Stets gesucht: ein gehöriger Schuss IT


Ein gehöriger Schuss IT

Produkttechnologen, Embedded-Ingenieure, Cloud-Architekten: Unternehmen suchen vermehrt nach Mitarbeitern mit viel Technologie-Know-how. Doch bei der Kandidatenauswahl zeigen sie oft wenig Gespür für deren andere Kompetenzen und vergessen darüber, fähige interne Mitarbeiter digital weiterzubilden.

Die Digitalisierung unserer Volkswirtschaft ist mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt für Fachkräfte angekommen. Getrieben durch Schlagwörter wie "Industrie 4.0", "Internet der Dinge", "Cloud-Services" oder "Connected Car" suchen Unternehmen derzeit Spezialisten, die es digital richten sollen.

Heiß begehrt: Produkttechnologen, Embedded- Ingenieure, Cloud-Architekten

So verbindet etwa die Produktion 4.0 bisher abgegrenzte Fachbereiche und Technologien miteinander, um eine übergreifende Echtzeitplanung und –steuerung in den Fabriken zu realisieren. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise der Produkttechnologe ein heiß begehrter neuer Kandidat. Er soll  die Wertschöpfung bisheriger Produktionsanlagen verändern. Aber auch der Embedded-Ingenieur, der das Auto mit seiner aktuellen Umgebung vernetzen wird oder der Cloud-Architekt, der das hauseigene Rechenzentrum in einen Cloud-Service per Mietmodell überführen wird, gehören zu den nachgefragten Spitzenreitern.

Die Wunschkandidaten der Zukunft sollen möglichst gut ausgebildet, möglichst jung und möglichst flexibel sein. Für sie rollen Firmen ihren roten Teppich aus. Sie wissen: Von diesen Kompetenzen hängt  die Zukunft ihres Unternehmens ab.

Neben ihrem hohen Marktwert haben sie aber noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie bringen jede Menge IT-Knowhow mit und ihr Aufgabenbereich spielt sich hauptsächlich an technologischen und prozessualen Schnittstellen ab. Denn im Zuge der Digitalisierung erhält technologisches Know-how einen noch höheren Stellenwert – ganz gleich, ob es sich um neue Geschäftsmodelle oder um die Entwicklung einer neuen App handelt.

Laut aktueller Studien wird in jeder sechsten ausgeschriebenen Stelle nach einem Spezialisten mit IT-Wissen gesucht. Ohne dies kommt kein transformationswilliges Unternehmen mehr aus. Die IT wird zum Mittelpunkt der Geschäftsentwicklung und damit gleichermaßen wichtig für Fachkraft und Führung.

Die Suche nach altem Muster geht am Berufsbild vorbei 

Erste Unternehmen, die auf der Digitalisierungswelle schwimmen,  machen sich allerdings oft zu euphorisch auf die Suche nach der raren Spezies. Unseren Beobachtungen zufolge verfügen sie bisher über wenig Gespür bei der Einschätzung realer Kompetenzen der potenziellen Kandidaten.

So suchen klassische Fachbereichsentscheider und Personaler eher noch nach altem Muster einen neuen Data Scientist. Sie bevorzugen Bewerber mit langjähriger Erfahrung und fordern Fähigkeiten ein, die in der Vergangenheit eher dem klassischen  IT-Berater entsprochen haben. Berücksichtigt werden weder neue Geschäftsziele  noch die Tatsache, dass sich das Berufsbild des Data Scientist direkt aus der Praxis heraus entwickelt. Folglich gibt es für sie noch keinen Ausbildungsweg.

Im anderen Extrem schreiben Unternehmen blindlings eine Stelle aus, gespickt mit trendigen Schlagwörtern, um Kandidaten zu ködern. Auch hier geht die Stellenbesetzung häufig schief: Meist werden Bewerber bis maximal Mitte dreißig gesucht, die noch gar keine tiefgehende Erfahrung im Aufbau neuer Geschäftsprozesse haben können.

Überhastete Kompetenzsuche ohne realistische Bedarfsanalyse 

Beide Fälle verdeutlichen: Unternehmen erstellen meist keine realistische Bedarfsanalyse über die Kompetenzen, die sie suchen. Ein mögliches Indiz dafür, welch überhastete Personalsuche die technologischen Treiber aktuell auslösen. Wobei es hauptsächlich große Unternehmen sind, die auf diese Art und Weise um die fähigsten Köpfe buhlen und sich damit gegenseitig das Leben schwer machen.

Dabei könnten sie es einfacher haben. Gerade die HR-Verantwortlichen sollten mit der externen Suche nach diesen IT-Stars nicht das eigene Potenzial im Unternehmen aus dem Auge verlieren. Leider werden im Zuge einer eher klassischen Rekrutierung die fähigen internen Mitarbeiter nicht aktiv ins Boot geholt, geschweige denn ihre bisherigen Positionen und Kompetenzen "digital aufgeladen". Obwohl es meist genau sie sind, die sich aufgrund ihrer Erfahrungen schnell in neue Themengebiete hineinarbeiten.

Oft haben die bereits vorhandenen Mitarbeiter die benötigten Kompetenzen und Erfahrungen - sie müssen nur noch "digital aufgeladen" werden.

Gerade sie sollten aktiv unterstützt werden, um ihr Know-how über die Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen digital anzureichern. Denn die digitale Entwicklung macht interdisziplinäre Kompetenzen notwendig. Daher muss ein Vertriebsmitarbeiter sich künftig mit der Analyse des Kundenverhaltens an der digitalen Schnittstelle auskennen. Und ein Datenspezialist muss wissen, wie er Daten aufbereiten muss, damit sie im geschäftlichen Kontext genutzt werden können.

Wichtig ist also, vor dem Stellengesuch zu analysieren, um welche Aufgabenbereiche es gehen wird, und ob dafür passende Fähigkeiten schon intern vorhanden sind.

Schlagworte zum Thema:  Digitalisierung, Wissensmanagement, IT, New Work