Softwarehaus Veda will Bestandsgeschäft ausweiten

Mit einer Neugründung möchte das mittelständische Softwarehaus Veda sein Bestandsgeschäft ausweiten und absichern. Die Zukunft sieht Geschäftsführer Ralf Gräßler – neben den HR-Core Themen wie Payroll und Zeitwirtschaft – immer stärker bei Themen wie Kultur und Transformation.

Rund 550 Kilometer liegen zwischen Alsdorf nahe Aachen und Leipzig. Eine Distanz, die groß genug ist, um einer neuen Idee den Raum zum Wachsen zu geben, findet Ralf Gräßler. Der 57-Jährige ist geschäftsführender Gesellschafter bei Veda, einem mittelständischen Softwareanbieter mit rund 180 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von knapp 20 Millionen Euro. Neben dem Firmensitz in Alsdorf betreibt das Unternehmen drei weitere Standorte: Offenburg, Hirschberg und nun auch Leipzig. Dort ist das firmeneigene Startup Nuwork angesiedelt, das eine Plattform für die Managementmethode Objectives and Key Results (OKR) entwickelt hat. Sie soll den Kulturwandel in Unternehmen unterstützen, indem sie Teams dabei hilft, Ziele festzulegen und deren Erreichung im Blick zu behalten.

Ein Startup als Zukunftsaussicht

Nuwork ist so etwas wie die Zukunftswette von Veda. Denn bislang verdient der Mittelständler sein Geld mit Softwarelösungen für Lohn und Gehalt, Zeiterfassung und People Management. Außerdem bietet das Unternehmen Outsourcing-Dienstleistungen an, beispielsweise für die Lohn- und Gehaltsabrechnung. Etwa 45 Prozent des Gesamtumsatzes entfallen nach eigenen Angaben auf die Sparte Payroll, 30 Prozent auf Zeitwirtschaft und knapp 25 Prozent auf People Management. "Vor einigen Jahren hätte ich eher darauf gewettet, dass die People-Themen uns heute den Hauptumsatz bringen würden", sagt Gräßler. Stattdessen hätte sich die Verteilung stabilisiert. Auch, weil die Nachfrage nach Basislösungen wie Payroll und Zeitwirtschaft sogar noch gestiegen sei.

Gräßler macht sich trotzdem nichts vor. Die Lohnabrechnung sei zwar äußert komplex, was für Kunden eine hohe Wechselhürde darstelle, doch ein richtiger Wachstumsmarkt sei sie nicht. Zuwächse seien am ehesten noch über das Outsourcing-Geschäft möglich – oder im Verdrängungswettbewerb mit anderen Anbietern. Doch der ist hart. Und Veda strebt keine Preisführerschaft an. "Unser Stärke ist die Leistungsbreite", behauptet Gräßler. Derzeit mischen rund 60 zertifizierte Anbieter für Lohnbuchhaltungssoftware im deutschen Markt mit. Gräßler erwartet eine Konsolidierung in den nächsten Jahren. Dass dabei Schwergewichte wie Datev oder ADP die Segel streichen, ist eher unwahrscheinlich.

OKR-Software aus eigener Überzeugung

Veda positioniert sich daher als Anbieter einer HR-Plattform, die die sogenannten HR-Core-Bereiche abdeckt. Und zukünftig werden dazu auch Themen wie OKR an Bedeutung gewinnen: "Die OKR-Plattform zahlt auf die Zukunftsthemen Kultur und Transformation ein", sagt Gräßler. Von Kritikern als Managementmode verschrien, ist er von der Wirkung der Methode überzeugt. "Wir wenden OKR seit Jahren auch bei uns im Unternehmen an", sagt Gräßler. Er geht davon aus, dass mittelständische Unternehmen die Lösung zunehmend nachfragen werden. In einigen Branchen, beispielsweise dem Dienstleistungssektor, ist das Thema Transformation bereits akut. Andere, wie etwa der Maschinen- und Anlagenbau, seien noch etwas zögerlicher. Trotzdem ist er überzeugt, dass auch Unternehmen aus den Nachzüglerbranchen künftig Bedarf anmelden werden.

Bis dahin soll die Lösung weiter reifen. Auch deshalb hat Veda den Standort Leipzig, bewusst auf Distanz zum Firmensitz gewählt. "Wir wollten sicherstellen, dass sich das Projekt eigenständig entwicklen kann, ohne dabei vom laufenden Geschäft zu stark beeinflusst zu werden", sagt Gräßler. Für Leipzig sprach die renommierte Universität, der gute Arbeitsmarkt und die aktive Startup-Szene. Die OKR-Plattform funktioniert sowohl als Einzelanwendung wie auch als Modul der VEDA Horizon Suite.

Damit passt das Produkt in die Strategie von Veda. "Wir sehen uns als End-to-End-Anbieter", sagt Gräßler. Perspektivisch wolle man mehr Kunden eine Gesamtlösung aus Lohnabrechnung, Zeiterfassung und People Management anbieten. Die Entwicklung gehe bereits in diese Richtung. Die Zahl der Kunden, die mehr als nur eine Lösung des Anbieters einsetzen, stiege kontinuierlich, so der Geschäftsführer. Die Migration der Softwarelösung in die Cloud, könnte diesen Trend noch verstärken. Bis zum Jahr 2025 möchte das Softwarehaus alle Kunden auf die Cloud-Lösung überführt haben.

Vollständige Migration in die Cloud bis 2025

Bereits heute stammen dreiviertel des Gesamtumsatzes aus dem Cloudgeschäft. Allerdings arbeitet noch jeder zweite Kunde mit der auslaufenden On-Premise-Lösung. Die vollständige Migration dürfte also noch einige Ressourcen beim Anbieter verschlingen. Denn gleichzeitig müssten auch interne Prozesse wie Entwicklung oder Support auf das neue Betriebsmodell umgestellt werden, erzählt Gräßler. Dennoch sieht er in diesem Umbruch eine Chance. Viele Kunden nähmen die Migration zum Anlass, ihre Softwarelandschaft zu verschlanken, behauptet Gräßler. Eine Suite, also alles von einem Anbieter zu beziehen, sei da eine attraktive Option, glaubt er. Damit könnten die Unternehmen Effizienzgewinne erzielen. Das sei für einen Großteil der Kunden die Hauptmotivation hinter der Digitalisierung.

Dass die Attraktivität des HR-Tech-Marktes internationale Player, Investoren und Gründer auf den Plan ruft, sieht Gräßler gelassen. Er sieht sein Unternehmen gut aufgestellt. "Tradition, wie wir sie haben, spielt in Deutschland immer ein große Rolle, gerade unter mittelständischen Unternehmen." Am Ende zählten Expertise, Erfahrung und eine Zukunftsstrategie. All das glaubt Gräßler zu haben. Die Wachstumsprognose klingt optimistisch. Neun Prozent will Veda mindestens im laufenden Geschäftsjahr im Vergleich zu Vorjahr zulegen, im Cloud-Bereich sogar 30 Prozent.


Zur Serie: Im "Marktgespräch HR Tech" spricht die Haufe Online Redaktion in regelmäßigen Abständen mit Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen etablierter Softwarehäuser sowie aufstrebender Startups und beleuchtet dabei die Entwicklungen und Trends im Markt für HR-Software.