Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch einer Gewerkschaft auf Zutritt zum Betrieb. Unterstützung des Wahlvorstands. Gewinnung von Wahlbewerbern

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Gewerkschaft kann im Wege einer einstweiligen Verfügung ihren Anspruch gegen einen Arbeitgeber durchsetzen, zum Zwecke der Unterstützung und Beratung des für eine Betriebsratswahl gebildeten Wahlvorstandes Zugang zum Betrieb zu erhalten.

2. Ebenso kann eine Gewerkschaft im Wege einer einstweiligen Verfügung ihren Anspruch gegen den Arbeitgeber durchsetzen, Zugang zum Betrieb zum Zwecke der Gewinnung von Wahlbewerbern zu erhalten.

3. In beiden Fällen ist der Zugang der Gewerkschaft zur Wahrung schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers auf bestimmte Räumlichkeiten des Betriebs und ggf. auch bestimmte Zugangszeiten einzuschränken bzw. von der Einhaltung von Ankündigungsfristen abhängig zu machen.

 

Normenkette

BetrVG § 2 Abs. 2, § 14 Abs. 3

 

Tenor

1. Die Beteiligte zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, den Zugang von jeweils bis zu zwei Vertretern der Beteiligten zu 1) zum Zwecke der Beratung und Unterstützung des Beteiligten zu 3) zum Betrieb in der S-Straße 1 a in C-Stadt in der Zeit von täglich 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr zu dulden. Der Zugang der Vertreter der Beteiligten zu 1) ist auf das dem Beteiligten zu 3) zur Verfügung gestellte Büro und die zu seiner Erreichung nötigen Zuwegungen sowie geeignete sanitäre Räumlichkeiten beschränkt. Des Weiteren ist den Vertretern der Beteiligten zu 1) nach Absprache mit der Beteiligten zu 2) die Inaugenscheinnahme für den Wahlvorgang vorgesehener Räumlichkeiten von der Beteiligten zu 2) zu ermöglichen. Herr S. ist als Vertreter der Beteiligten zu 1) berechtigt, ohne Einhaltung einer Ankündigungsfrist den Zugang zu verlangen. Im Übrigen hat die Beteiligte zu 1) jedes Zugangsbegehren ihrer Vertreter 36 Stunden vorher unter deren namentlicher Benennung der Beteiligten zu 2) schriftlich, per Telefax oder durch … E-Mail anzukündigen.

2. Die Beteiligte zu 2) wird im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet, den Zugang von jeweils bis zu zwei Vertretern der Beteiligten zu 1) zum Zwecke der Gewinnung von Wahlbewerbern für die anstehende Betriebsratswahl zum Betrieb in der S-Straße 1 a in C-Stadt an drei Tagen für einen Veranstaltungszeitraum von jeweils 45 Minuten zu dulden. Der Zugang der Vertreter der Beteiligten zu 1) ist auf einen von der Beteiligten zu 2) zur Verfügung zu stellenden Versammlungsraum geeigneter Größe und die zu seiner Erreichung nötigen Zuwegungen beschränkt. Die Beteiligte zu 2) hat durch geeignete Einrichtung und ggf. Änderung ihrer Organisationsabläufe sicherzustellen, dass sämtliche wahlberechtigte oder wählbare Beschäftigte an mindestens einem Termin teilnehmen können.

3. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

4. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen zu 1) und 2) wird der Beteiligten zu 2) ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,– EUR angedroht.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1), eine Gewerkschaft, begehrt im Wege einstweiliger Verfügung von der Beteiligten zu 2) Zugang zum Betrieb zur Wahrnehmung aller sich aus § 2 Abs. 2 BetrVG ergebenden Rechte, hilfsweise, um den Wahlvorstand, den Beteiligten zu 3), bei der Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratswahl beratend zu unterstützen, sowie, um Bewerber für die anstehende Betriebsratswahl zu gewinnen.

Die Beteiligte zu 1) ist die für die Beteiligte zu 2) zuständige Gewerkschaft. Der Beschäftigte J. B. der Beteiligten zu 1) hat am 3.9.2013 zur Urkunde des Hamburgischen Notars Dr. W. E. an Eides statt versichert, dass bei der Beteiligten zu 2) mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist, der Mitglied der Beteiligten zu 1) ist.

Am 9. September 2013 wurden in allen neun Servicegesellschaften des E.-Verbundes, so auch bei der Beteiligten zu 2), Wahlvorstände gewählt.

Mit Schreiben vom 18. September 2013 (Bl. 39-41 d. A.) forderte der anwaltliche Bevollmächtigte der Beteiligten zu 1) für deren Vertreter Zutritt zum Betriebsgelände der Beteiligten zu 2), und zwar ausdrücklich sowohl zur Unterstützung des Beteiligten zu 3) bei der Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratswahl als auch zur Suche nach geeigneten Kandidat/innen, um das Vorschlagsrecht nach § 14 Abs. 3 BetrVG ausüben zu können.

Am 23. September 2013 meldete sich Herr E. für die Beteiligte zu 1) bei der Beteiligten zu 2) und erklärte, dass er die Sitzungen des Beteiligten zu 3) am 24. und am 27. September 2013 besuchen wolle. Mit E-Mail vom 24. September 2013 lehnte der Geschäftsführer der Beteiligten zu 2), Herr R. S., dieses Ansinnen von Herrn E. ab und verwies ihn auf einen Konferenzraum im Hotel S., der für die Sitzungen des Beteiligten zu 3) von der Beteiligten zu 2) angemietet worden war.

Herr E. suchte den Betrieb der Beteiligten zu 2) gleichwohl am Morgen des 24. September 2013 auf. Der Betriebsleiter der Beteiligten zu 2), Herr M. K., verweigerte Herrn E. in Anwesenheit der Mitglieder des Beteiligten z...

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