Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbstätigkeit während des Urlaubs

 

Normenkette

BUrlG § 8; BGB § 823; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 31.08.1988; Aktenzeichen 4 Sa 229/88)

ArbG Lüneburg (Urteil vom 12.01.1988; Aktenzeichen 2 Ca 668/87)

 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 31. August 1988 – 4 Sa 229/88 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Beklagte ist von Beruf Orgelsachverständiger. Er war bei der Klägerin seit 1. November 1984 als „C-Kirchenmusiker” angestellt und hatte die Aufgabe, nebenamtlich als Organist und Chorleiter tätig zu sein. Sein Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach der Ordnung für den Dienst der nebenberuflichen Kirchenmusiker in der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 15. November 1979 (Kirchliches Amtsblatt, S. 228) (Ordnung) in der jeweils gültigen Fassung sowie der örtlichen Dienstanweisung vom 1. November 1984. In § 13 Ordnung ist u.a. bestimmt:

„Urlaub

(1) Der Kirchenmusiker erhält in jedem Kalenderjahr Erholungsurlaub unter Fortzahlung seiner Vergütung. Der Urlaub beträgt

nach vollendetem 40. Lebensjahr 42 Kalendertage (höchstens fünf freie Sonntage).

(2) Im übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes. Der Urlaub ist spätestens drei Wochen vor Beginn zu beantragen. Er soll nicht in die hohen kirchlichen Festtage fallen.

…”

Im Dezember 1986 standen für den Beklagten noch ein Urlaubsanspruch von 28 Kalendertagen, davon drei Sonntage, offen.

Nachdem der Beklagte am 7. Dezember 1986 um Urlaub für folgende Zeitabschnitte gebeten hatte:

1.

11. Januar 1987

bis

9. Februar 1987

=

30 Tage

2.

15. Februar 1987

bis

1. März 1987

=

15 Tage

3.

22. März 1987

bis

30. März 1987

=

9 Tage

– diese Urlaubsanträge waren durch den Vorsitzenden des Presbyteriums der Klägerin, einen Pastor, schriftlich genehmigt – teilte er dem Vorstand des Presbyteriums am 8. Dezember 1986 mit, daß er beabsichtigte, im zweiten Quartal 1987 eine Kirchenmusikerstelle in B. anzutreten.

Auf die Urlaubsanträge des Beklagten erwiderte die Personalabteilung der Klägerin unter dem 12. Dezember 1986:

„…

anbei übersende ich Ihnen neue Urlaubsanträge.

Aus 1986 verbleiben Ihnen noch 28 Resturlaubstage, die jedoch nur noch 3 freie Sonntage beinhalten.

Sie haben folgende Urlaubsansprüche:

Resturlaub 1986

=

28 Kalendertage

(3 freie Sonntage)

Urlaubsanspruch 1987

=

42 Kalendertage

(5 freie Sonntage)

Gesamtanspruch 1987

=

70 Kalendertage

(8 freie Sonntage).

In den von Ihnen geplanten Urlaub v. 11.01.–09.02.1987 fallen 5 Sonntage, damit wäre also – was die Sonntage anbelangt – ihr 87er Urlaub bereits genommen.

Was den von Ihnen geplanten Resturlaub 86 in der zeit vom 15.02. bis 01.03.1987 = 15 Kalendertage betrifft, so bleiben Ihnen von diesem Resturlaubsanspruch noch 13 Wochentage, jedoch kein freier Sonntag mehr. Der vom 22.03.–29.03.1987 geplante Resturlaub 1986 kann, was die Sonntage anbelangt, nicht genehmigt werden.

Im übrigen muß der aus dem Vorjahr bestehende Resturlaub zuerst genommen werden.

…”

Der Beklagte hat sich auf dieses Schreiben nicht geäußert. Er hat am 4. und 5. Januar sowie am 15. und 16. März seinen Dienst bei der Klägerin versehen und ist mit Wirkung vom 1. Januar 1987, ohne die Klägerin davon zu unterrichten, in die Dienste der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde B. als teilzeitbeschäftigter Kirchenmusiker mit 30 Wochenstunden getreten.

Die Klägerin hat dem beklagten entsprechend der für ihn maßgeblichen Eingruppierung in den Monaten bis März 1987 jeweils 1.093,05 DM gezahlt.

Nachdem die Klägerin Anfang April 1987 erfahren hatte, daß der beklagte schon seit 1. Januar bei der Kirchengemeinde B. tätig war, erklärte sie ihn telegrafisch am 9. April 1987 als „sofort vom Dienst beurlaubt” und kündigte danach am 15. April 1987 das Arbeitsverhältnis fristlos. Der beklagte hat sich gegen diese Kündigung nicht gewandt.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage Rückzahlung des dem Beklagten von Januar bis März 1987 gezahlten Entgelts von 3.279,15 DM (1.093,05 DM × 3) begehrt, abzüglich einer von ihr mit 987,27 DM berechneten Abgeltung für 28 Kalendertage Resturlaubsanspruch 1986 sowie einer Vergütung von insgesamt 166,– DM für die „Sonderdienste am 4. und 5. Januar sowie am 15. und 16. März 1987”, insgesamt also 2.125,88 DM.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aufgrund des Verhaltens des beklagten sei von einem Ende des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 1986 auszugehen, da durch die anderweitige Arbeitsaufnahme des Beklagten das Arbeitsverhältnis zu ihr faktisch beendet worden sei. Der Beklagte sei aber auch nach § 8 BUrlG zur Rückzahlung der ihm während des Urlaubs gezahlten Vergütung verpflichtet, weil er während dieser Zeit eine anderweitige Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Schließlich sei ihr Anspruch auch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB begründet, weil der Beklagte ihr die Arbeitsaufnahme in B. pflichtwidrig verschwiegen habe. Deswegen habe sie nicht nur unterlassen, ihn fristlos zu kündigen, sondern habe ihm auch noch für die Monate Januar bis März 1987 die bisherige Vergütung fortgezahlt. Wegen des Verstoßes gegen § 8 BUrlG habe der Beklagte einen rechtswidrigen Vermögensvorteil erlangt. Im übrigen habe der Beklagte auch für 1987 von der Kirchengemeinde B. den vollen Jahresurlaub erhalten, so daß auch insoweit eine Überzahlung des Beklagten vorliege. Hätte der Beklagte bereits am 1. Januar 1987 die anderweitige Arbeitsaufnahme angezeigt, wäre ihm von der Klägerin der von ihm beantragte Urlaub nicht bewilligt worden.

Die Klägerin hat beantragt, den beklagten zu verurteilen, an sie 2.125,88 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Mai 1987 zu zahlen. Der beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin den beklagten verurteilt, an die Klägerin 70,51 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Mai 1987 zu zahlen und hat im übrigen die Berufung zurückgewiesen mit der Begründung, der Beklagte sei am 22. und am 29. März 1987 unentschuldigt seinem Dienst nicht nachgekommen, weil er hierfür Urlaub nicht erhalten habe. Zahlungsansprüche im übrigen seien jedoch zu verneinen.

Mit der insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klaganspruch weiter, soweit diesem bisher nicht entsprochen worden ist. Der Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Soweit die Klägerin ihren Klagantrag darauf stützt, das Arbeitsverhältnis des Beklagten sei am 31. Dezember 1986 beendet worden und der Beklagte deshalb zur Rückzahlung des ihm gezahlten Gehalts für die Monate Januar bis März 1987 verpflichtet, ist die Klage unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung für die Monate Januar bis März 1987, weil das Arbeitsverhältnis des Beklagten durch dessen Vertragsschluß mit der Kirchengemeinde B. nicht beendet worden ist. Hierzu hätte es entweder einer Vereinbarung zwischen den Parteien des Rechtsstreits oder einer Kündigungserklärung durch eine der Parteien bedurft. Daran fehlt es jedenfalls für den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses des Beklagten in B. Zu Recht haben demgemäß die Vorinstanzen angenommen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien frühestens mit Zugang der fristlosen Kündigung vom 15. April 1987 geendet hat. Damit scheidet zugleich aus, daß die Klägerin dem Beklagten 987,27 DM als Abgeltung für 28 Resturlaubstage aus dem Jahre 1986 gewährt hat. Dieser Betrag stand dem Beklagten als Entgelt im fortbestehenden Arbeitsverhältnis zu.

II. Soweit die Klägerin ihren Zahlungsantrag darauf gestützt hat, der Beklagte während habe seines Urlaubs eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit geleistet, steht dies im Widerspruch zu ihrem Vorbringen, das Arbeitsverhältnis sei bereits am 1. Januar 1987 beendet worden.

Auch wenn davon ausgegangen wird, daß die Klägerin diese Begründung ihres Klagantrags nur hilfsweise und nicht alternativ zur Entscheidung des Gerichts stellen will, ist insoweit die klage dennoch unzulässig, weil dieser Begründung nicht zu entnehmen ist, wieviele Kalendertage der Beklagte von der Klägerin Urlaub erhalten hat und welches Entgelt jeweils nach ihrem Vortrag für die von ihr gewährten Urlaubstage gezahlt worden ist.

Mit dem Klageantrag fordert die Klägerin – abgesehen von einer von ihr mit 987,27 DM bezifferten Summe für den von ihr nicht bestrittenen Resturlaub 1986 sowie dem Betrag für „Sonderdienste” – das gesamte Arbeitsentgelt für drei Monate zurück. Die Klägerin übergeht dabei, daß der Beklagte jedenfalls von Jahresbeginn bis zum 11. Januar 1987 keinen Urlaub hatte, weiter, daß auch nach ihrem Vortrag der Beklagte vom 9. bis 15. Februar und vom 2. bis 21. März 1987 ebenfalls weder Urlaub erbeten, noch die Klägerin ihn gewährt hatte. Unter diesen Umständen ist unklar, wie die Vergütung für die Urlaubstage von dem im übrigen von der Klägerin geschuldeten Entgelt zu unterscheiden und wie die Höhe des Entgelts für die dem Beklagten gewährten Urlaubstage zu bestimmen ist.

Das Vorbringen der Klägerin entspricht insoweit nicht den nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO an die Klage zu stellenden Anforderungen. Es fehlt an der danach notwendigen bestimmten Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs.

III. Ein Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz, den sie auf § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 263 StGB stützen will, besteht ebenfalls nicht. Das Landesarbeitsgericht hat einen solchen Anspruch zu Recht verneint. Seinen Ausführungen ist insoweit nicht hinzuzufügen: Die Klägerin hat weder vorgetragen, worin der ihr angeblich entstandene Schaden aus einer unerlaubten Handlung des Beklagten besteht, noch hat sie dargelegt, daß der Beklagte dabei etwa vorsätzlich oder gar mit Bereicherungsabsicht gehandelt hätte. Nur dies könnte einen solchen Anspruch begründen.

 

Unterschriften

Michels-Holl, Dr. Leinemann, Dr. Wittek, Dr. Liebers, Hennecke

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1049186

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