeit auch der Hinweis des FA auf solche Fälle der Barlohnumwandlung, in denen der Arbeitgeber nicht, wie im Streitfall, Nutzungsvorteile, sondern Verwendungszuschüsse gewährt, abgesehen davon, daß bei Barlohnumwandlungen --je nach Wortlaut und Zweck der anzuwendenden Norm-- unterschiedliche Auslegungsergebnisse denkbar sind (vgl. einerseits BFH-Urteil vom 21. Oktober 1994 VI R 12/94, BFHE 176, 107, BStBl II 1995, 511 zum zinsvergünstigten Arbeitgeberdarlehen und andererseits BFH-Urteil vom 12. März 1993 VI R 71/92, BFHE 171, 67, BStBl II 1993, 521; mit Anmerkung o.V., Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1993, 456 zur Steuerfreiheit von Jubiläumszuwendungen; vgl. auch zur Problematik unterschiedlicher Behandlung von Barlohnumwandlungen Küttner, Personalbuch 1997, Arbeitgeberzuschuß Rz. 6; Wagner, Betriebs-Berater 1992, 2483; o.V., HFR 1993, 368).

Jedenfalls besteht kein weiterer Klärungsbedarf deswegen, weil die Frage, wie eine Lohnumwandlung der streitigen Art steuerlich zu behandeln war, offensichtlich in der Weise zu beantworten ist, wie es das FG im angefochtenen Urteil getan hat. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung sind für den Lohnsteuerabzug grundsätzlich nicht Ansprüche, sondern Zuflüsse maßgebend (z.B. BFH-Urteil vom 27. Mai 1993 VI R 19/92, BFHE 172, 46, BStBl II 1994, 246). Allerdings kann ein Zufluß auch darin liegen, daß der geschuldete Barlohn nicht an den Arbeitnehmer ausbezahlt, sondern auf seine Weisung anderweit verwendet wird, z.B. zur Erfüllung einer Verbindlichkeit des Arbeitnehmers aus Kauf, Miete, Darlehen usw. Eine derartige Lohnverwendung stellt lediglich eine Abkürzung des Zahlungsweges dar und läßt den Charakter der Zahlung als Barlohnzuwendung unberührt. Eine solche Bestimmung kann auch vorliegen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer Rechtsgeschäfte wie zwischen fremden Dritten abschließen, zu deren Erfüllung Barlohn verwendet wird. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, daß der Arbeitnehmer unter Änderung des Anstellungsvertrages auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und ihm der Arbeitgeber statt dessen Sachlohn z.B. in Form eines Nutzungsvorteils gewährt. So verhielt es sich nach den Feststellungen des FG im Streitfall. Dann ist der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 EStG anzusetzen.

Die Verwaltung hat für den Fall der Sachlohnzuwendung durch Kfz-Gestellung in Anwendung von § 8 Abs. 2 EStG gemäß Abschn. 31 Abs. 7 Nr. 4 LStR 1990 eine Bewertung nach der 1 v.H.-Methode vorgesehen, die keinen Vorbehalt dahingehend enthält, daß sie im Falle der Barlohnumwandlung nicht anwendbar wäre. Sofern Bedenken gegen diese Bewertungsmethode bestanden haben sollten (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23. Oktober 1992 VI R 1/92, BFHE 169, 438, BStBl II 1993, 195), kann dies der Klägerin nicht entgegengehalten werden, weil eine Haftungsinanspruchnahme der Klägerin ermessensfehlerhaft wäre, wenn sie sich beim Lohnsteuerabzug an die allgemeinen Weisungen der zuständigen oberen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes gehalten hat (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1996 VI R 18/96, BFHE 182, 145, BStBl II 1997, 413). Da im Streitfall Sachlohn anzunehmen ist und die Klägerin sich beim Lohnsteuerabzug an die Bewertungsvorgaben der Verwaltung gehalten hat, hat das FG der Klage zu Recht stattgegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66259

BFH/NV 1998, 127

BFH/NV 1998, 127-128 (Leitsatz und Gründe)

BStBl II 1997, 667

BFHE 183, 568

BFHE 1998, 568

BB 1997, 2199-2200 (Leitsatz und Gründe)

DB 1997, 2259 (Leitsatz, Kurzwiedergabe)

DStR 1997, 1642-1643 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 870 (Leitsatz)

DStZ 1998, 56-57 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1997, 925-926 (Leitsatz und Gründe)

StE 1997, 670 (Leitsatz)

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