Zusammenfassung

 
Überblick

Lassen sich Motivation und Arbeitsleistung durch monetäre Anreize gezielt stimulieren? Dieser Frage sind in den vergangenen Jahrzehnten unzählige Experten, Wissenschaftler und Fachpraktiker nachgegangen. Ein ganzer Beratungszweig hat sich in dieser Zeit etabliert. Ihr Ziel: Individuelle Anreizsysteme für Mitarbeiter und Führungskräfte zu entwickeln, die das Verhalten auf die jeweiligen Unternehmensziele ausrichten und die Arbeitsleitung maximieren.

Diese Anreizsysteme sind in der Regel auf Effizienz getrimmt und unterliegen einer stetigen Anpassung. Zu welchen überraschenden Schlussfolgerungen diese kontinuierliche Optimierung jedoch führen kann, darüber berichtete Sven O. Rimmelspacher, Geschäftsführer der Pickert & Partner GmbH, in seinem Beitrag für die Blogparade #NewPay.

12 Jahre lang optimierte Rimmelspacher das Vergütungs- und Prämienmodell des Unternehmens, um schlussendlich zu folgender Erkenntnis zu kommen: "Ziel- und Bonussysteme sind immer gut gemeint, sie können aber niemals funktionieren … Wenn wir in einer sich rasant ändernden Welt leben, Komplexität unseren Alltag bestimmt und Zusammenarbeit zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden ist, dann sind individuelle Zielvereinbarungen geradezu paradox, denn sie schaffen falsche Anreize. Sie sagen dem Mitarbeiter nichts anderes als: Erfülle Deine Ziele! Wohingegen sie eigentlich sagen sollten: Tue alles dafür, dass wir erfolgreich sind."[1]

Viele Prozesse, Strukturen und Regelungen heutiger Organisationen passen noch nicht zu den dynamischen Entwicklungen des digitalen Zeitalters. Sie sind vielmehr weiterhin bestimmt durch die Denkschule des Industriezeitalters, die durch das Scientific Management von Frederick Winslow Taylor wie auch durch Henry Ford und sein Produktionssystems geprägt wurden. Auch viele Vergütungssysteme folgen immer noch diesen Paradigmen.

[1] Rimmelspacher, S. O. (2017), Wie ich vor 12 Jahren unsere Prämiensysteme einführte diese kontinuierlich verbesserte und uns am Ende davon befreit habe, online verfügbar unter: http://agil-durchstarten.de/wie-ich-vor-12-jahre-unsere-praemiensysteme-einfuehrte-diese-kontinuierlich-verbesserte-und-uns-am-ende-davon-befreit-habe/, letzter Zugriff 15.3.2019.

1 Die Wissenschaft als Richtschnur

Das Scientific Management und seine Methoden hatten im 20. Jahrhundert die Produktivität mächtig angekurbelt. Durch die Zerlegung des Produktionsprozesses in einzelne Arbeitsschritte und die genaue Analyse jedes einzelnen Schrittes, war es möglich, die Produktion immer stärker zu optimieren. Das Resultat dieser Optimierung waren sinkende Stück- und Herstellkosten und damit die Möglichkeit, die Gewinne der Unternehmen zu steigern. Und noch heute beobachten wir in regelmäßigen Abständen, dass Unternehmen in Krisen zunächst Kostensenkungsprogramme aufsetzen. Diese werden in der Regel von den Gesellschaftern und Aktionären mit steigenden Kursen belohnt, da sie höhere Gewinne in der Zukunft antizipieren.

Doch steigende Gewinne waren keineswegs Taylors Ausgangsmotivation bei der Entwicklung des Scientific Managements. Im Fokus stand vielmehr eine funktionierende und gewinnbringende Kooperation zwischen Management und Arbeitern. "Statt einander zu bekämpfen, sollen sich Mitarbeiter und Manager ihrer gemeinsamen Interessen bewusstwerden und sich gemeinsam um das höchstmögliche Wohlergehen beider Seiten und damit des Unternehmens und der Gesellschaft bemühen. Beide Seiten sollen dazu auf die neue Wissenschaft des Scientific Management vertrauen, welche die Erfordernisse und Bedingungen einer Arbeitstätigkeit unparteiisch und unbezweifelbar festlegt."[1] Die Wissenschaft bzw. das wissenschaftliche Vorgehen diente dabei als überparteilicher Blick auf die gemeinsame Leistungserbringung, "um dadurch soziale Probleme zu lösen sowie Wohlstand für alle zu erreichen".[2]

Vor diesem Hintergrund erschien es auch nur logisch und rational, Beschäftigte nach ihrer Leistung zu entlohnen. Und die von Taylor und später auch von anderen durchgeführten Zeitstudien lieferten eine vermeintlich valide Basis zum Leistungsvergleich der Mitarbeiter. Wer mehr beziehungsweise schneller produziert und damit einen höheren Beitrag zum Gesamterfolg liefert, soll auch besser vergütet werden. Und so bildete neben dem Grundgehalt der Differentiallohn oder auch Akkordlohn für viele Arbeiterinnen und Arbeiter jahrzehntelang die zweite Säule ihres Entgeltmodells. Diese Art der Vergütung setzte damit den Rahmen für die Leistungserbringung, der klar aufzeigt, was honoriert und vergütet wird – und was eben auch nicht.

[1] Wikipedia (2018), Scientific Management, online verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Scientific_Management, letzter Zugriff 1.3.2019.
[2] Ebd.

2 Vom Preis des Individuallohns

Doch der individuelle Lohn, wie in diesem Fall der Akkordlohn, hat neben steigenden Stückzahlen und sinkenden Stückkosten auch eine Kehrseite. Da er individuelle Anreize setzt, fahren Mitarbeiter kooperatives Verhalten zurück. Kollegen zu unterstützen oder zu der Lösung eines Problems beizutragen, honoriert ein Ver...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge