Personalarbeit in KMU geht über administrative Prozesse hinaus
Die Personalarbeit kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) geht meist über rein administrative Aufgaben hinaus und umfasst häufig auch professionelles Recruiting, strukturiertes Onboarding und gezielte Mitarbeiterentwicklung. Dennoch verfolgen nur wenige KMU eine Personalstrategie, die sie konsequent umsetzen. Auch bei der Nutzung von KI besteht weiterhin Handlungsbedarf.
Das sind einige der Ergebnisse des "HR-Radar KMU 2025" von Technische Hochschule Köln, Workfive, Personio und Personalmagazin. Die Studie untersucht den aktuellen Stand der Personalarbeit in kleinen und mittleren Unternehmen und zeigt auf, wo Entwicklungspotenzial besteht. Befragt wurden über 600 Geschäftsführende, HR-Professionals und Mitarbeitende mit Personalaufgaben.
KMU: Nur wenige Personalabteilungen beschränken sich aufs Verwalten
Die Studie unterscheidet zwischen drei verschiedenen Entwicklungsstufen der Personalarbeit in KMU: verwaltende, gestaltende und wirkende HR-Funktionen. Zur ersten Gruppe gehören demnach nur 14 Prozent der befragten KMU – diese Unternehmen erfüllen die grundlegendsten HR-Aufgaben und konzentrieren sich auf Administration, Entgelt und Zeiterfassung. Die Studienautorinnen und -autoren sprechen von "Grundversorgern". Strategische und kulturelle Aspekte würden in diesen KMU kaum bearbeitet. HR unterstütze hier mehr, als einen Wandel voranzutreiben.
Das zweite Cluster bilden KMU, die mit ihrer Personalarbeit mehr als nur die grundlegenden HR-Aufgaben abdecken und demnach als "Prozessgestalter" bezeichnet werden. Mit 43 Prozent der befragten Unternehmen sind diese mehr als dreimal so zahlreich wie jene, die sich aufs Verwalten konzentrieren. Recruiting, Onboarding und HR-Kommunikation ist in diesen Unternehmen gut entwickelt, Mitarbeiterentwicklung und Organisationskultur werden zumindest in Ansätzen behandelt. Die größten Entwicklungsfelder sind hier Personalstrategie, Führung und Change-Management.
Ähnlich häufig vertreten sind KMU, deren Personalarbeit sich durch ein hohes Reifegradniveau auszeichnet (ebenfalls 43 Prozent). In diesen Unternehmen erledigt HR nicht nur die notwendigen administrativen Aufgaben, sondern geht auch strategisch vor und entwickelt die Unternehmenskultur weiter. Organisationsentwicklung, Führung und Mitarbeiterorientierung stehen dabei im Vordergrund. Die Studienautoren nennen KMU dieses Clusters "Wertschöpfungspartner".
Größere KMU sind nicht automatisch professioneller
Dass die Professionalität der Personalarbeit von der Unternehmensgröße abhängt, ist eine gängige Annahme. Tatsächlich konnten die Studienautorinnen und -autoren einen hochsignifikanten Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer Personalabteilung und dem Reifegrad feststellen. Wer also über eine HR-Abteilung verfügt, macht in der Regel professionellere Personalarbeit – soweit wenig überraschend.
Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass eine Personalabteilung allein nicht für einen höheren HR-Reifegrad in KMU verantwortlich ist – ebenso wenig wie die Unternehmensgröße. In anderen Worten: Größere KMU sind nicht automatisch professioneller in ihrer Personalarbeit als kleinere. Vielmehr sei entscheidend, ob die Personalarbeit in der Organisation verankert ist und ob sie auch kontinuierlich weiterentwickelt wird.
Künstliche Intelligenz wird in KMU bislang kaum genutzt
Viel Entwicklungspotenzial offenbart die Studie bei der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI). Demnach wird KI bislang nur wenig in der Personalarbeit von KMU eingesetzt – mehr als die Hälfte aller Befragten nutzt KI bislang in keinem der 17 inkludierten HR-Bereiche. Am häufigsten wird KI im Employer Branding eingesetzt (Mittelwert von 2,24 auf einer Skala von 0 bis 5). Auch beim Onboarding und Offboarding (1,87) sowie im Recruiting (1,79) kommt KI vergleichsweise häufig zum Einsatz. Die HR-Bereiche, in denen die Befragten KI am seltensten einsetzen, sind die Entgeltabrechnung (1,38), das Gesundheitsmanagement (1,38) sowie Inklusion und Diversität (1,24). Interessanterweise setzen Kleinst- und Kleinunternehmen (bis 49 Mitarbeitende) KI häufiger ein als dies größere KMU (bis 499 Mitarbeitende) tun.
Verbesserungsbedarf besteht laut der Studie auch bei der HR-Digitalisierung allgemein. So setzen zwar sechs von zehn KMU digitale Tools ein, um den Personaleinsatz effizient zu steuern – etwa bei der automatisierten Einsatzplanung, Urlaubsverwaltung oder der Nutzung mobiler Kommunikationswege. Allerdings gibt jedes vierte befragte Unternehmen an, dass es keine digitalen Tools in HR nutzt oder diese nicht effizient nutzt. Weitere 20 Prozent sehen die effiziente Nutzung digitaler Tools nur teilweise umgesetzt.
Gezielte Mitarbeiterentwicklung in KMU noch Ausnahme
Auch bei der Weiterbildung in KMU besteht Digitalisierungsbedarf. So sind digitale Lernformate, die individuell und zeitflexibel nutzbar sind, in vielen Unternehmen bislang kaum etabliert. Nur 17 Prozent der befragten KMU geben an, dass digitale Lernformate fester Bestandteil ihres Weiterbildungsangebots sind, in weiteren 16 Prozent der Unternehmen ist dies immerhin überwiegend der Fall.
Das könnte auch daran liegen, dass eine gezielte Mitarbeiterentwicklung in vielen KMU ohnehin kaum stattfindet. So kümmern sich laut Studie nur drei von zehn befragten Unternehmen aktiv um die Identifikation, Weiterentwicklung und Bindung von Talenten (neun Prozent "trifft zu" sowie 22 Prozent "trifft eher zu"), wohingegen vier von zehn angeben, dass dies bei ihnen nicht (13 Prozent) oder eher nicht (27 Prozent) der Fall sei.
Ähnlich verhält es sich bei der Führungskräfteentwicklung, die laut Studienautorinnen und -autoren am wenigsten ausgeprägt ist: Nur drei von zehn befragten KMU wenden einen strukturierten Prozess an, um Führungskräfte weiterzuentwickeln. In ähnlich vielen – oder wenigen – KMU existiert demnach ein Führungsleitbild.
KMU häufig ohne Recruiting-Strategie
Im Recruiting setzen viele KMU auf die Basics: Stellenangebote auf der Website sind fast überall zu finden, laut Befragung nutzen drei Viertel digitale Bewerbungsprozesse. Eine klare Recruiting-Strategie, strukturierte Bedarfsanalysen oder datenbasierte Optimierungen werden jedoch nur selten verfolgt. Während das Onboarding in vielen KMU klar strukturiert ist, fehlen beim Offboarding häufig definierte Abläufe. Ein strukturierter Wissenstransfer zwischen ausscheidenden Mitarbeitenden und deren Nachfolgern wird beispielsweise nur in elf Prozent der KMU vollständig umgesetzt, während 22 Prozent der befragten Unternehmen angeben, dies sei teilweise der Fall.
BGM: Handlungsbedarf bei psychischer Gefährdungsbeurteilung
Das Gesundheitsmanagement in KMU wird unterschiedlich umgesetzt. Während neun von zehn KMU ihre Mitarbeitenden nach einer längeren Krankheit zumindest teilweise bei der Wiedereingliederung unterstützen, zeigt sich bei der – eigentlich – verpflichtenden psychischen Gefährdungsbeurteilung großer Handlungsbedarf. So stimmen laut der Studie nur 17 Prozent der Befragten voll zu, dass ihr Unternehmen regelmäßige Gefährdungsbeurteilen durchführt, um gezielte Maßnahmen zu ergreifen – wohingegen 42 Prozent der KMU angeben, dass dies nicht oder eher nicht zutreffe.
Inklusion und Diversity in KMU: Positive Ansätze vorhanden
Bei der Förderung von Inklusion und Diversität zeigen einige KMU laut Studie erste positive Schritte – etwa, indem Mitarbeitende mit besonderen Bedürfnissen integriert werden (31 Prozent stimmen zu, 35 Prozent stimmen eher zu). Auch geschützte Anlaufstellen für Diskriminierungsfälle existieren in einigen Unternehmen (46 Prozent der KMU haben sie vollständig etabliert). Allerdings mangelt es an der systematischen Verankerung von Inklusion und Gleichberechtigung: So setzen nur zwei von zehn KMU klare Leitlinien für Gleichberechtigung und Inklusion konsequent um, wohingegen diese in ähnlich vielen befragten Unternehmen überhaupt nicht zu finden sind.
Praktische Empfehlung für KMU: Schrittweise weiterentwickeln
Um die eigene Personalarbeit voranzubringen, empfehlen die Studienautorinnen und -autoren kleinen und mittleren Unternehmen, sich am aktuellen Reifegrad zu orientieren und HR-Arbeit schrittweise weiterzuentwickeln. Operative Grundlagen wie stabile Prozesse seien unverzichtbar, bevor strategische oder kulturelle Themen angegangen werden könnten. HR müsse organisatorisch sichtbar und strategisch verankert sein – etwa durch eine klar definierte Funktion oder Abteilung. Zudem brauche HR ein gutes Verständnis des Kerngeschäfts und einen regelmäßigen Austausch über Markt und Wettbewerb, um Maßnahmen gezielt auszurichten.
Den gesamten Ergebnisbericht der Studie "HR-Radar KMU 2025" können Sie hier nachlesen.
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