Digital Learning fehlt strategische Einbindung
Die Umfrage der Fosway Group zeigt, dass Unternehmen zwar die zentrale Bedeutung des digitalen Lernens für die Zukunft der Personalentwicklung erkennen, gleichzeitig aber vor erheblichen Umsetzungsproblemen stehen. Vor allem mangele es an der strategischen Einbindung von Lerntechnologien in das Kerngeschäft und an einer klaren, nutzerfreundlichen Integration in den Arbeitsalltag. Untersucht wurden Weiterbildungsprioritäten und -strategien, die Entwicklung von Budgets und Investitionen, der Einfluss von künstlicher Intelligenz, Lernerfahrungen und eingesetzte Technologien. Befragt wurden dazu zwischen März und Mai 2024 mehr als 1.500 Lern- und HR-Experten aus ganz Europa.
Fortbildung und Umschulung bleiben Top-Prioritäten
Weiterbildung und Umschulung haben laut der Umfrage für 53 Prozent der Unternehmen oberste Priorität. Nachhaltigkeit und ESG erweisen sich für 63 Prozent als besondere Treiber. Gleichzeitig haben die L&D-Abteilungen wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten: Nur 17 Prozent halten die eigene Strategie für effizient, um die Fähigkeiten der Mitarbeitenden erfolgreich weiterzuentwickeln. Die Autoren der Studie gehen noch einen Schritt weiter: Sie attestieren den meisten L&D-Teams, dass sie nicht wirklich über die Fähigkeiten verfügen, um ein strategischer Partner für das Business zu sein und den Wert des Lernens für die Leistungsfähigkeit der Organisation aufzuzeigen.
Budgets für L&D unter Druck
Die mangelnde Fähigkeit, den Wert des Lernens für die Organisation darzustellen, wirkt sich auch auf die Entwicklung der Budgets aus. So gaben 61 Prozent der befragten L&D-Teams an, dass ihre Budgets entweder gesunken oder im Vergleich zum Vorjahr gleich geblieben sind. Auch die unsichere Wirtschaftslage, so die Erwartung der Befragten, bleibt nicht ohne Folgen und führt dazu, dass Investitionen in Lernen verschoben oder ganz gestrichen werden. Wenn investiert wird, dann - wenig überraschend - in KI-basierte Werkzeuge. So planen 51 Prozent Investitionen in Systeme, die mit Hilfe von generativer KI die Erstellung von Lerninhalten unterstützen oder automatisieren, 68 Prozent gehen konkret von einer stärkeren Nutzung aus. Größere Investitionen fließen demnach nur in die Weiterbildung von Fachexperten. Die Umfrage bestätigt zudem, was seit dem Aufkommen der generativen KI vermutet, vor allem aber erhofft wird: KI wird nicht genutzt, um Stellen in der Personalentwicklung abzubauen. Allerdings verschiebt sich der Schwerpunkt hin zu Jobprofilen, die darauf spezialisiert sind, die Lernerfahrung zu verbessern.
Lernplattformen und KI
Bereits in einem Jahr wird KI die Personalentwicklung massiv verändert haben, das erwartet mehr als die Hälfte der Befragten. Gleichzeitig wächst die Skepsis, dass KI überschätzt wird. Insbesondere intelligenten Assistenten (digitalen Lernbegleitern) wird zugetraut, den Zugang zum Lernen in der Organisation massiv zu verändern, weil sie ihn unabhängig von den ungeliebten Lernplattformen ermöglichen. Diese Entwicklung könnte dazu führen, dass Lernsysteme zunehmend auf die administrative Ebene reduziert und vor allem als "Headless LMS/LXP" eingesetzt werden. Dass sie von der Integration von KI in aktuelle LMS und LXP enttäuscht sind, gaben 69 Prozent der Befragten an. Die Integration und Anwendung von KI in Lernplattformen wird daher zunehmend zum entscheidenden Faktor für den Erfolg oder Misserfolg dieser Systeme und wird die Anbieter in den nächsten Jahren massiv unter Druck setzen, folgern die Autoren. Dort, wo KI bereits eingesetzt wird, was demnach nur bei einer Minderheit der Unternehmen der Fall ist, soll sie vor allem die Effizienz und Effektivität des Lernens verbessern und das Lerndesign optimieren.
Blended Learning erlebt Comeback
Während der Corona-Pandemie waren laut Umfrage noch viele Personalentwickler davon überzeugt, dass ihre Lernplattform zu ihren Ansprüchen passt. Dies ist nur zwei Jahre später nicht mehr der Fall: In der aktuellen Umfrage gaben 56 Prozent an, dass die vorhandene Lernplattform nicht den Anforderungen entspricht. Die Autoren führen diese wachsende Diskrepanz auch auf die überzogenen Erwartungen zurück, die der KI-Hype ausgelöst hat.
Bei den Lernformaten erlebt Blended Learning ein Comeback. 50 Prozent der Befragten räumen diesem Lernformat die höchste Priorität ein, um das Lernen in der Organisation im kommenden Jahr voranzubringen. Bei der Frage, in welche Lernplattformen Unternehmen investieren, setzen 76 Prozent der Befragten auf "Best-of-Breed"-Lösungen von spezialisierten Anbietern und nicht auf die Angebote von Human-Capital-Management-Systemen, wie sie beispielsweise SAP und Workday in ihren Suiten integrieren.
LXPs im Niedergang, LMS stabil
Als vor rund zehn Jahren LXPs auf den Markt kamen, die das selbstgesteuerte und personalisierte Lernen mit Lernempfehlungen fördern sollten, begann der Abgesang auf die deutlich älteren LMS, bei denen die Verwaltung und Auslieferung von gesetzlich vorgeschriebenen E-Learnings wie Compliance-Trainings im Vordergrund stand. Inzwischen geben 58 Prozent der Befragten an, entweder LXP-Funktionalitäten in ihr LMS integriert zu haben oder keinen Bedarf für ein eigenes LXP zu sehen. Dies könnte dazu führen, dass reine LXPs überflüssig werden, folgern die Autoren - zumal Lösungen wie adaptives und szenariobasiertes Lernen ein besseres Lernerlebnis ermöglichen.
Ganz oben auf der Anforderungsliste an Lernlösungen der Befragten stehen dagegen Analysetools und Kompetenzmanagement. Diese Erwartungen werden von den aktuellen Systemen kaum erfüllt. Rund 40 Prozent planen, ihre Lösungen in diesem Bereich in den nächsten zwei Jahren auszutauschen.
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