Kolumne Talent Management: Abwesenheitsmeldungen

Nicht da und trotzdem präsent: Das schaffen Talente, wenn sie die richtige Abwesenheitsmeldung in ihren Mails einstellen. Kolumnist Martin Claßen hat eine augenzwinkernde Typologie dieser Meldungen und ihrer Absender aufgestellt.

Talente setzen ihre entscheidenden Akzente besonders dann, wenn sie vermeintlich gar nicht präsent sind. Dafür wurde von Microsoft die OOO-Funktion geschaffen. Die steht keineswegs für dreifache Nullpräsenz und damit kompletten Absentismus. OOO besagt "out of office" und ist der so genannte "Abwesenheitsassistent" von Outlook.

Ein wahres Talent hat längst verstanden, dass "out of ffice" keineswegs "far from work" bedeuten muss. Mit hypermoderner Technologie auf dem ultramobilen Smartphone ist Abwesenheit längst zur Angelegenheit individueller Interpretation geworden.

Schauen wir uns einmal eine kleine OOO-Typologie an:

Typus 1 versendet automatische Antworten mit einem Inhalt  wie "Bin bis zum 5. Mai abwesend. Bei dringenden Anliegen können Sie Berta Huber erreichen". Dieser Typus 1 macht alles falsch, als Talent sollte man so etwas unbedingt vermeiden. Denn er legt eine völlig falsche Fährte. So jemand braucht gar nicht mehr zurückkommen, denn Berta Huber ist längst in die Fußstapfen getreten.

Nicht besser wirkt Typus 2, von dem man am 8. Mai eine "automatic reply" erhält "Am 3. Mai bin ich wieder zurück". Hallo, sind das etwa fünf Tage bezahlter Sonderurlaub?

Typus 3 demonstriert hingegen seine "always on"-Mentalität: "Bin gerade offline und Ihre Mail wird ausnahmsweise nicht sofort verarbeitet. Sie können mich selbstverständlich mobil kontakten. Sehr wahrscheinlich erreichen Sie mich direkt, falls nicht rufe ich unmittelbar zurück."

Einen deutlich geringeren Einsatzwillen zeigt Typus 4: "Bin derzeit weg. Diese Mail wird nicht gelesen. Sie können mich wenn es unbedingt sein muss auf dem Handy anrufen, das ich ab und an anschalte."

Übertrieben freizeitorientiert und damit als Talent unbrauchbar zeigt sich Typus 5: "Bin im Urlaub. Das ist wunderbar. Habe es mir verdient. Danach gerne wieder. Geben Sie mir aber bitte noch eine Woche zum Aufwärmen." Vermutlich hat so jemand von seiner Oma auch den Spruch gelernt "Eine alte Frau ist kein D-Zug".

Typus 6 entfaltet seine Weltläufigkeit. Im Abwesenheitsassistent steht sein Text in mindestens fünf Sprachen, selbstredend Deutsch und Englisch. Spanisch und Mandarin gelten mittlerweile ebenfalls als Standard. Hinzu kommen wahlweise Portugiesisch (wegen Brasilien), Russisch (wegen Putin) und Französisch (wegen Amélie). Hingegen ist Arabisch zu vermeiden, sonst wird die NSA besonders aufmerksam – nur nebenbei bemerkt: Es geht das Gerücht, dass die gegenwärtig 5 Yottabytes an OOO-Mails gespeichert haben (das wären zehn hoch vierundzwanzig Bytes).

Typus 7 vermerkt jede kleinste Diskonnektivität: "OOO – bin von 9:35 bis voraussichtlich 9:40 im Funkloch und zwar wegen 00. Sehr gerne sofort danach. Bin dann wieder erleichtert."

Viel häufiger als gedacht ist übrigens Typus 8: "Sitze gerade im Meeting. Sollte höflichkeitshalber offline sein. Aber es ist sooo langweilig. Bitte senden Sie mir zur Ablenkung noch weitere Mails."

Ultimative OOO-Einstellung

Die OOO-Response für alle Zwecke und jeden Menschen gibt es nicht, wie man sieht. Wie aber wäre es damit: "Lieber Absender, Sie haben sich bei Ihrer Mail ja richtig etwas gedacht und viel Mühe aufgewendet. Danke! Meine Antwort soll nun nicht überstürzt sein, damit Sie etwas damit anfangen können. Ich melde mich, versprochen, wenn ich so weit bin."

Martin Claßen hat 2010 das Beratungsunternehmen People Consulting gegründet. Talent Management gehört zu einem seiner fünf Fokusbereiche in der HR-Beratung.