Marktgespräch HR-Software mit Patrick Barazzoni von SD Worx

Wenn Unternehmen mit ihrer HR-Administration überfordert sind, winkt einem belgischen Dienstleistungsunternehmen ein lohnendes Geschäft. SD Worx zählt zu den führenden europäischen Anbietern von Managed-Payroll- und HR-Services. Im Geschäftsjahr 2023 soll der Umsatz erstmals die Milliardengrenze überschreiten. Welche Rolle dabei der deutsche Markt spielt, erzählt Geschäftsführer Patrick Barazzoni im Marktgespräch HR Tech.

Die trüben Konjunkturaussichten für Deutschland bereiten Patrick Barazzoni keine Sorgenfalten. Während übereinstimmenden Prognosen zufolge die Wirtschaft hierzulande im Jahr 2023 um 0,4 Prozent schrumpfen soll, rechnet der Geschäftsführer von SD Worx für die Region DACH mit einem satten Wachstum. Der Umsatz des HR-Dienstleisters soll im laufenden Geschäftsjahr in Deutschland um zwölf bis 15 Prozent steigen. Dieses Wachstumstempo möchte Barazzoni auch in den kommenden Jahren halten – unabhängig von möglichen Übernahmen, die der Anbieter in der Vergangenheit regelmäßig getätigt hat.

Diese kämen "on top", sagt der Geschäftsführer. Auf europäischer Ebene könnte die SD Worx-Gruppe im Jahr 2023 erstmals die Milliardengrenze überschreiten. Im Vorjahr kam der Dienstleister auf einen Gesamtumsatz von rund 962 Millionen Euro. Neben organischem Wachstum setzt das Unternehmen auf externe Unterstützung. Seit diesem Jahr ist die Investmentgesellschaft CVC Strategic Opportunities als externer Minderheitsanteilseigner mit an Bord. Der Deal solle zusätzliches Kapital für die Umsetzung der europäischen Wachstumspläne generieren, heißt es auf der Unternehmensseite. Darin spielt auch der deutsche Markt ein gewichtige Rolle.

Eine Million Lohnabrechnungen monatlich durchgeführt

"Deutschland ist für uns der zweitwichtigste Markt", sagt Barazzoni. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder. Etwa ein Zehntel der mehr als 7.000 Beschäftigen arbeitet in Deutschland, verteilt auf sechs Standorte. Der Jahresumsatz 2022 lag bei rund 85 Millionen Euro. Ein Großteil davon stammt aus den Geschäftsbereichen Managed Payroll- und HR-Services. Die Lohnbuchhaltung gehört zu den Spezialdisziplinen der Belgier. Über eine Million Lohnabrechnungen führt der Dienstleister im Auftrag seiner Kunden allein in Deutschland monatlich durch.

Die Lohnbuchhaltung auszulagern, liege im Trend, behauptet Barazzoni. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen täten sich schwer, die dafür erforderlichen Kompetenzen aufzubauen und zu sichern. Zum einen gäbe es einen Mangel an Fachkräften für die Entgeltabrechnung, zum anderen sei der fortlaufende Schulungsaufwand groß. Das mache es für die Unternehmen wenig attraktiv, den Prozess selbst umzusetzen. In solchen Fällen kämen Outsourcing-Anbieter wie sein Unternehmen zum Zug, sagt er.

Echtzeit-Payroll soll 2025 kommen

Diese Entwicklung könnte sich künftig noch verstärken, glaubt der Geschäftsführer. Er erwartet, dass auch viele Steuerberater, die momentan noch häufig die Lohnabrechnung für KMUs durchführen, wenig Lust auf diese Tätigkeit hätten – zu aufwendig, zu wenig lukrativ – und das Thema zugunsten anderer Aufgaben zurückfahren. Diese Prognose ist allerdings nicht neu, sie wird seit vielen Jahren diskutiert, ohne, dass sich etwas geändert hat. Dafür sorgt auch die Datev mit ihren Serviceangeboten an die Steuerberater. Eine andere Marktentwicklung ist die weitere Automatisierung. Vor einigen Monaten kündigte Personio beispielsweise an, die Payroll so weit zu automatisieren, dass Unternehmen diese als eine Art Self-Service von HR-Generalisten durchführen können.

Auch SD Worx, das 20 Prozent des Umsatzes in die Produktentwicklung investiert, setzt auf Automatisierung. "Wir entwickeln gerade eine neue Payroll-Engine für Deutschland", sagt Barazzoni. Diese Echtzeit-Payroll soll einen besonders hohen Automatisierungsgrad haben und Anfang 2025 auf den Markt kommen. Der Geschäftsführer verspricht sich davon insbesondere im Markt der KMUs ein signifikantes Wachstum. Hier setzt SD Worx bisher lediglich auf Managed Services, ohne eine eigene Softwarelösung anbieten zu können. Entsprechend bescheiden fiel der Umsatz bislang aus, knapp zwei Millionen im laufenden Geschäftsjahr. Das soll sich nun ändern. Damit dürfte gleichzeitig auch der Wettbewerbsdruck in diesem Marktsegment weiter steigen. Denn sowohl etablierte Softwareanbieter als auch Startups nehmen die kleinen und mittelständischen Unternehmen zunehmend ins Visier.

SaaS-Produkte mit hohem Wachstumspotenzial

Bei SD Worx fährt man bewusst mehrgleisig. Denn neben HR-Service-Dienstleistungen bietet das Unternehmen auch eigene Lösungen wie Workforce Management-, Planungs- oder Zeiterfassungssoftware an. Bei diesen Saas-Produkten sieht Barazzoni ebenfalls Wachstumspotenzial von bis zu 50 Prozent pro Jahr. Dieses sei selbstverständlich in Relation zum Umsatz zu betrachten, der im vergangenen Jahr bei rund einer Million in Deutschland lag. Gut das Zwölffache verdient das Unternehmen bereits mit der Implementierung und Betreuung von Payroll-Lösungen des Branchenprimus SAP.

Angesichts der Vielzahl an Produkten und Dienstleistungen ist es nicht ganz leicht, den Überblick über das Portfolio von SD Worx zu behalten. Ebenso wenig lässt sich klar definieren, wer Wettbewerber und wer Partner ist. Das hänge vom Produkt- und Nutzungsmodell ab, sagt Barazzoni. Problematisch findet er das nicht. Denn viel wichtiger als auf ein Modell zu beharren, sei es, den Kunden dort abzuholen, wo er oder sie Bedarf hätten. Bisher scheint die Strategie der größtmöglichen Flexibilität für den Dienstleister aufzugehen.


Zur Serie: Im "Marktgespräch HR Tech" spricht die Haufe Online Redaktion in regelmäßigen Abständen mit Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen etablierter Softwarehäuser sowie aufstrebender Startups und beleuchtet dabei die Entwicklungen und Trends im Markt für HR-Software.