Hybridarbeit: Vollzeitbeschäftigte lehnen Präsenzpflicht ab

Nach der Homeoffice-Pflicht während der Coronapandemie scheinen nun viele Unternehmen in Deutschland mit einer Rückkehr zur vollständigen Präsenzpflicht zu liebäugeln. Wie eine aktuelle Studie zeigt, sieht die Mehrheit der Vollzeitarbeitenden in Deutschland das kritisch – und würde sogar in Betracht ziehen, die Arbeitsstelle zu wechseln.

Im Zuge der Diskussion um die Rückkehr zur Präsenzpflicht – in der jüngst auch Trigema-Chef Wolfgang Grupp mit markigen Worten gegen mobil Arbeitende auf sich aufmerksam machte – wird deutlich, dass die Mehrheit der Vollzeitbeschäftigten eine flexible Arbeitsgestaltung bevorzugt. Für die Studie "State of Hybrid Work 2023" befragte Owl Labs in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Vitreous World im Juni und Juli diesen Jahres 2.000 Vollzeitbeschäftigte aus Deutschland. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, derzeit wieder Vollzeit im Büro zu arbeiten (46 Prozent) – doch nur fast jede/r Fünfte (18 Prozent) möchte das tatsächlich. Laut der Studie präferiert die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeit Hybridarbeit (64 Prozent).

Mehrheit fordert ein gesetzliches Recht auf Homeoffice

Aktuell besteht für Beschäftige in Deutschland kein gesetzliches Recht auf ortsunabhängiges Arbeiten. Ein von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil im Jahr 2020 angekündigtes Gesetz ist bislang gescheitert. Laut der eingangs zitierten Studie sehen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hier aber nach wie vor Handlungsbedarf: Sechs von zehn Befragten fordern ein gesetzliches Recht auf Homeoffice.

Frank Weishaupt, CEO bei Owl Labs, plädiert in diesem Zuge für eine progressive Einstellung auf Arbeitgeberseite: "Die Forderung zur vollständigen Rückkehr ins Büro bei Arbeiten, die problemlos von überall erledigt werden können, ist vielleicht legal, aber veraltet. Mitarbeitende sollten dort arbeiten dürfen, wo sie am produktivsten sind."

Homeoffice-Verbot könnte zu Kündigungen führen 

Wie die Studie zudem zeigt, möchten Vollzeitbeschäftigte in Deutschland die gewonnene Flexibilität in Bezug auf ortsunabhängiges Arbeiten nicht ohne Weiteres aufgeben. Ein Drittel der Befragten, die aktuell in einem Hybridmodell arbeiten, würde sich nach einer anderen Arbeitsstelle umschauen, sollte ihr Arbeitgeber ein Homeoffice-Verbot aussprechen. Weitere sieben Prozent gaben sogar an, direkt zu kündigen, sollte ein solches Szenario eintreten.

Die von den Befragten am häufigsten präferierten Formen von Hybridarbeit sind laut der Studie festgelegte Homeoffice-Tage (40 Prozent), gefolgt von einer flexiblen Hybridlösung ohne festgeschriebene Tage (24 Prozent). Den geringsten Zuspruch im Hinblick auf mobile Arbeitsmodelle findet die vollständige Tätigkeit im Homeoffice: Weniger als jede fünfte befragte Person wünscht sich eine solche Regelung (18 Prozent).

Flexibilität steht hoch im Kurs

Für den Wunsch nach mehr Flexibilität sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer laut der Studie sogar bereit, Opfer zu bringen: Vier von zehn Befragten würden für flexible Regelungen bezüglich des Arbeitsortes auf mindestens zehn Prozent ihres Gehalts verzichten. Ähnlich kompromissbereit zeigen sich die befragten Personen bei einer Flexibilisierung der Arbeitszeit (39 Prozent) sowie einer Vier-Tage-Woche mit acht Stunden Arbeit pro Tag (45 Prozent).

Vertrauen in Hybridarbeit noch ausbaufähig

Auch wenn die Erfahrungswerte mit mobiler Arbeit seit der Coronapandemie groß sind, scheinen diesbezüglich noch immer gewisse Vorbehalte zu bestehen – und das nicht nur aufseiten der Unternehmen und Führungskräfte. So befürchten 43 Prozent der Befragten, von ihren Vorgesetzten für weniger fleißig und vertrauenswürdig gehalten zu werden, wenn sie im Gegensatz zu anderen Teammitgliedern nicht im Büro arbeiten. Auch die Sorge, dass das Arbeiten im Homeoffice zu weniger Mitspracherecht und verpassten Chancen führt, treibt viele Beschäftigte um (35 Prozent).

Was das hybride Arbeiten in deutschen Unternehmen betrifft, herrscht zurzeit ein unklares Bild. So stellte jüngst eine Studie der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut fest, dass sich hybrides Arbeiten in deutschen Unternehmen durchaus etabliert hat und bei mehr als 99 Prozent der im März 2023 befragten Unternehmen möglich ist. Allerdings zeigte sich auch, dass die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten längst nicht allen Mitarbeitenden innerhalb der Unternehmen offensteht.


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