Wie verschiedene Formen der Motivation auf Arbeitsleistung und Zufriedenheit wirken
Wähle einen Beruf, den du liebst, und du wirst nie wieder arbeiten müssen – das hat schon Konfuzius gesagt. Oder Harvey Mackay. Oder doch Michael Scott? Das Internet ist sich da nicht sicher. Einig sind sich aber HR-Forschung und Praxis, dass die Motivation von Mitarbeitern den Erfolg einer Organisation beeinflusst und somit eine wichtige Zielgröße guter HR-Arbeit ist. Im Arbeitskontext beschreibt Motivation die Form, Richtung, Intensität und Dauer, mit der arbeitsbezogene Verhaltensweisen initiiert und verfolgt werden (Pinder, 2014). Sehr gängig ist eine Unterscheidung zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation: Wenn die Handlung selbst interessant ist und Spaß bereitet, ist man intrinsisch motiviert. Sind dagegen vor allem die Ergebnisse einer Handlung von Bedeutung, so spricht man von extrinsischer Motivation. Klassisches Beispiel für extrinsische Motivation in Organisationen ist eine Prämie oder eine andere Art der Belohnung, die Mitarbeitern versprochen wird, wenn sie bestimmte Aufgaben erfüllen oder Ziele erreichen. Aber auch der Besuch einer Fridays-for-Future-Demo ist extrinsisch motiviert, denn nicht der Besuch der Demo ist unbedingt interessant oder macht Spaß, vielmehr wird die Handlung ausgewählt, weil die damit verfolgten Ziele erstrebenswert scheinen.
Diese zwei sehr unterschiedlichen Beispiele zeigen, dass die Dichotomie von intrinsischer und extrinsischer Motivation zu kurz greift, da gerade bei extrinsischer Motivation verschiedene Formen vorliegen. Die Situation wird sogar noch komplizierter, wenn der Besuch einer Demo z. B. deshalb erfolgt, weil dies von Freunden erwartet wird. Die Selbstbestimmungstheorie (engl. Self-Determination Theory) bleibt nicht bei der einfachen Unterscheidung "extrinsisch-intrinsisch" stehen. Für die Selbstbestimmungstheorie ist vielmehr die Unterscheidung verschiedener Formen extrinsischer Motivation ein zentraler Baustein, und es werden je nach Form der Motivation unterschiedliche Ergebnisse vermutet. Bspw. könnte der Besuch der Demo zu mehr Zufriedenheit führen als eine Prämie für die Zielerreichung.
Wir möchten in diesem Beitrag zunächst auf die verschiedenen Formen der Motivation eingehen, bevor wir über Ergebnisse einer Metaanalyse von Van den Broeck und Kollegen (2021) berichten, welche empirische Zusammenhänge zwischen Formen der Motivation und verschiedenen Ergebnisgrößen wie Arbeitsleistung und Zufriedenheit untersucht. Die Ergebnisse unterstützen eine zentrale Annahme der Selbstbestimmungstheorie, da die verschiedenen Formen der Motivation stark unterschiedlich auf die verschiedenen Ergebnisgrößen wirken, woraus sich wichtige Implikationen für die Personalarbeit ergeben. In einigen Quellen wird die Selbstbestimmungstheorie als Metatheorie beschrieben, da sie aus insgesamt sechs Subtheorien besteht. Für uns wichtig sind hier allerdings lediglich die verschiedenen Formen der extrinsischen Motivation und deren Auswirkungen, entsprechend stellen wir nicht die gesamte Theorie vor (vgl. Gagné/Deci, 2005, oder Ryan/Deci, 2000, für einen Gesamtüberblick über die Selbstbestimmungstheorie).
Verschiedene Formen der Motivation zwischen Fremdbestimmung und Autonomie
In der Selbstbestimmungstheorie werden innerhalb der extrinsischen Motivation vier qualitativ unterschiedliche Typen unterschieden (vgl. Abb. 1). Zusammen bilden sie ein Kontinuum ab, das von fremdbestimmt bis autonom verläuft. Eine Handlung wird als fremdbestimmt wahrgenommen, wenn eine Handlung vor allem aufgrund äußerer Einflüsse wie zum Beispiel Belohnungen oder Bestrafungen aufgenommen wird, sie also stark von außen kontrolliert wird. Autonom ist eine Handlung dagegen, wenn ein Individuum wahrnimmt, die Handlung freiwillig und aus eigenem Antrieb aufgenommen zu haben. Im Folgenden beschreiben wir dieses Kontinuum zwischen fremdbestimmt und autonom anhand der vier Formen extrinsischer Motivation, da diese Formen die Grundlage für die empirischen Ergebnisse im anschließenden Abschnitt sind.
Die externe Regulierung (external regulation) ist die am stärksten fremdbestimmte Form der Motivation, da eine Handlung nur (nicht) ausgewählt wird, weil andere hierfür Belohnungen und Bestrafungen festgelegt haben. Bspw. könnten Mitarbeiter sich nur für ein zusätzliches Projekt interessieren, weil daran Bonuszahlungen oder Beförderungsmöglichkeiten geknüpft sind. Diese Form der Motivation entspricht am ehesten dem gängigen Verständnis von extrinsischer Motivation, die sich über das vielzitierte Konzept von Zuckerbrot und Peitsche skizzieren lässt.
Die zweite Form im Kontinuum der extrinsischen Motivation ist die introjizierte Regulierung (introjected regulation), bei der sich Individuen für Handlungen entscheiden, weil sie zu positiven Gefühlen oder einer Stärkung des Selbstwerts führen. Ein Mitarbeiter im Unternehmen könnte sich bspw. in einem Projekt engagieren, weil dadurch die eigene Reputation gestärkt wird, selbst wenn das Projektziel keine persönliche Bedeutung für den Mitarbeiter hat. Ähnlich wie auch bei der externen Regulierung fühlt man sich noch überwiegend fremdbestimmt, hier allerdings stärker getrieben durch innere Bedürfnisse.
Drittens wird bei der identifizierten Regulierung (identified regulation) eine Handlung ausgewählt, weil die Ergebnisse als persönlich bedeutsam und sinnvoll gesehen werden. Bspw. könnte sich eine Mitarbeiterin in einem Projekt zur Entwicklung der HR-Strategie des Unternehmens vor allem deswegen engagieren, weil sie es als wichtiges und zukunftsweisendes Projekt sieht. Auf dem Spektrum zwischen fremdbestimmt und autonom erreichen wir nun bereits einen Bereich, der als eher autonome Motivation bezeichnet wird, das Individuum also weniger stark äußere Zwänge als Handlungsgrund wahrnimmt.
In der Selbstbestimmungstheorie wird die integrierte Regulierung (integrated regulation) als vierte und der intrinsischen Motivation ähnlichste Form beschrieben. Hier werden Gründe für eine Handlung nicht nur als bedeutsam angesehen, sondern spiegeln darüber hinaus das Wertesystem des Individuums wider. Eine Initiative zu Sustainability könnte für einige Mitarbeiter in der Organisation auch ohne weitere Belohnungen durch die Organisation interessant sein, weil sie selbst sehr ähnliche Wertvorstellungen haben. Diese Form der Motivation ist aber immer noch extrinsisch, weil nicht die Tätigkeit selbst Spaß macht, sondern die Handlung als Instrument zur Zielerreichung dient.
Ganz rechts auf dem Kontinuum von Fremdbestimmung und Autonomie in Abbildung 1 ist die intrinsische Motivation dargestellt. Diese Form der Motivation ist vorherrschend, wenn eine Handlung vor allem deshalb gewählt wird, weil sie Spaß macht und man Interesse an der Tätigkeit selbst hat. Eine Fremdbestimmung wird nicht wahrgenommen. Ganz links wird die Amotivation dargestellt, also der Zustand fehlender Motivation. Diese vervollständigt das Bild verschiedener Formen der Motivation, welches wir im nächsten Abschnitt aufgreifen und anhand empirischer Befunde näher beschreiben.
Empirische Zusammenhänge zwischen Formen der Motivation und verschiedenen Ergebnisgrößen
In einer Metaanalyse haben Van den Broeck et al. (2021) insgesamt 124 Stichproben ausgewertet, in denen verschiedene Formen der Motivation mit Ergebnisgrößen wie Arbeitsleistung und Zufriedenheit in Beziehung gesetzt wurden. Motivation wurde in diesen Studien über Fragebögen erfasst, bspw. mit der Multidimensional Work Motivation Scale. Die verschiedenen Formen der extrinsischen Motivation mögen etwas sperrig wirken und sind in Teilen schwer voneinander abgrenzbar, da sie auf einem Kontinuum liegen. Entsprechend sind die Skalen zur Messung der einzelnen Motivationsformen oft hoch korreliert, was eine Auswertung einzelner Effekte erschwert. Auch liefert die Fülle möglicher Folgen (zum Beispiel Arbeitsleistung, Absentismus oder Zufriedenheit) in Zusammenhang mit den verschiedenen Formen der Motivation eine sehr große Anzahl einzelner Koeffizienten. Entsprechend versuchen wir, bei der Beschreibung der Ergebnisse zentrale Muster herauszuarbeiten und nicht zu kleinteilig auf einzelne Befunde einzugehen.
Van den Broeck et al. (2021) gelingt eine sehr schöne Zusammenfassung der Studienergebnisse in einer Abbildung, die wir hier ganz ähnlich wiedergeben (vgl. Abb. 2). Gezeigt wird der durchschnittliche Zusammenhang zwischen den Formen der Motivation und erwünschten Folgen wie zum Beispiel Arbeitsleistung und Zufriedenheit sowie unerwünschten Folgen wie zum Beispiel Absentismus oder Burn-out. Bspw. liegt die durchschnittliche Korrelation zwischen der externen Regulierung und erwünschten Folgen bei ρ = 0,05 sowie ρ = 0,08 bei unerwünschten Folgen. Insgesamt zeigt sich ganz im Sinne der Selbstbestimmungstheorie, dass autonomere Formen der Motivation (identifizierte und integrierte Regulierung) stärker mit erwünschten und schwächer mit unerwünschten Folgen zusammenhängen als stärker fremdbestimmte Formen der Motivation (externe und introjizierte Regulierung). Am stärksten positiv wirkt die intrinsische Motivation. In Abbildung 2 wird dies durch den Anstieg (Abfall) der Korrelationskoeffizienten von links nach rechts für erwünschte (unerwünschte) Folgen deutlich. Bemerkenswert sind die eher schwachen Zusammenhänge zwischen externer Regulierung und den verschiedenen Ergebnisgrößen, da gerade die leistungsabhängige Vergütung in Organisationen zur Leistungssteigerung eingesetzt wird. Wirksamer sind dagegen autonomere Formen der extrinsischen Motivation.
Aus diesen Ergebnissen lässt sich ableiten, dass Mitarbeiter ihre Aufgaben als bedeutsam und wichtig wahrnehmen sollten. Hier können Organisationen einen Beitrag leisten, indem sie bspw. die Ergebnisse der individuellen Handlungen transparent machen. Wir haben in anderen State-of-the-Art-Beiträgen bereits über die insgesamt positive Wirkung von finanziellen Anreizen auf Motivation und Leistung der Mitarbeiter berichtet (Atabaki/Biemann, 2016; Biemann/Sliwka/Weckmüller, 2011). Fügt man die hier berichteten Befunde hinzu, so scheinen finanzielle Anreize insgesamt zwar zu wirken, aber vor allem dann, wenn sie nicht nur über eine externe Regulation wirken, sondern ebenfalls autonomere Formen der Motivation beeinflussen. Dies könnte bspw. dann der Fall sein, wenn Mitarbeiter finanzielle Anreize in der Organisation auch als Signal sehen, dass die incentivierten Tätigkeiten für die Organisation wichtig sind und entsprechend auch die introjizierte oder identifizierte Regulation positiv beeinflusst sein kann.
In zusätzlichen Moderationsanalysen gehen Van den Broeck et al. (2021) auf mögliche Unterschiede zwischen Mitarbeitergruppen und Kulturen ein. Bei einem Vergleich von Arbeitern (blue collar) und Angestellten (white collar) stellen die Autoren etwas stärkere Zusammenhänge zwischen Formen der Motivation und erwünschten Folgen für die Gruppe der Arbeiter fest. Motivation scheint also bei dieser Mitarbeitergruppe etwas stärker die Arbeitsergebnisse zu beeinflussen als bei Angestellten. Bei einem Vergleich von westlichen und östlichen Kulturen ergeben sich wenige signifikante Unterschiede, die kein klares Muster erkennen lassen.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
- Es bestehen qualitative Unterschiede bei verschiedenen Formen extrinsischer Motivation, die anhand der Selbstbestimmungstheorie zwischen fremdbestimmt und autonom eingeteilt werden können.
- Gerade autonome Formen der Motivation, die ohne direkte Belohnungen und Bestrafungen wirken, zeigen empirisch starke Zusammenhänge zu gewünschten Ergebnisgrößen wie Arbeitsleistung und Zufriedenheit.
- Organisationen können autonomere Formen der Motivation stärken, wenn Mitarbeiter ihre Arbeitsaufgaben als bedeutsam und wichtig wahrnehmen.
- Intrinsische Motivation, gekennzeichnet durch Freude an der Tätigkeit selbst, zeigt ebenfalls starke Zusammenhänge zu gewünschten Ergebnisgrößen.
Dieser Beitrag ist erschienen im Wissenschaftsjournal PERSONALquarterly 4/2022. Die Ausgabe hat das Schwerpunktthema "Erfolgreiches People Management in KMU und Start-ups".
Literaturverzeichnis:
Atabaki, A./Biemann, T. (2016): Motivation und Mitarbeiterleistung. PERSONALquarterly, 2/2016, 46-49.
Biemann, T./Sliwka, D./Weckmüller, H. (2011): Finanzielle Anreize und Produktivität. PERSONALquarterly, 10/2011, 46-49.
Gagné, M./Deci, E. L. (2005): Self‐determination theory and work motivation. Journal of Organizational Behavior, 26(4), 331-362.
Pinder, C. C. (2014): Work motivation in organizational behavior. Psychology Press.
Ryan, R. M./Deci, E. L. (2000): Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. American Psychologist, 55(1), 68.
Van den Broeck, A./Howard, J. L./Van Vaerenbergh, Y./Leroy, H./Gagné, M. (2021): Beyond intrinsic and extrinsic motivation: A meta-analysis on self-determination theory’s multidimensional conceptualization of work motivation. Organizational Psychology Review, 11(3), 240-273.
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