Frontline Worker: So werden sie digital integriert

Der digitale Arbeitsplatz hat sich für Büroangestellte etabliert: Sie haben von überall Zugriff auf ihre Dokumente. Dagegen bleiben die meisten Beschäftigten in Kundenservice, Produktion und Logistik digitale Außenseiter. Doch wie können Arbeitgeber alle Mitarbeitenden einbinden, auch die ohne Schreibtisch?

Zu den Berufstätigen, die im direkten Kundenkontakt arbeiten – die sogenannten Frontline Worker –, zählen Servicetechniker und Pflegepersonal, die Teams in der Fertigung und im Fahrdienst sowie Sicherheits- und Reinigungskräfte, Kassen- und Verkaufspersonal. Da ihre Arbeitsplätze und -prozesse oft nur wenig digitalisiert oder integriert sind, organisieren sie sich viele beispielsweise per Whatsapp-Gruppe, wenn es um den Schichtplan oder andere Absprachen geht. Das ist nicht nur ineffizient und fehleranfällig, sondern birgt auch erhebliche Sicherheits- und Compliance-Risiken.

Auch interne Prozesse gestalten sich für Frontline Worker oft aufwändig und zeitraubend. Urlaubsanträge müssen etwa auf Papier eingereicht werden, weil eine digitale Anbindung und einfache Workflows zur HR-Abteilung fehlen. Viele Frontline Worker vermissen eine produktive Integration und fühlen sich digital abgehängt. Dabei setzen gerade qualifizierte Nachwuchskräfte im Job voraus, was sie aus dem privaten Umfeld kennen: durchgängig digital agieren zu können.

So treibt HR den digitalen Arbeitsplatz für alle voran

Obwohl HR in Sachen Digitalisierung kein Hauptakteur ist, kann die Personalabteilung einen nachhaltigen Beitrag zur produktiven Integration aller Mitarbeitenden und zur Bindung wertvoller Fachkräfte an das Unternehmen leisten. Vorhandene Fachkräfte zu halten, ist schließlich besser, als neue suchen zu müssen.

Es liegt also auch im Interesse von HR, gemeinsam mit IT und den Fachbereichen die Digitalisierung aller Arbeitsplätze voranzutreiben. Dem HR-Bereich kommt dabei die Rolle zu, diesen Prozess intern zu moderieren und dafür zu sorgen, dass nicht nur technisch-betriebswirtschaftliche Faktoren berücksichtigt werden, sondern auch die Bedürfnisse der Beschäftigten. Dazu gehört auch die Abstimmung mit der Personalvertretung.

Frontline Worker Schritt für Schritt digital einbinden

Unterstützt die HR-Abteilung die digitale Transformation der Frontline Worker, kann das Thema auf Entscheider-Ebene behandelt werden. Head of HR, COO, CIO und andere Verantwortliche identifizieren gemeinsam die Ist-Situation und die Stellen, an denen der Informationsfluss und die Arbeitsprozesse unterbrochen sind. Systematisch zu beleuchten sind hier die Bereiche Kommunikation, Information, Zusammenarbeit sowie Organisation und Prozesse.

Im nächsten Schritt können IT, Fachbereiche und HR gemeinsam Lösungsmöglichkeiten erarbeiten. Die Aufgabe des HR-Bereichs liegt insbesondere darin, die Umsetzung zu begleiten und erfolgreich zu gestalten. Dazu sind einige Leitfragen zu beantworten:

  • Welche Potenziale zur Integration der Frontline Worker existieren?
  • Welche Unterstützung und Trainingsangebote brauchen sie für den Start in die digitalen Prozesse?
  • Wie gestalten sich die digitale Zusammenarbeit und beispielsweise ihr Zugang zu Employee-Self-Services?
  • Wie verändern sich die Anforderungen an die Führungskräfte im Frontline-Bereich?
  • Wie muss HR die eigenen Strukturen und Prozesse anpassen, um die digitale Integration wirkungsvoll zu begleiten?

Bei der digitalen Einbindung aller Arbeitsplätze in Bereichen mit sehr unterschiedlichen Anforderungen sind technische, kulturelle, betriebswirtschaftliche und organisatorische Aspekte zu beleuchten. Das ist eine komplexe Aufgabe, für die idealerweise erfahrene Beratungsunternehmen hinzugezogen werden. Sie geben Arbeitgebern nicht nur Handlungsempfehlung zur Ausgestaltung der digitalen Plattformen und Prozesse, sondern unterstützen sie auch methodisch dabei, Führungskräfte und Mitarbeitende zu motivieren und zu befähigen.

HR-Services per App

Ein Weg, über den die HR-Abteilung die digitale Integration der Frontline Worker verbessern kann, ist eine Mitarbeiter-App. So können beispielsweise über Microsoft Teams oder Viva Connections News ausgespielt, die arbeitsbezogene Kommunikation verbessert und Prozesse abgebildet werden. Genau hier sollte sich der HR-Bereich mit einbringen und über diese Mitarbeiter-App digitale HR-Services wie Urlaubsantrag, Krankmeldung, Elternzeitantrag, Namens- oder Adressänderung, Gehaltsnachweise et cetera anbieten. Damit ergibt sich für die Nutzerinnen und Nutzer im Unternehmen gleich ein erkennbarer Mehrwert. Darüber hinaus können sie die HR-Ansprechpartner über die integrierten Chat-Funktionen schnell erreichen.

Praxisbeispiel Pharmabranche: Individualisiertes Onboarding

Von Anfang an im neuen Unternehmen zu Hause und schnell eingearbeitet – dazu leisten digitale Onboarding-Prozesse einen wesentlichen Beitrag. Ein Pharmaunternehmen hat gemeinsam mit Campana & Schott einen Onboarding-Prozess in Microsoft Teams digitalisiert. Aufgaben werden in einer "Master-Liste" je Abteilung spezifisch definiert und einem neuen Mitarbeiterprofil automatisch zugewiesen. Das Ergebnis sind kürzere Einarbeitungszeiten, wesentliche Aufgaben werden priorisiert erledigt und der ganze Prozess kann kontinuierlich verbessert werden. Sollten Aufgaben liegen bleiben, meldet sich das System automatisch bei den Zuständigen und erinnert an das zu Erledigende.

Ergänzt wird dies durch eine digitale Plattform für Mentoren, in der sich Mitarbeitenden als Mentor mit einem oder mehreren vorgegebenen Themen eintragen können. Die Mentees können diese dann direkt im Chat ansprechen.

Digitale Einbindung der Frontline Worker

Zur effizienten und sicheren Integration der Frontline Worker in die digitalen Unternehmensprozesse sind folgende Punkte zu beachten:

  • Device-Strategie: Arbeitgeber müssen entscheiden, mit welchen Geräten die Frontline Worker auf relevante Informationen und Applikationen zugreifen können. Entweder sie stellen eigene Geräte bereit, die durch das Unternehmen abgesichert und verwaltet werden, oder die Mitarbeitenden greifen über ihre privaten Mobilgeräte auf Microsoft Teams und andere Plattformen zu. Das erfordert Richtlinien rund um das Mobile-Device-Management, die "Bring your own Device" auf sichere Weise ermöglichen. Ein Mittelweg ist die Bereitstellung von Shared Devices und Kiosk-Geräten an zentraler Stelle im Unternehmen.
  • Security und Identity: Die meisten Frontline Worker haben im Unternehmen keine eigenen personalisierten Zugänge (User Accounts, technische Identitäten). Bei modernen Arbeitsplatz-Konzepten für Frontline Worker ist es jedoch notwendig, personalisierte Anmeldeinformationen (Business-Identitäten) für alle Mitarbeitenden bereitzustellen.
  • Compliance und Betriebsrat: Szenarien wie die Verwendung persönlicher Geräte für den Zugriff auf Unternehmensdaten oder die Erstellung neuer Identitäten für Frontline Worker erfordern eine Abstimmung mit dem Betriebsrat. Wie zum Beispiel werden Daten und Informationen sicher mit den Personen geteilt?

Die Erfahrungen zeigen: Meist reichen schon einfache Lösungen, die sich schnell umsetzen lassen, um gleichzeitig den Mehrwert für das Unternehmen und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu erhöhen. Durch eine erfolgreiche Digitalisierung der Frontline Worker stärkt der HR-Bereich seine interne Position als Strategiepartner. Gleichzeitig erhöht sich die Bindung der Belegschaft an das Unternehmen, das als attraktiver und integrativer Arbeitgeber gesehen wird.


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