Brennpunkt Homeoffice: Konflikte auf Distanz managen

Wie überall in der Arbeitswelt sind auch im Homeoffice Auseinandersetzungen an der Tagesordnung. Doch beim Konfliktmanagement auf Distanz sollten Führungskräfte ein paar Besonderheiten virtueller Kommunikation beachten.

Von heute auf morgen ins Homeoffice – für viele Beschäftigte kam die derzeitige Situation überraschend. Oftmals sind die Arbeitsbedingungen nicht ideal: Bisweilen fehlt eine passende technische Ausstattung und viele Arbeitnehmer müssen sich gleichzeitig um die Kinderbetreuung kümmern. Die Auswirkungen sozialer Distanz auf die Gefühlslage von Mitarbeitern kommt hinzu. Eine konstruktive Konfliktbewältigung ist deshalb umso wichtiger.

Konflikten vorbeugen

Konflikte können Unternehmen auch im virtuellen Raum nie ganz verhindern. Diese Rahmenbedingungen helfen aber dabei, diese auf ein Minimum zu reduzieren:

Neuer Orientierungsrahmen: Viele Konflikte entstehen, wenn Erwartungshaltungen nicht erfüllt werden und sich auf anderen Wegen ausdrücken. Deshalb sollten Führungskräfte im neuen Setting "Homeoffice" zunächst ihre Rolle überdenken, ihre Erwartungen klar definieren und kommunizieren. Sowohl mit Blick auf die zeitliche Abgrenzung von Arbeitstätigkeit und Privatleben, als auch in Bezug auf die Abgrenzung privater und dienstlicher Arbeitsmittel braucht es Klarheit.

Regeln für den Informationsaustausch: Wichtig ist dabei auch, Informationen bereitzustellen, ohne sich im Detail zu verlieren. Für welche Art von Informationsaustausch sollen Mitarbeiter welche Kanäle nutzen? Wann ist symmetrische Kommunikation gefragt, bei der sich alle auf Augenhöhe bewegen (z. B. im Telefonat, Video-Call, Chat), und wann taugt asymmetrische Kommunikation (z. B. per E-Mail, Intranet, Newsletter)? Insbesondere für Meetings ist eine feste Struktur wichtig, etwa indem Teilnehmer Punkte für die Agenda einreichen, eine Person moderiert, Teilnehmer nicht gleichzeitig sprechen oder Mikrofone nur bei Sprechparts aktivieren, um Störgeräusche zu vermeiden.  

Austauschformate ändern: Jeder kommuniziert anders und hat insbesondere in der Krisensituation andere Voraussetzung für die Arbeit im Homeoffice. Eins-zu-eins-Gespräche können helfen herauszufinden, wie Mitarbeiter mit der neuen Situation umgehen und ob sie Unterstützung brauchen. Um den Wegfall sozialer Zusammenkünfte zu kompensieren, können kurze tägliche statt wöchentliche Teammeetings ein Ansatz sein.

Emotionen Raum geben statt Konflikte unterbinden

Gutes Streiten kann den Zusammenhalt stärken. Meinungsverschiedenheiten zu unterbinden und Emotionen zu unterdrücken, führt hingegen oft nur dazu, dass Konflikte unter der Oberfläche brodeln. Hinzu kommt: Viele Beschäftigten erleben gerade persönliche Ängste – bezüglich der eigenen Gesundheit oder der ihrer Familie, bezüglich Kurzarbeit oder Arbeitsplatzverlust. Diesen Gefühlslagen gilt es Raum zu geben, diesen jedoch auch zeitlich zu begrenzen und gegebenenfalls zu kanalisieren – beispielweise mit einem persönlichen Check-in oder Check-out am Anfang und Ende von Meetings oder mit einem eigenen Chat-Kanal für private Anliegen der Team-Mitglieder.

Echte Konflikte rechtzeitig erkennen

Bei aller Rücksicht auf momentane Befindlichkeiten lassen sich damit nicht alle Auseinandersetzungen erklären. Verbale Aggressionen oder unkontrollierte Gefühlsausbrüche sind fehl am Platz. Führungskräfte sollten in dem Fall herausfinden, worin ein Streit gründet. Neben üblichen Ursachen für Konflikte sind im virtuellen Raum Kommunikations- und Wahrnehmungsfehler, mangelhafte Informationen, nicht gelebte Regeln oder Überforderung häufige Konfliktherde.

Digitale Kommunikation lässt mehr Raum für Missverständnisse. Wenn wir Menschen nicht sehen und Mimik und Gestik in unsere Interpretation mit einbeziehen können, ist die Gefahr größer, Dinge falsch zu verstehen. Oft handelt es sich bei vermeintlichen Konflikten lediglich um ungeschickte Kommunikation. Es gilt, nachzufragen, um Missverständnisse von waschechten Konflikten zu unterscheiden.

Konfliktmanagement: Handlungsbedarf abwägen

Nicht immer müssen Führungskräfte Konflikte selbst lösen. Mit einigen zentralen Fragen können sie herausfinden, ob es Sinn macht, sich einzumischen oder Streithähne den Konflikt unter sich bereinigen zu lassen. Fragen wie zum Beispiel: Bin ich als Führungskraft selbst in den Konflikt involviert? Findet die Diskussion noch auf sachlicher Ebene und auf Augenhöhe statt? Wird der Betriebsablauf gestört? Nicht alle Konflikte können sachorientiert gelöst werden, weil möglicherweise persönliche Dinge dahinterstecken. Führungskräfte sollten dann auch abwägen, ob sie Hilfe von außen hinzuholen – von HR oder von Mediationsprofis.

Virtuelle Konfliktgespräche führen

Führt an einem Konfliktgespräch mit einem Mitarbeiter kein Weg vorbei, gelten ähnliche Regeln wie bei der Zusammenarbeit vor Ort. Um wichtige Kommunikationssignale der Beschäftigten nicht zu verpassen, bietet sich ein Video-Gespräch an. Entscheidend ist dabei, Ursachen und Emotionen auf den Grund zu gehen und Konflikte besprechbar zu machen.